Bauwerk
Passivreihenhaus Falkenweg
Johannes Kaufmann Architektur - Dornbirn (A) - 2002
14. September 2003 - Az W
Auf einem in der Nähe des Dornbirner Messeparks gelegenen Grundstück entsteht eine für Gewerbe- und Wohnzwecke genutzte Verbauung (Geschoßwohnbau, Reihausanlage, Gewerbepark, Tiefgarage), die für die gegenwärtig populäre Annäherung von Wohnen und Arbeiten eine unspektakuläre rationale Lösung sucht. Als erster Bauabschnitt wurde ein Reihenhaus in Holzbauweise mit Passivhausstandard fertiggestellt. Die architektonische Grundhaltung des 1997 gegründeten und 2002 aufgelösten Teams Kaufmann 96 GmbH (die beiden Cousins Johannes und Oskar Leo Kaufmann führen nun je ein eigenes Architekturbüro) ist auch in diesem von Johannes Kaufmann entwickelten Projekt präsent: Intelligente Reduktion auf ein multiplizierbares Regelwerk bei gleichzeitiger Maximierung des Komforts, Engergiebewusstsein und konstruktive Neugier im Bereich des modularen Holzbaus.
Die in Niedrigenergie-Bauweise errichtete Reihenhausanlage des „Metro“-Komplexes wurde zu 100 Prozent in Holz gefertigt - auch die Brandwände konnten (= durften) in F60-Konstruktion aus Holz errichtet werden - und bindet neun zweigeschoßige Appartments (mit je 86 m² Wohnnutzfläche) und eine Gemeinschaftseinheit zu einer schlichten orthogonalen Kette. Die Erschließungseite im Nordosten ist der neuen Bebauung zugewandt, während sich die Südwestseite des Riegels mit seinem „gläsernen Rücken“ und dem Terrassenteppich ins Freie öffnet. Die strenge Homogenität der Haus-an-Haus-Reihe leistet sich nur in der Anzahl der Treppenstufen, die auf die Terrasse führen, eine geländegefällige Abweichung und überlässt ansonsten jegliche Geste der Individualisierung den künftigen Bewohnern. Diesen steht im Erdgeschoss eine zwischenwandfreie Koch-Ess-Wohnzone zur Verfügung, eine einläufige Treppe (darunter: natürlich der Abstellraum) führt ins Zweizimmer-Obergeschoss, dessen Mittelbereich durch ein relativ geräumiges Bad aufgewertet wird. Die Logik des Grundrisses ist bezwingend, die materielle Umsetzung der „einschichtigen“ Hauskette intelligent, das Leben in seiner ganzen Komplexität willkommen geheißen. (Text: Gabriele Kaiser, 04.01.2003)
Jurybeschreibung Projekt Passivreihenhausanlage Falkenweg Dornbirn
1. Großer Österreichischer Solararchitekturpreis – Hauptpreis, 2003
Architektonische Bewegung - Formgewordene Vernunft
Text: Roland Gnaiger
Die Hausgruppe Falkenweg liegt am Siedlungsrand der Stadt Dornbirn, in einem typischen Baugebiet des Rheintales, in dem Besiedlungsstrukturen kaum bis gar nicht einer Planung entspringen. Umso mehr bestimmen Sachzwänge des Marktes und die Beliebigkeit der Parzellenstruktur die räumliche "Ordnung”. Poesie bleibt dem Straßennamen vorbehalten: Falkenweg.
Am Falkenweg hat sich, initiiert und angeleitet durch den Architekten, eine Errichtungsgemeinschaft gefunden, um mit minimalem Budget ein Maximum an Wohnraum und Wohnqualität zu verwirklichen. Dieses Ziel gibt den Weg vor: Konstruktive Logik und höchste Reduktion der Details und aller Elemente.
Und doch bleibt der Grundriss im Rahmen der Eckdaten frei: Eingang im Norden, Wohnen im Süden und auf eine Grundfläche von 5 mal 10 Metern, auf 2 Geschoßen Raum für die individuelle Gestaltung. Gehrichtung der Treppe, Lage und Größe von Eltern- und Kinder- oder Arbeitszimmer, Anzahl der Toiletten, Ausmaß der Küche und deren Geschlossen- oder Offenheit gegen den Wohnraum – all dies blieb persönlich wählbar. Die Oberflächen der Innenräume sowieso.
