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Der Vorarlberger Architekt Martin Mackowitz arbeitet bei Lehm Ton Erde, einem Unternehmen, das der Lehmbaupionier Martin Rauch in den 1980er Jahren in Vorarlberg gründete. Das Unternehmen errichtet weltweit Stampflehmbauten und arbeitet dabei mit renommierten Architekturbüros zusammen. Martin Mackowitz, der hier für Architektur und Marketing zuständig ist, ist zudem Mitbegründer von Erden Studio, einem auf Lehmbau spezialisierten Entwurfsstudio und von der Lehmit GmbH, einem Unternehmen, das die Entwicklung von Holz- und Lehmbausystemen fokussiert. Im Gespräch erzählt er, was ihn am Werkstoff Lehm so fasziniert und wie er die Industrialisierung dieser Bauweise vorantreiben und Lehmbau für alle leistbar machen will. Das Gespräch ist in voller Länge im Podcast Morgenbau anzuhören.
Eine Mischung aus etwa zwei Drittel Steinen und einem Drittel Lehm ist sehr druckfest. Man kann mit einer 35 Zentimeter dicken Stampflehmwand drei- bis viergeschossige Gebäude bauen. Man kann mit Lehm aber auch feinere Oberflächen herstellen. Lehmöfen zum Beispiel werden mit einer feineren Körnung gestampft und haben eine glattere Oberfläche. Mischt man Kasein, Lehm, Kalk und Flachsfaser, entsteht eine Spachtelung für sehr feine Oberflächen. Kombiniert man diese mit farbigen Pigmenten, kann man sogar Ornamente damit herstellen. Dieses Spektrum des Werkstoffs Lehm ist unglaublich spannend.
Unseren Standort in Schlins sehen wir als Forschungs- und Entwicklungszentrum. Der Holzbau hat den Schritt zur Industrialisierung schon geschafft. Wir wollen jetzt Lehmbauteile so entwickeln, dass auch sie skalierbar sind. Gerade an der Schnittstelle von Lehm und Holz gibt es viel zu entwickeln. Wie wird ein Holzelement mit Lehm gefüllt, um Masse in den Holzbau zu bringen? Wo sind die Schnittstellen zwischen Baumeister, Lehm- und Holzbauer? Zusammen mit dem Holzbauunternehmen Blumer Lehmann und der gbd Holding haben wir eine neue Firma gegründet, die Lehmit. Wir wollen mit großen Partnern die Systeme so weiterentwickeln, dass sie skalierbar und dann auch leistbar sind.
Um effizienter zu werden, müssen wir auch die Maschinen weiterentwickeln. In unserer Werkhalle haben wir eine Maschine namens Roberta. Eine zweite Maschine, die Roberta 2.0, steht gerade in Bordeaux und stampft dort ein Weingut mit schöner bordeauxroter Erde. Das ist eine mobile Maschine, die auf zwei Lkws passt und im Frühjahr zurückkommt. Die Idee dabei ist, dass man bei großen Bauvorhaben mit lokalem Aushubmaterial vorgefertigt produzieren kann. Eine Feldfabrik wird aufgebaut und aus dem lokalen Aushubmaterial eine Rezeptur erstellt. Diese wird so komponiert, dass die Druckfestigkeit zertifiziert werden kann. Und mit dieser Mischung werden Fertigteile gestampft, die dann versetzt werden können.
Der Wunsch ist ja, dass man das schwere Material nicht in der Gegend herumfahren muss. Martin Rauch sagt immer, es wäre toll, wenn es etwa alle 400 Kilometer eine Lehmsteine- oder Stampflehmelemente-Produktion gäbe. Aber es ist eben auch möglich, die Maschine zum Bauvorhaben zu bringen, um dort mit dem lokalen Aushubmaterial zu arbeiten.
Obwohl wir wissen, dass wir genügend Aushubmaterial zur Verfügung haben, dass das Leben in einem Lehm- und Holzbau angenehm ist und dass diese Gebäude rückbaubar sind, wird eine Tonne Erde um 40 Euro entsorgt. Diesen Gap wollen wir überbrücken.
Momentan werden so viele apokalyptische Bilder kommuniziert, wenn man über die Bauindustrie spricht. Es heißt, man darf nicht mehr bauen, es gibt einen Baustopp. Ich bin total dafür, dass man nicht auf der grünen Wiese und keine Einfamilienhäuser mehr bauen darf. Wenn wir mit Lehm bauen, haben wir die Chance, weiter bauen zu dürfen. Denn grundsätzlich ist Bauen eine der schönsten kollektiven Aufgaben.“
Martin Mackowitz ist als Architekt tätig bei dem Unternehmens Lehm Ton Erde Baukunst GmbH, das von Martin Rauch gegründet wurde. Er ist dort für den Bereich Strategische Ausrichtung, Innovation und Unternehmenskultur zuständig. Zudem ist er Mitbegründer von Erden Studio, einem Entwurfsstudio, das auf Lehmbau spezialisiert ist, und von Lehmit, einem Unternehmen, das Bausystemen aus einer Kombination von Holz- und Lehmbau entwickelt. Als Dozent an der Universität Liechtenstein baut Martin Mackowitz gemeinsam mit der Architektin Anna Heringer ein neues Kompetenzzentrum für Lehmbau auf.