Bauwerk
Generali Media Tower
Hans Hollein - Wien (A) - 2001
Flach auf dem Bauch
Architektonischer Triumph oder doch nur gefälliges Kunsthandwerk des Medienzeitalters? Hans Holleins Bürohaus in der Wiener Leopoldstadt: vom Sieg des lebenslangen Marketingfeldzugs eines Architekten über seine Architektur.
26. Mai 2001 - Christian Kühn
Der Wiener Donaukanal ist innerstädtisches Entwicklungsgebiet, das jahrzehntelang vernachlässigt wurde. Vielleicht liegt es nur am Namen: Würde man den Bereich zwischen Roßauer Brücke und Aspernbrücke in Anlehnung an den ersten Bezirk nicht „Kanal“, sondern „Innere Donau“ nennen - wie es letztes Jahr eine Gruppe jüngerer Wiener Architekten in einer Entwicklungs-studie über den gesamten Verlauf des Donaukanals vorgeschlagen hat -, dann könnte ein ähnlicher Effekt eintreten wie beim „Entlastungsgerinne“, das den Wienern erst nach seiner Verwandlung in eine Donauinsel samt Copa Cagrana ans Herz gewachsen ist.
Tatsächlich findet derzeit am nördlichen Ufer des Schwedenplatzes eine Aufwertung der Bausubstanz statt, die eine Umbenennung in „Innere Donau“ rechtfertigen würde. Die massive Betonscheibe des IBM-Hauses wird von Rudolf Prochazka in eine leicht gekrümmte Glashaut eingekleidet, die Uniqa-Versicherung saniert einen ganzen Baublock und wird hier nach Plänen des Büros Neumann ein Hochhaus errichten, wobei im Erdgeschoß eine großzügige öffentliche Zone entsteht: Hier sollen sich die Wiener so zu Hause fühlen, daß sie auch ihre Pensionsmilliarden gerne beim Hausherrn anlegen.
Wenn der neue Wiener Planungsstadtrat, Rudolf Schicker, seine Ankündigung wahr macht, die Entwicklung im Bereich der „Inneren Donau“ zu fördern und dabei in Zukunft bei der Bewilligung von Aufzonungen die Bauträger dazu zu verpflichten, einen Teil ihrer Widmungsgewinne in die Sanierung des öffentlichen Raums zu investieren, dann könnte der Schwedenplatz zu einem der interessantesten Punkte der Stadt werden.
Als erster Neubau fertiggestellt wurde jüngst das Bürohaus von Hans Hollein, das ursprünglich für die Generali-Versicherung geplant war und nun an den News-Verlag vermietet wurde. Hollein gewann 1995 das Gutachterverfahren unter anderem gegen Jean Nouvel, der ein eher kompaktes Gebäude mit einer mehrschichtigen, an den Ecken abgerundeten und im Sockelbereich konkav nach innen gezogenen Glasfassade vorgeschlagen hatte. Die unterschiedlich transparenten, leicht gekrümmten Gläser sollten „ein lustvolles Spiel von Realität und Virtualität“ in Gang setzen.
Hollein setzte dagegen auf die skulpturale Wirkung einer dreidimensionalen Collage, die aus diversen Versatzstücken der Umgebung gebildet ist. Auf die gründerzeitliche Bebauung der Taborstraße reagiert Hollein mit einem die Traufhöhe aufnehmenden, mit Stein verkleideten Block mit Lochfassade. Dann springt das Gebäude etwas zurück und setzt sich zum Donaukanal hin in einem Block fort, der die Fassadenteilung der früheren Bundesländerversicherung von Georg Lippert aus dem Jahr 1961 in leicht modifizierter Form übernimmt. Zur Häuserzeile an der Oberen Donaustraße schließt Hollein wieder mit einem Zwischenelement an, in dem ein Fluchtstiegenhaus untergebracht ist.