Endlos ist die Zahl der Möglichkeiten beim gleichbleibenden Thema – dem Reihenhaus. Je strenger die äußeren Vorgaben umso mehr werden die inneren Freiheiten genutzt! Außen ist das Haus streng (oder ruhig)? Beruhigende "50 Meter Haus” in einer nervösen, kleinlich geteilten, individualistischen Nachbarschaft !
Die Pioniertugenden von Vorarlbergs baukünstlerischer (Früh -) Szene werden hier wieder lebendig: Rationalität und Ökonomie gebären einen kubischen Lärchenholzkörper, in den alle Öffnungen sicher gesetzt und rhythmisch verteilt sind, spielerisch aufgelockert von einem graphisch wirkenden Spiel offener oder geschlossener Fensterläden.
Ein Holzrost vor dem Wohnraum im Süden und darüber das Dach, gebildet vom Balkon im Obergeschoss, definieren den Freisitz, während im Norden Eingangsrampen und scheuklappenartige Windbrecher zwischen Innen- und Außenraum vermitteln. Bemerkenswert ist noch der (Teil -)Keller. Ungefähr 2,5 Meter breit spannt er sich über die 50 Meter Länge der gesamten Häuserreihe. Ein Technik-, Versorgungs- und Lagerraum zur temporären Nutzung – über eine Bodenklappe im Vorraum erreichbar.
Die Häuser sind Ausdruck heutiger Lebensform: Es sind Einheiten für die Kleinstfamilie vom Single bis zum Double mit Kind oder für den Bewohner mit verschwimmender Grenze zwischen Arbeiten und Wohnen, sozusagen für ein "Leben im Atelier”.
Als Erweiterung der individuellen Nutzung und als zusätzliches Angebot einer Gemeinschaftsanlage mündet die Häuserzeile im Westen in ein Appartement – nutzbar für die Bewohnergruppe, für Kinder oder Gäste. Während darunter die Fahrradbox schon da ist, wird das Auto in Zukunft in der Tiefgarage des Nachbarblocks geborgen.
Folgerichtig ist dieses Haus ein Passivhaus mit Komfortlüftung, wie bei diesem Projekt alles formgewordene Vernunft ist.
Energietechnische Bewertung
Text: Helmut Krapmeier
Möglichst günstige Errichtungskosten standen im Vordergrund. Die Errichtergemeinschaft erweiterte den Anspruch auf möglichst günstige Gesamtkosten. Die kostengünstige kompakte Gebäudeform, die vorgefertigte Holzelementbauweise und die südorientierte Reihenbauweise waren günstige Voraussetzungen für die Wahl des Passivhausstandards als Baukonzept. Als bau- und energietechnische Lösungen wurden „Klassiker“ der Passivhaus-Bauweise gewählt: U-Werte um 0,1 W/(m_K) im opaken Bereich. Im Fensterbereich wurden aus Kostengründen Vollholzfensterrahmen mit 3-Scheiben-Wärmeschutzverglasung und thermisch getrenntem Glasrandverbund gewählt. Die optimale Lage hinsichtlich der Wärmebrücke Fensterrahmen | Wand und für die passive Sonnenenergienutzung ist in der Mitte der Wand.
Bei dieser Reihenhausanlage ist sie aus architektonischen Gründe innenbündig mit der Wand und damit ungünstig bezüglich der Wärmeverluste und Solargewinne. Als Teil-Kompensation für den erhöhten Wärmeverlust wurden von den Planern große Fixverglasungen gewählt, so dass der Anteil des Holzfensterrahmens möglichst klein ist.
Als Wärmeabgabe und Wärmeverteilung im Haus dient die Frischluftheizung. Lediglich in den Bädern und in den Eckhäusern sind zusätzliche Heizkörper montiert. Die Wärmeerzeugung erfolgt zentral in Form einer Pelletsheizung. Jedes Haus verfügt über ein eigenes Lüftungsgerät mit eigener Steuerung. Diese Lüftungsgeräte sind in einem „Streifenkeller“ unter der nördlichen Hausseite unter-gebracht. Der Mini-Keller wird über eine Falltür im Bereich des Eingangs und eine Raumspartreppe erreicht. Die Falltüre ist hochwärmegedämmt und luftdicht. Dadurch kann eine effiziente Wärmeverteilung von der am Westende der Reihenhauszeile platzierten Pellets-Zentralheizung erfolgen.
Die Häuser haben aus Kostengründen keinen Windfang. Beim Öffnen der Haus -eingangstüre ist ein Kaltluftschwall, der bis in den Wohnraum hinein spürbar ist, unvermeidlich. Unabhängig vom Energiestandard sind Windfänge in unseren Klimazonen immer günstig. Eine erhöhte Aufmerksamkeit – d.h. möglichst kurze Öffnungszeit im Winter – kann die Nachteile zum Teil ausgleichen.
