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Maßarbeit an der Lamelle. nextroom fragt Jennifer Neumann
Glasscheiben mit seitlichen Drehgelenken in einem Metallrahmen: Lamellenfenster sind so einfach wie vielseitig und komplex. Der Familienbetrieb HAHN Lamellenfenster GmbH führte diese Art von Fenster 1953 in den deutschen Markt ein. Seither wird das Produkt laufend weiterentwickelt, auf Kundenwunsch maßgefertigt und geforscht. Für die Kepler Universität in Linz entwickelte man sogar einen Prototypen aus Keramiklamellen.
13. Januar 2025 - Isabella Marboe
Längst ist der Markenname „HAHN“- Lamellen zu einem Synonym für Lamellenfenster geworden. Der gleichnamige Familienbetrieb wurde 1870 als Glaserei und Glashandel HAHN gegründet. In der Nachkriegszeit lernte Till Hahn das Lamellenfenster in seiner Glaserlehre in den USA kennen, 1953 führte die Firma GLASBAU HAHN das Produkt in den deutschen Markt ein, 1981 wurde das weltweit erste Lamellenfenster mit Isolierglas produziert und seither ständig weiter entwickelt. Der einfachverglaste Pionier lässt sich – weniger formschön, oft undicht, mit verzogenen Rahmen - in Asien oder Afrika konkurrenzlos günstig nachbauen. Er wird oft kopiert. Jennifer Neumann, Geschäftsführerin und Urenkelin des Gründers, sieht das gelassen. „Die Marke setzt sich durch.“
Mit jeder Anforderung wird die Produktion schwieriger und komplexer: thermisch getrennte Zweifach/Dreifach-Isolierverglasung, Brand-, Schall-, Sonnenschutz, Windfestigkeit. In mehrfach zertifizierten Lamellenfenstern stecken viele Fertigungsschritte, Wissen und Erfahrung, in den Werken in Stockstadt am Main sowie Seligenstadt – made in Germany. Dort wird jedes Fenster nach Kundenwunsch maßgefertigt. Präzision ist oberstes Gebot, man weiß um geltende Normen und unternehmerische Verantwortung.
Das Prinzip des Lamellenfensters ist einfach und intelligent. Glaselemente mit seitlichen Drehgelenken in einem Blendrahmen, die platzsparend für natürliche Belüftung sorgen. Leiten sie Rauch und giftige Gase ab, werden sie auch als Brandrauchentlüftung wirksam. Sie lassen sich in unzähligen Varianten produzieren und liefern, alle geltenden Vorschriften sind dabei berücksichtigt und gewissenhaft eingehalten. Für einen Auftrag in Australien richtete man eigens einen Prüfstand ein, im qualitätsbewussten Japan schätzt man das Original besonders. Dort sind die Auflagen beim Erdbebenschutz besonders hoch.
Solides Wachstum
„Unsere Produkte haben ein recht komplexes Innenleben“, sagt Neumann. Die aparte, zierliche Frau mit den blauen Augen im bunten Kleid strotzt vor Energie. Ihr Blick ist rege, der Händedruck stark, alles Wichtige hat sie aus dem Stand parat und ihren Betrieb fest im Griff. Die Corona-Pandemie überstand man gut. „Wir hatten so hohe Bestände an Aluprofilen, dass wir weiter alles liefern konnten. Unabhängigkeit ist wichtig, wir machen fast alles in House.“ In Seligenstadt mietete man ein zweites Werk an, das Aluminium kommt aus Deutschland. Worauf sie besonders stolz ist? „Auf unser solides, gesundes Wachstum und dass wir Mitarbeitende haben, die Jahrzehnte bis zu ihrer Pensionierung bei uns geblieben sind.“ Die Marktführerschaft hängt sie nicht an die große Glocke.
Liebe zum Handwerk, das Streben nach Präzision, Lust an der Innovation und der Blick über den Tellerrand prägen den Betrieb von Anfang an. 1931 entwickelte Otto Hahn den Glaszement, die erste damit gebaute Ganzglasvitrine wurde bei der Pariser Weltausstellung 1937 mit einer Goldmedaille ausgezeichnet, aus dieser Zeit stammt auch das Logo der Firma: Der rote Gockel.
