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Anja Rosen – Ein Ressourcenpass für jedes Gebäude
Anja Rosen ist Honorarprofessorin für zirkuläres Bauen an der Bergischen Universität Wuppertal. Im Rahmen ihrer Promotion erarbeitete sie den Urban Mining Index, ein Tool zur Bewertbarkeit von kreislauffähigem Bauen. In der Stadt Korbach in Nordhessen begleitete sie als Expertin ein Modellprojekt: Beim Rathausneubau nutzte man den Bestand als „urbane Mine“ und versuchte so, den Kreislauf zu schließen. Warum wir in Zukunft zirkulär bauen müssen und warum der Staat hier regulierend eingreifen soll, erzählt sie Anne Isopp.
14. Februar 2023 - Anne Isopp
„Ich beschäftigte mich schon während meines Studiums mit ökologischem Bauen. Heute bin ich als Architektin beratend tätig für nachhaltiges Bauen, ein Großteil meiner Arbeit sind dabei Zertifizierungen. Dieses Jahr habe ich mich selbstständig gemacht mit der C5 GmbH, einem Fachplanungsbüro für nachhaltiges Bauen mit dem Schwerpunkt Zirkularität.
Noch spielt die Zirkularität in der Baupraxis kaum eine Rolle. Wir bauen immer noch mit Verbundstoffen, die nicht recyclingfähig sind, und legen kaum Wert auf die Demontierbarkeit der Konstruktion. Keiner denkt fünfzig oder hundert Jahre weiter. Doch bald werden uns die Rohstoffe ausgehen. Deshalb brauchen wir schon jetzt eine entsprechende Regulierung durch den Staat, die verhindert, dass weiterhin so viele Primärrohstoffe eingesetzt werden. Das könnte zum Beispiel eine Primärbaustoffsteuer sein. Mein Favorit ist aber die Verpflichtung, mit dem Bauantrag genaue Angaben zu machen, was im Gebäude verbaut ist.
Der Ressourcenpass für Gebäude soll in Deutschland ja im Laufe dieser Legislaturperiode eingeführt werden. Das hat sich die neue Ampelkoalition in den Koalitionsvertrag geschrieben. Man muss dann noch bewerten, was eingebaut wurde. Was bedeutet es, wenn ich so und so viele Kubikmeter Beton, Metall, Holz oder Kunststoff verbaue? Diese Bewertung kann man dann mit einer Sanktion verknüpfen. Man muss sich das Gebäude wie eine Pfandflasche vorstellen – ein Begriff von meiner Doktormutter Prof. Annette Hillebrandt. Man zahlt mit der Baugenehmigung ein Pfand ein. Die Höhe des Pfandes richtet sich danach, ob man ein Wertstofflager oder ein Abfalldepot dort errichtet. Man könnte es auch einfacher, ohne Geld deponieren zu müssen, über eine Eintragung ins Grundbuch machen.
Im Zuge meiner Doktorarbeit habe ich den Urban Mining Index entwickelt, ein Bewertungsinstrument, mit dem man die Zirkularität von Gebäuden über den gesamten Lebenszyklus messen und bewerten kann. Und da spielt eben nicht nur die Recyclingfähigkeit der Materialien eine Rolle, sondern auch die Demontabilität und der Rückbauaufwand.
In einem Modellprojekt, dem Rathaus Korbach, haben wir nun erstmals versucht, den Kreislauf zu schließen. Wir haben den Bestand vor Ort genutzt und die mineralischen Abbruchmaterialien stofflich recycelt. Es war das erste Mal, dass wir das tatsächlich bei einem Gebäude so gemacht haben: Bestehendes abgebrochen, ortsnah recycelt und direkt wieder für den Neubau eingesetzt. Das ist einmalig für Deutschland. Aber man muss auch sagen: Durch die Weiternutzung des Bestandes hat man die größten Chancen, Ressourcen zu sparen.“
Anja Rosen ist Honorarprofessorin für zirkuläres Bauen an der Bergischen Universität Wuppertal und gründete vor kurzem mit Frauke Kaven ein eigenes Büro, die C5 GmbH in Münster. Sie ist eine der Hauptautorinnen des Atlas Recycling, erschienen im Detail Verlag.
