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Transsolar ist ein international tätiges Büro, das auf Klimaengineering von Gebäuden spezialisiert ist. Sein Motto lautet High Comfort – Low Impact, also hoher Nutzerkomfort bei minimalen Auswirkungen auf die Umwelt. Statt aufwendiger Haustechnik setzt es auf die Grundlagen der Physik und gestaltet robuste Systeme, die mit wenig Technik auskommen. Für die Bundesgeschäftsstelle des Deutschen Alpenvereins in München integrierte Transsolar in die Fassade ein Zuluftelement mit Nacherwärmung, das trotz hoher Lärmbelastung und Winddruck eine natürliche und komfortable Lüftung der Büros erlaubt. Dieses Lüftungselement bewährt sich und wurde inzwischen auch bei einer Schule in Tirol eingesetzt. Anne Isopp spricht mit Stefan Holst, dem Leiter des Münchner Büros von Transsolar, darüber, wie man mit weniger Technik im Gebäude auskommt und warum Lowtech mehr Aufwand in der Planung und Baubegleitung bedeutet.
In den letzten zwei Jahren, seit die Energiepreise durch die Decke gingen, kamen viele Bauherren zu uns und sagten: „Lasst uns mal ein Monitoring für unser Gebäude machen. Wir bezahlen inzwischen ein Vielfaches für Energie.“ Diese Effekte führen dazu, dass man sich darüber Gedanken macht, wie es einfacher gehen kann. Wir haben dazu ein Motto entwickelt, das heißt High Comfort – Low Impact, also hoher Nutzerkomfort bei minimalen Auswirkungen auf die Umwelt. Wir hinterfragen derzeit, ob High Comfort noch die richtige Formulierung ist. In Zukunft müssen wir schauen, wie wir ein sinnvolles Komfortlevel mit einfachen Methoden erreichen können.
Man muss ja nicht jeden Raum mit einem Idealklima über eine Klimaanlage ausstatten, sondern kann auch gewisse Dinge, die das Gebäude in seiner Struktur schon bietet, wieder freilegen, indem man zum Beispiel Abhangdecken entfernt. Damit können wir auch in der Sanierung – wir machen sehr viele Sanierungsprojekte – den Bauherren zeigen, dass die Struktur, die sie gekauft haben, viel mehr kann als das, was sie in den letzten zehn Jahren damit gemacht haben. Wir müssen Dinge wieder herausnehmen und eine gewisse Akzeptanz dafür schaffen, dass die Decke nicht perfekt gespachtelt ist, sondern nur gestrichen, dass sie dadurch aber wieder ihre thermisch-aktive Funktion bekommt.
Auch im Alpenverein wurden die Betondecken freigelegt. Es gibt keine Abhangdecke mehr. Über die von uns entwickelten Dauerluft-Elemente in der Fassade haben wir im Prinzip eine Art passive Klimatisierung. Im Sommer, wenn die Temperaturen 28 Grad erreicht haben, können die Mitarbeitenden den Deckenventilator einschalten. Diese klassische kühle Brise, die wir über einfache, langsam drehende Ventilatoren erzeugen, senkt die Temperatur dann gefühlt um 2 Grad wieder ab.
Lowtech heißt zwar, dass man weniger Komponenten braucht, aber diese aufeinander abzustimmen, ist komplexer. Die natürlich angetriebenen Prozesse und die sehr einfachen, auch ohne doppelte Absicherung errichteten Gebäude muss man gewerkeübergreifend sehr viel besser planen und auch in der Umsetzung begleiten. Der Aufwand liegt in der Planung am Anfang und im Dabeibleiben bei der Umsetzung. Das ist notwendig, weil man die eingebauten Sicherheiten aus Gründen der Ressourceneinsparung und Optimierung herausnimmt. Was nicht wirklich nützt, wird weggelassen.“
Stefan Holst leitet das Münchener Büro von Transsolar, einem international tätigen, auf Klimaengineering von Gebäuden spezialisierten Büro. Er ist ausgebildeter Physiker mit jahrzehntelanger Erfahrung im Bereich Energieforschung und energieoptimiertem Bauen.
Für die Geschäftsstelle des Deutschen Alpenvereins in Münchner entwickelte Transsolar ein Lüftungskonzept, das mit wenig Technik auskommt und stattdessen auf die Grundlagen der Physik setzt. Das Gebäude wurde 2023 mit dem Deutschen Holzbaupreis ausgezeichnet und war für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis nominiert.