Der höchste Gebäudeteil ist ein schlanker, leicht geneigter Turm, der von einer leuchtenden Anzeigetafel gekrönt wird, einem 14 Millionen Schilling (zirka eine Million Euro) teuren Gerät mit beeindrucken der Leuchtkraft, auf dem sich im abwechselnden Aufleuchten der Titel „profil“, „Format“, „News“ und „TV-Media“ der jeweils aktuelle Stand der Konzentration in der österreichischen Medienlandschaft ablesen läßt.
Im unteren Bereich hat Hollein die Ecke zum Schwedenplatz bis zum fünften Stock in Glas aufgelöst und schräg aus der Fassade gezogen, eine Bewegung, mit der die Neigung des Turms ausbalanciert wird. An die Fassade zur Taborstraße hat Hollein auf einer Stele noch einen metallisch schillernden, aber ansonsten am klassischen Vorbild orientierten Markuslöwen plaziert.
An derselben Fassadenseite hat Hollein einen Erker angebracht, der aus einem der Bürogeschoße des News-Verlags herausragt und nicht - wie oft vermutet wird - des Fellnersche Büro, sondern einen Besprechungsraum aufnimmt. (Die Verlagsleitung residiert im obersten Stockwerk des schlanken Turms mit beneidenswertem Blick über Wien.) Auf das Dach des vorderen Bauteils hat Hollein unter ein metallisches, vielfach gekrümmtes Dach einen Veranstaltungsraum gesetzt, dessen Kontur in der Frontalansicht die ebenfalls leicht konkave Dachlinie des Lippertschen Baus nebenan aufnimmt.
Hollein versteht sich als Bildhauer im Großen. Architektonische Elemente verschmelzen ihm zu einer skulpturalen Masse, die geformt, geschichtet, angeschnitten und aufgedoppelt wird, bis eine Balance hergestellt ist. Stadträumlich hat das Ergebnis hier durchaus Sinn, wenn man es darauf anlegt, die unglückliche städtebauliche Situation zu kaschieren, die halbherzig zwischen der zurückgesetzten modernistischen Scheibe des Lippertschen Baus und der geschlossenen Verbauung an der Oberen Donaustraße entstanden ist.
Für sich betrachtet, fehlt dem Gebäude aber die Substanz. Es erinnert ein wenig an die Geschichte von dem Mann, der sich seinen Maßanzug vom Schneider abholen möchte. Der Anzug wirft bei der Anprobe überall Falten, und als sich der Kunde beim Schneider beschweren will, bekommt er zur Antwort, daß er den Anzug nur nicht zu tragen verstehe: Eine Schulter nach vor, die Hüfte etwas heben, den linken Arm nach unten strecken, und so weiter. Stolz und faltenlos geht der Mann auf die Straße. Da kommen zwei Passanten: „Schau, so ein armer Behinderter.“ Darauf der andere: „Ja, aber einen phantastischen Schneider hat er!“
Das ist nun sicher eine Grundsatzfrage. Ich wünsche mir bei einem Gebäude zumindest die Auseinandersetzung mit dem Zweck jenseits eines eindimensionalen Funktionalismus, ich wünsche mir rationale und ökonomische Konstruktion und im Sinne Jean Nouvels eine Erforschung der neuesten, nicht nur technischen, sondern auch poetischen Möglichkeiten der Gebäudehülle, also kurz: zeitgemäße Tektonik.