Am Rathaus in Korbach war sie maßgeblich beteiligt. Dieser Anbau an das historische Rathaus ist für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis Architektur 2023 nominiert.
Noch spielt die Zirkularität in der Baupraxis kaum eine Rolle. Wir bauen immer noch mit Verbundstoffen, die nicht recyclingfähig sind, und legen kaum Wert auf die Demontierbarkeit der Konstruktion. Keiner denkt fünfzig oder hundert Jahre weiter. Doch bald werden uns die Rohstoffe ausgehen. Deshalb brauchen wir schon jetzt eine entsprechende Regulierung durch den Staat, die verhindert, dass weiterhin so viele Primärrohstoffe eingesetzt werden. Das könnte zum Beispiel eine Primärbaustoffsteuer sein. Mein Favorit ist aber die Verpflichtung, mit dem Bauantrag genaue Angaben zu machen, was im Gebäude verbaut ist.
Der Ressourcenpass für Gebäude soll in Deutschland ja im Laufe dieser Legislaturperiode eingeführt werden. Das hat sich die neue Ampelkoalition in den Koalitionsvertrag geschrieben. Man muss dann noch bewerten, was eingebaut wurde. Was bedeutet es, wenn ich so und so viele Kubikmeter Beton, Metall, Holz oder Kunststoff verbaue? Diese Bewertung kann man dann mit einer Sanktion verknüpfen. Man muss sich das Gebäude wie eine Pfandflasche vorstellen – ein Begriff von meiner Doktormutter Prof. Annette Hillebrandt. Man zahlt mit der Baugenehmigung ein Pfand ein. Die Höhe des Pfandes richtet sich danach, ob man ein Wertstofflager oder ein Abfalldepot dort errichtet. Man könnte es auch einfacher, ohne Geld deponieren zu müssen, über eine Eintragung ins Grundbuch machen.
Im Zuge meiner Doktorarbeit habe ich den Urban Mining Index entwickelt, ein Bewertungsinstrument, mit dem man die Zirkularität von Gebäuden über den gesamten Lebenszyklus messen und bewerten kann. Und da spielt eben nicht nur die Recyclingfähigkeit der Materialien eine Rolle, sondern auch die Demontabilität und der Rückbauaufwand.
In einem Modellprojekt, dem Rathaus Korbach, haben wir nun erstmals versucht, den Kreislauf zu schließen. Wir haben den Bestand vor Ort genutzt und die mineralischen Abbruchmaterialien stofflich recycelt. Es war das erste Mal, dass wir das tatsächlich bei einem Gebäude so gemacht haben: Bestehendes abgebrochen, ortsnah recycelt und direkt wieder für den Neubau eingesetzt. Das ist einmalig für Deutschland. Aber man muss auch sagen: Durch die Weiternutzung des Bestandes hat man die größten Chancen, Ressourcen zu sparen.“
Anja Rosen ist Honorarprofessorin für zirkuläres Bauen an der Bergischen Universität Wuppertal und gründete vor kurzem mit Frauke Kaven ein eigenes Büro, die C5 GmbH in Münster. Sie ist eine der Hauptautorinnen des Atlas Recycling, erschienen im Detail Verlag.
Am Rathaus in Korbach war sie maßgeblich beteiligt. Dieser Anbau an das historische Rathaus ist für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis Architektur 2023 nominiert.
»nextroom fragt« Architekt:innen, Bauherr:innen und Expert:innen. Die Gesprächsreihe zum nachhaltigen Bauen wird konzipiert und betreut von Anne Isopp. Im Gespräch werden unterschiedliche Dimensionen des nachhaltigen Bauens eingefangen, auf konkrete Bauten Bezug genommen und individuelle Sichtweisen abgefragt. Einige der Gespräche sind als Podcast auf morgenbau.at zu hören.