Manuell und maschinell
Die Lamellenfenster entwickelten sich immer mehr zu einer Kernkompetenz der Firma. Seit 2015 führt man die HAHN Lamellenfenster GmbH als eigenständiges Unternehmen, Neumann übernahm dessen Leitung. Es ist also in fünfter Generation weiterhin in familiärer Hand. „Unsere Tradition, unser technisches Know-How und unsere Kernkompetenz bleiben, wir können aber flexibler und rascher auf den Markt reagieren.“
Das Original mit den schlichten Profilen, Einfachverglasung und kantigem Griff steht immer noch in einer Vitrine im Showroom. Es wird nicht mehr produziert, aber immer noch nachgefragt. Auf der Arbeitsgalerie hütet man die letzten erhaltenen Rahmen und Profile wie Schätze. Im Büro nebenan findet Armin Kohl, der Baustellen koordiniert und die Produktion im Blick hat, rasch Lösungen für akute Probleme. Über 40 Post-Its kleben auf der Landkarte an der Wand. In der Galerie gegenüber ist die Cafeteria für die Mitarbeitenden. In allen Produktionshallen sorgen Lamellenfenster in den Zwischentrenn-, Außenwänden und Oberlichtsheds für eine natürlich frische Brise und viel Tageslicht. Die Stimmung ist gut, in der Facharbeiterschaft finden sich alle Alter, einige sind schon Jahrzehnte da, sie geben ihre Erfahrung weiter.
Zügig versiegelt eine junge, drahtige, muskulöse Frau die Gläser gleichmäßig und genau. Sie ist eine der besten unter den Versieglern. 28 Menschen arbeiten in der Produktion, darunter sieben Frauen. In der Halle sind vier Meter hohe Lamellenfenster auf der Bahn aufgereiht. „Oben auf dem Gerüst arbeiten, ist schon eine Zirkusleistung“, sagt Neumann. „Für das Lufthansa-Gebäude in Frankfurt produzierten wir über 200 Einzelanfertigungen dieser Dimension. Das Handling war sehr umständlich.“ Hier gibt es computergesteuerte CNC-Fräsen ebenso wie Mitarbeiterinnen, die per Hand kaum sichtbare Drähte für den Vogelschutz knoten.
Beim Med Campus der Universität Linz gruppierte Architekt Peter Lorenz vier Quader um eine urbane Piazza, die sich stark in ihrer Materialität unterscheiden. Die Keramikfassade des Laborgebäudes sollte einen „Ziegel“ verkörpern. Dafür belegte HAHN das Lamellenfenster mit einschichtiger und beweglicher Keramik in den unterschiedlichen Farbtönen der Fassade. Sie dienen auch als Sonnenschutz. „Diese Keramiklamelle zur Beschattung gab es vorher nicht“, sagt Neumann. Sie wurde nach der Kernidee des Architekten mit Fenster- und Metallbauern projektspezifisch entwickelt.
Das Unternehmen reagiert rasch auf Anforderungen der Zeit. Für den Bestand wurden Lamellenfenster mit Wechselrahmen entwickelt, die man in einen alten Fensterstock einpassen kann. Besonderen Anforderungen begegnet man hier mit offener Neugier. Sonderwünsche willkommen!
Mit jeder Anforderung wird die Produktion schwieriger und komplexer: thermisch getrennte Zweifach/Dreifach-Isolierverglasung, Brand-, Schall-, Sonnenschutz, Windfestigkeit. In mehrfach zertifizierten Lamellenfenstern stecken viele Fertigungsschritte, Wissen und Erfahrung, in den Werken in Stockstadt am Main sowie Seligenstadt – made in Germany. Dort wird jedes Fenster nach Kundenwunsch maßgefertigt. Präzision ist oberstes Gebot, man weiß um geltende Normen und unternehmerische Verantwortung.
Das Prinzip des Lamellenfensters ist einfach und intelligent. Glaselemente mit seitlichen Drehgelenken in einem Blendrahmen, die platzsparend für natürliche Belüftung sorgen. Leiten sie Rauch und giftige Gase ab, werden sie auch als Brandrauchentlüftung wirksam. Sie lassen sich in unzähligen Varianten produzieren und liefern, alle geltenden Vorschriften sind dabei berücksichtigt und gewissenhaft eingehalten. Für einen Auftrag in Australien richtete man eigens einen Prüfstand ein, im qualitätsbewussten Japan schätzt man das Original besonders. Dort sind die Auflagen beim Erdbebenschutz besonders hoch.
Solides Wachstum
„Unsere Produkte haben ein recht komplexes Innenleben“, sagt Neumann. Die aparte, zierliche Frau mit den blauen Augen im bunten Kleid strotzt vor Energie. Ihr Blick ist rege, der Händedruck stark, alles Wichtige hat sie aus dem Stand parat und ihren Betrieb fest im Griff. Die Corona-Pandemie überstand man gut. „Wir hatten so hohe Bestände an Aluprofilen, dass wir weiter alles liefern konnten. Unabhängigkeit ist wichtig, wir machen fast alles in House.“ In Seligenstadt mietete man ein zweites Werk an, das Aluminium kommt aus Deutschland. Worauf sie besonders stolz ist? „Auf unser solides, gesundes Wachstum und dass wir Mitarbeitende haben, die Jahrzehnte bis zu ihrer Pensionierung bei uns geblieben sind.“ Die Marktführerschaft hängt sie nicht an die große Glocke.