Vor einer 1:1 Kopie der energiespezifischen Bauausführung sollte überprüft werden, ob die Kompromisse genügend Spielraum hinsichtlich individueller thermischer Komfortansprüche zulassen. Insgesamt ist diese Reihenhausanlage ein positives Beispiel für kostengünstiges Bauen bei gleichzeitiger Realisation innovativer Energiestandards.
Die in Niedrigenergie-Bauweise errichtete Reihenhausanlage des „Metro“-Komplexes wurde zu 100 Prozent in Holz gefertigt - auch die Brandwände konnten (= durften) in F60-Konstruktion aus Holz errichtet werden - und bindet neun zweigeschoßige Appartments (mit je 86 m² Wohnnutzfläche) und eine Gemeinschaftseinheit zu einer schlichten orthogonalen Kette. Die Erschließungseite im Nordosten ist der neuen Bebauung zugewandt, während sich die Südwestseite des Riegels mit seinem „gläsernen Rücken“ und dem Terrassenteppich ins Freie öffnet. Die strenge Homogenität der Haus-an-Haus-Reihe leistet sich nur in der Anzahl der Treppenstufen, die auf die Terrasse führen, eine geländegefällige Abweichung und überlässt ansonsten jegliche Geste der Individualisierung den künftigen Bewohnern. Diesen steht im Erdgeschoss eine zwischenwandfreie Koch-Ess-Wohnzone zur Verfügung, eine einläufige Treppe (darunter: natürlich der Abstellraum) führt ins Zweizimmer-Obergeschoss, dessen Mittelbereich durch ein relativ geräumiges Bad aufgewertet wird. Die Logik des Grundrisses ist bezwingend, die materielle Umsetzung der „einschichtigen“ Hauskette intelligent, das Leben in seiner ganzen Komplexität willkommen geheißen. (Text: Gabriele Kaiser, 04.01.2003)
Jurybeschreibung Projekt Passivreihenhausanlage Falkenweg Dornbirn
1. Großer Österreichischer Solararchitekturpreis – Hauptpreis, 2003
Architektonische Bewegung - Formgewordene Vernunft
Text: Roland Gnaiger
Die Hausgruppe Falkenweg liegt am Siedlungsrand der Stadt Dornbirn, in einem typischen Baugebiet des Rheintales, in dem Besiedlungsstrukturen kaum bis gar nicht einer Planung entspringen. Umso mehr bestimmen Sachzwänge des Marktes und die Beliebigkeit der Parzellenstruktur die räumliche "Ordnung”. Poesie bleibt dem Straßennamen vorbehalten: Falkenweg.
Am Falkenweg hat sich, initiiert und angeleitet durch den Architekten, eine Errichtungsgemeinschaft gefunden, um mit minimalem Budget ein Maximum an Wohnraum und Wohnqualität zu verwirklichen. Dieses Ziel gibt den Weg vor: Konstruktive Logik und höchste Reduktion der Details und aller Elemente.
Und doch bleibt der Grundriss im Rahmen der Eckdaten frei: Eingang im Norden, Wohnen im Süden und auf eine Grundfläche von 5 mal 10 Metern, auf 2 Geschoßen Raum für die individuelle Gestaltung. Gehrichtung der Treppe, Lage und Größe von Eltern- und Kinder- oder Arbeitszimmer, Anzahl der Toiletten, Ausmaß der Küche und deren Geschlossen- oder Offenheit gegen den Wohnraum – all dies blieb persönlich wählbar. Die Oberflächen der Innenräume sowieso.
Endlos ist die Zahl der Möglichkeiten beim gleichbleibenden Thema – dem Reihenhaus. Je strenger die äußeren Vorgaben umso mehr werden die inneren Freiheiten genutzt! Außen ist das Haus streng (oder ruhig)? Beruhigende "50 Meter Haus” in einer nervösen, kleinlich geteilten, individualistischen Nachbarschaft !
Die Pioniertugenden von Vorarlbergs baukünstlerischer (Früh -) Szene werden hier wieder lebendig: Rationalität und Ökonomie gebären einen kubischen Lärchenholzkörper, in den alle Öffnungen sicher gesetzt und rhythmisch verteilt sind, spielerisch aufgelockert von einem graphisch wirkenden Spiel offener oder geschlossener Fensterläden.