Keines dieser Kriterien kann Holleins Bau erfüllen. Aber vielleicht ist meine Forderung altmodisch. Hollein hat bereits in den sechziger Jahren geschrieben, daß es beinahe gleichgültig sei, ob die Akropolis oder die Pyramiden in Wirklichkeit existieren, da die meisten Menschen sie ohnehin nur von Bildern und nicht aus eigener Erfahrung kennen würden. Eigentlich müsse man Gebäude gar nicht bauen: Es sei ausreichend, sie zu simulieren. Die Schlußfolgerung, die Hollein damals zog, war die Idee einer „absoluten Architektur“, die nur nach ihren eigenen Gesetzen zu bilden sei, und wenn man schon ein Haus bauen müsse, dann würde es irgendwann „seine Verwendung finden“. So betrachtet, ist es vertretbar, unter „Fassade“ nicht mehr zu verstehen als die Oberflächenschicht einer Skulptur, die ihrerseits gar nicht als Skulptur, sondern nur auf einer photographischen Abbildung zur Wirkung zu kommen braucht.
Den Gedanken, daß die Bedeutung und die Rolle eines Bauwerks auf dem Effekt der medialen Vermittlung beruhen, hat Hollein auf eine spezifische Art weitergedacht. Als er 1999 von einem Wodkahersteller zu einem Beitrag zur Serie „Absolut Originals“ eingeladen wurde, die als Inserat im „Time-Magazine“ erschien, wurde als Text ein Interview abgedruckt, in dem Hollein gefragt wurde, ob er schon einmal an einer Werbekampagne teilgenommen habe. „Nein“, war die Antwort, aber „als Architekt ist man dauernd auf einem Werbefeldzug für sich selbst.“ Holleins Beitrag bestand in einer Photomontage des Haas-Hauses, dessen vorderer Turm durch eine riesige Wodkaflasche ersetzt wurde.
„Alles ist Architektur“: Auch das ist ein Satz Holleins aus den sechziger Jahren. „Absolut“ im ursprünglichen Sinn ist diese Architektur freilich längst nicht mehr, sondern dienstbares Kunsthandwerk des Medienzeitalters.
In dieser - und nur in dieser - Hinsicht ist Holleins News-Gebäude tatsächlich ein Triumph. Sein lebenslanger Marketingfeldzug ist so gelungen, daß auch ein ansonsten klar argumentierender Kritiker wie Jan Tabor im „Falter“ vor diesem Gebäude flach auf dem Bauch liegt (und für diese gymnastische Übung von seinem Kollegen Dietmar Steiner im „profil“ in einer noch gesteigerten Eloge auf Holleins Gesamtwerk umgehend als Wiens „originellster Architekturkritiker“ apostrophiert wird). In Bauchlage ist freilich die Sicht etwas beschränkt: So undifferenziert von Österreichs bestem Architekten seit 1945 und von einem Meisterwerk zu sprechen fördert nicht gerade die Kritikfähigkeit des Publikums. Innerhalb von Holleins Oeuvre ist das Gebäude etwa im Vergleich zu dem für seine Zeit innovativen Mönchengladbacher Museum oder zu dem tatsächlich riskanten und räumlich irritierenden Museum moderner Kunst in Frankfurt bieder und gefällig. Und jemanden kurzerhand zum besten, wichtigsten und erfolgreichsten Architekten des Landes zu küren ist noch unseriöser als die sonst im News-Verlag üblichen Rankings zu allen möglichen Themen.
Diese Verflachung der kritischen Auseinandersetzung hat Konsequenzen. Nicht zufällig heißt der Hollein des kleinen Mannes Friedensreich Hundertwasser. Mit ihm teilt Hollein die ungebremste Verzierungslust und das collageartige Vorgehen. Wenn in Zukunft in der breiten Öffentlichkeit reflexartig an dieser Art von Architektur Maß genommen wird, läuft der Diskurs in die falsche Richtung.
Tatsächlich findet derzeit am nördlichen Ufer des Schwedenplatzes eine Aufwertung der Bausubstanz statt, die eine Umbenennung in „Innere Donau“ rechtfertigen würde. Die massive Betonscheibe des IBM-Hauses wird von Rudolf Prochazka in eine leicht gekrümmte Glashaut eingekleidet, die Uniqa-Versicherung saniert einen ganzen Baublock und wird hier nach Plänen des Büros Neumann ein Hochhaus errichten, wobei im Erdgeschoß eine großzügige öffentliche Zone entsteht: Hier sollen sich die Wiener so zu Hause fühlen, daß sie auch ihre Pensionsmilliarden gerne beim Hausherrn anlegen.