Liebe zum Handwerk, das Streben nach Präzision, Lust an der Innovation und der Blick über den Tellerrand prägen den Betrieb von Anfang an. 1931 entwickelte Otto Hahn den Glaszement, die erste damit gebaute Ganzglasvitrine wurde bei der Pariser Weltausstellung 1937 mit einer Goldmedaille ausgezeichnet, aus dieser Zeit stammt auch das Logo der Firma: Der rote Gockel.
Manuell und maschinell
Die Lamellenfenster entwickelten sich immer mehr zu einer Kernkompetenz der Firma. Seit 2015 führt man die HAHN Lamellenfenster GmbH als eigenständiges Unternehmen, Neumann übernahm dessen Leitung. Es ist also in fünfter Generation weiterhin in familiärer Hand. „Unsere Tradition, unser technisches Know-How und unsere Kernkompetenz bleiben, wir können aber flexibler und rascher auf den Markt reagieren.“
Das Original mit den schlichten Profilen, Einfachverglasung und kantigem Griff steht immer noch in einer Vitrine im Showroom. Es wird nicht mehr produziert, aber immer noch nachgefragt. Auf der Arbeitsgalerie hütet man die letzten erhaltenen Rahmen und Profile wie Schätze. Im Büro nebenan findet Armin Kohl, der Baustellen koordiniert und die Produktion im Blick hat, rasch Lösungen für akute Probleme. Über 40 Post-Its kleben auf der Landkarte an der Wand. In der Galerie gegenüber ist die Cafeteria für die Mitarbeitenden. In allen Produktionshallen sorgen Lamellenfenster in den Zwischentrenn-, Außenwänden und Oberlichtsheds für eine natürlich frische Brise und viel Tageslicht. Die Stimmung ist gut, in der Facharbeiterschaft finden sich alle Alter, einige sind schon Jahrzehnte da, sie geben ihre Erfahrung weiter.
Zügig versiegelt eine junge, drahtige, muskulöse Frau die Gläser gleichmäßig und genau. Sie ist eine der besten unter den Versieglern. 28 Menschen arbeiten in der Produktion, darunter sieben Frauen. In der Halle sind vier Meter hohe Lamellenfenster auf der Bahn aufgereiht. „Oben auf dem Gerüst arbeiten, ist schon eine Zirkusleistung“, sagt Neumann. „Für das Lufthansa-Gebäude in Frankfurt produzierten wir über 200 Einzelanfertigungen dieser Dimension. Das Handling war sehr umständlich.“ Hier gibt es computergesteuerte CNC-Fräsen ebenso wie Mitarbeiterinnen, die per Hand kaum sichtbare Drähte für den Vogelschutz knoten.
Beim Med Campus der Universität Linz gruppierte Architekt Peter Lorenz vier Quader um eine urbane Piazza, die sich stark in ihrer Materialität unterscheiden. Die Keramikfassade des Laborgebäudes sollte einen „Ziegel“ verkörpern. Dafür belegte HAHN das Lamellenfenster mit einschichtiger und beweglicher Keramik in den unterschiedlichen Farbtönen der Fassade. Sie dienen auch als Sonnenschutz. „Diese Keramiklamelle zur Beschattung gab es vorher nicht“, sagt Neumann. Sie wurde nach der Kernidee des Architekten mit Fenster- und Metallbauern projektspezifisch entwickelt.
Das Unternehmen reagiert rasch auf Anforderungen der Zeit. Für den Bestand wurden Lamellenfenster mit Wechselrahmen entwickelt, die man in einen alten Fensterstock einpassen kann. Besonderen Anforderungen begegnet man hier mit offener Neugier. Sonderwünsche willkommen!
Reportagen ergänzen die Serie »nextroom fragt:« um Portraits von Unternehmen. Zu Wort kommen „Köpfe“ von Firmen, die interessante Produkte bzw. Entwicklungen hervorbringen. Der Geschichte über Motivation, Haltung und Visionen dieser Menschen wird vor Ort nachgespürt.
Die Reportagen entstehen in Zusammenarbeit mit dem Kooperationspartner DOCUmedia. Die redaktionelle Verantwortung liegt bei nextroom.
Die Reportagen entstehen in Zusammenarbeit mit dem Kooperationspartner DOCUmedia. Die redaktionelle Verantwortung liegt bei nextroom.