Ein Holzrost vor dem Wohnraum im Süden und darüber das Dach, gebildet vom Balkon im Obergeschoss, definieren den Freisitz, während im Norden Eingangsrampen und scheuklappenartige Windbrecher zwischen Innen- und Außenraum vermitteln. Bemerkenswert ist noch der (Teil -)Keller. Ungefähr 2,5 Meter breit spannt er sich über die 50 Meter Länge der gesamten Häuserreihe. Ein Technik-, Versorgungs- und Lagerraum zur temporären Nutzung – über eine Bodenklappe im Vorraum erreichbar.
Die Häuser sind Ausdruck heutiger Lebensform: Es sind Einheiten für die Kleinstfamilie vom Single bis zum Double mit Kind oder für den Bewohner mit verschwimmender Grenze zwischen Arbeiten und Wohnen, sozusagen für ein "Leben im Atelier”.
Als Erweiterung der individuellen Nutzung und als zusätzliches Angebot einer Gemeinschaftsanlage mündet die Häuserzeile im Westen in ein Appartement – nutzbar für die Bewohnergruppe, für Kinder oder Gäste. Während darunter die Fahrradbox schon da ist, wird das Auto in Zukunft in der Tiefgarage des Nachbarblocks geborgen.
Folgerichtig ist dieses Haus ein Passivhaus mit Komfortlüftung, wie bei diesem Projekt alles formgewordene Vernunft ist.
Energietechnische Bewertung
Text: Helmut Krapmeier
Möglichst günstige Errichtungskosten standen im Vordergrund. Die Errichtergemeinschaft erweiterte den Anspruch auf möglichst günstige Gesamtkosten. Die kostengünstige kompakte Gebäudeform, die vorgefertigte Holzelementbauweise und die südorientierte Reihenbauweise waren günstige Voraussetzungen für die Wahl des Passivhausstandards als Baukonzept. Als bau- und energietechnische Lösungen wurden „Klassiker“ der Passivhaus-Bauweise gewählt: U-Werte um 0,1 W/(m_K) im opaken Bereich. Im Fensterbereich wurden aus Kostengründen Vollholzfensterrahmen mit 3-Scheiben-Wärmeschutzverglasung und thermisch getrenntem Glasrandverbund gewählt. Die optimale Lage hinsichtlich der Wärmebrücke Fensterrahmen | Wand und für die passive Sonnenenergienutzung ist in der Mitte der Wand.
Bei dieser Reihenhausanlage ist sie aus architektonischen Gründe innenbündig mit der Wand und damit ungünstig bezüglich der Wärmeverluste und Solargewinne. Als Teil-Kompensation für den erhöhten Wärmeverlust wurden von den Planern große Fixverglasungen gewählt, so dass der Anteil des Holzfensterrahmens möglichst klein ist.
Als Wärmeabgabe und Wärmeverteilung im Haus dient die Frischluftheizung. Lediglich in den Bädern und in den Eckhäusern sind zusätzliche Heizkörper montiert. Die Wärmeerzeugung erfolgt zentral in Form einer Pelletsheizung. Jedes Haus verfügt über ein eigenes Lüftungsgerät mit eigener Steuerung. Diese Lüftungsgeräte sind in einem „Streifenkeller“ unter der nördlichen Hausseite unter-gebracht. Der Mini-Keller wird über eine Falltür im Bereich des Eingangs und eine Raumspartreppe erreicht. Die Falltüre ist hochwärmegedämmt und luftdicht. Dadurch kann eine effiziente Wärmeverteilung von der am Westende der Reihenhauszeile platzierten Pellets-Zentralheizung erfolgen.
Die Häuser haben aus Kostengründen keinen Windfang. Beim Öffnen der Haus -eingangstüre ist ein Kaltluftschwall, der bis in den Wohnraum hinein spürbar ist, unvermeidlich. Unabhängig vom Energiestandard sind Windfänge in unseren Klimazonen immer günstig. Eine erhöhte Aufmerksamkeit – d.h. möglichst kurze Öffnungszeit im Winter – kann die Nachteile zum Teil ausgleichen.
Vor einer 1:1 Kopie der energiespezifischen Bauausführung sollte überprüft werden, ob die Kompromisse genügend Spielraum hinsichtlich individueller thermischer Komfortansprüche zulassen. Insgesamt ist diese Reihenhausanlage ein positives Beispiel für kostengünstiges Bauen bei gleichzeitiger Realisation innovativer Energiestandards.
Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien
Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzig
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