Wenn der neue Wiener Planungsstadtrat, Rudolf Schicker, seine Ankündigung wahr macht, die Entwicklung im Bereich der „Inneren Donau“ zu fördern und dabei in Zukunft bei der Bewilligung von Aufzonungen die Bauträger dazu zu verpflichten, einen Teil ihrer Widmungsgewinne in die Sanierung des öffentlichen Raums zu investieren, dann könnte der Schwedenplatz zu einem der interessantesten Punkte der Stadt werden.
Als erster Neubau fertiggestellt wurde jüngst das Bürohaus von Hans Hollein, das ursprünglich für die Generali-Versicherung geplant war und nun an den News-Verlag vermietet wurde. Hollein gewann 1995 das Gutachterverfahren unter anderem gegen Jean Nouvel, der ein eher kompaktes Gebäude mit einer mehrschichtigen, an den Ecken abgerundeten und im Sockelbereich konkav nach innen gezogenen Glasfassade vorgeschlagen hatte. Die unterschiedlich transparenten, leicht gekrümmten Gläser sollten „ein lustvolles Spiel von Realität und Virtualität“ in Gang setzen.
Hollein setzte dagegen auf die skulpturale Wirkung einer dreidimensionalen Collage, die aus diversen Versatzstücken der Umgebung gebildet ist. Auf die gründerzeitliche Bebauung der Taborstraße reagiert Hollein mit einem die Traufhöhe aufnehmenden, mit Stein verkleideten Block mit Lochfassade. Dann springt das Gebäude etwas zurück und setzt sich zum Donaukanal hin in einem Block fort, der die Fassadenteilung der früheren Bundesländerversicherung von Georg Lippert aus dem Jahr 1961 in leicht modifizierter Form übernimmt. Zur Häuserzeile an der Oberen Donaustraße schließt Hollein wieder mit einem Zwischenelement an, in dem ein Fluchtstiegenhaus untergebracht ist.
Der höchste Gebäudeteil ist ein schlanker, leicht geneigter Turm, der von einer leuchtenden Anzeigetafel gekrönt wird, einem 14 Millionen Schilling (zirka eine Million Euro) teuren Gerät mit beeindrucken der Leuchtkraft, auf dem sich im abwechselnden Aufleuchten der Titel „profil“, „Format“, „News“ und „TV-Media“ der jeweils aktuelle Stand der Konzentration in der österreichischen Medienlandschaft ablesen läßt.
Im unteren Bereich hat Hollein die Ecke zum Schwedenplatz bis zum fünften Stock in Glas aufgelöst und schräg aus der Fassade gezogen, eine Bewegung, mit der die Neigung des Turms ausbalanciert wird. An die Fassade zur Taborstraße hat Hollein auf einer Stele noch einen metallisch schillernden, aber ansonsten am klassischen Vorbild orientierten Markuslöwen plaziert.
An derselben Fassadenseite hat Hollein einen Erker angebracht, der aus einem der Bürogeschoße des News-Verlags herausragt und nicht - wie oft vermutet wird - des Fellnersche Büro, sondern einen Besprechungsraum aufnimmt. (Die Verlagsleitung residiert im obersten Stockwerk des schlanken Turms mit beneidenswertem Blick über Wien.) Auf das Dach des vorderen Bauteils hat Hollein unter ein metallisches, vielfach gekrümmtes Dach einen Veranstaltungsraum gesetzt, dessen Kontur in der Frontalansicht die ebenfalls leicht konkave Dachlinie des Lippertschen Baus nebenan aufnimmt.
Hollein versteht sich als Bildhauer im Großen. Architektonische Elemente verschmelzen ihm zu einer skulpturalen Masse, die geformt, geschichtet, angeschnitten und aufgedoppelt wird, bis eine Balance hergestellt ist. Stadträumlich hat das Ergebnis hier durchaus Sinn, wenn man es darauf anlegt, die unglückliche städtebauliche Situation zu kaschieren, die halbherzig zwischen der zurückgesetzten modernistischen Scheibe des Lippertschen Baus und der geschlossenen Verbauung an der Oberen Donaustraße entstanden ist.
Für sich betrachtet, fehlt dem Gebäude aber die Substanz. Es erinnert ein wenig an die Geschichte von dem Mann, der sich seinen Maßanzug vom Schneider abholen möchte. Der Anzug wirft bei der Anprobe überall Falten, und als sich der Kunde beim Schneider beschweren will, bekommt er zur Antwort, daß er den Anzug nur nicht zu tragen verstehe: Eine Schulter nach vor, die Hüfte etwas heben, den linken Arm nach unten strecken, und so weiter. Stolz und faltenlos geht der Mann auf die Straße. Da kommen zwei Passanten: „Schau, so ein armer Behinderter.“ Darauf der andere: „Ja, aber einen phantastischen Schneider hat er!“
Das ist nun sicher eine Grundsatzfrage. Ich wünsche mir bei einem Gebäude zumindest die Auseinandersetzung mit dem Zweck jenseits eines eindimensionalen Funktionalismus, ich wünsche mir rationale und ökonomische Konstruktion und im Sinne Jean Nouvels eine Erforschung der neuesten, nicht nur technischen, sondern auch poetischen Möglichkeiten der Gebäudehülle, also kurz: zeitgemäße Tektonik.
Keines dieser Kriterien kann Holleins Bau erfüllen. Aber vielleicht ist meine Forderung altmodisch. Hollein hat bereits in den sechziger Jahren geschrieben, daß es beinahe gleichgültig sei, ob die Akropolis oder die Pyramiden in Wirklichkeit existieren, da die meisten Menschen sie ohnehin nur von Bildern und nicht aus eigener Erfahrung kennen würden. Eigentlich müsse man Gebäude gar nicht bauen: Es sei ausreichend, sie zu simulieren. Die Schlußfolgerung, die Hollein damals zog, war die Idee einer „absoluten Architektur“, die nur nach ihren eigenen Gesetzen zu bilden sei, und wenn man schon ein Haus bauen müsse, dann würde es irgendwann „seine Verwendung finden“. So betrachtet, ist es vertretbar, unter „Fassade“ nicht mehr zu verstehen als die Oberflächenschicht einer Skulptur, die ihrerseits gar nicht als Skulptur, sondern nur auf einer photographischen Abbildung zur Wirkung zu kommen braucht.
Den Gedanken, daß die Bedeutung und die Rolle eines Bauwerks auf dem Effekt der medialen Vermittlung beruhen, hat Hollein auf eine spezifische Art weitergedacht. Als er 1999 von einem Wodkahersteller zu einem Beitrag zur Serie „Absolut Originals“ eingeladen wurde, die als Inserat im „Time-Magazine“ erschien, wurde als Text ein Interview abgedruckt, in dem Hollein gefragt wurde, ob er schon einmal an einer Werbekampagne teilgenommen habe. „Nein“, war die Antwort, aber „als Architekt ist man dauernd auf einem Werbefeldzug für sich selbst.“ Holleins Beitrag bestand in einer Photomontage des Haas-Hauses, dessen vorderer Turm durch eine riesige Wodkaflasche ersetzt wurde.
„Alles ist Architektur“: Auch das ist ein Satz Holleins aus den sechziger Jahren. „Absolut“ im ursprünglichen Sinn ist diese Architektur freilich längst nicht mehr, sondern dienstbares Kunsthandwerk des Medienzeitalters.
In dieser - und nur in dieser - Hinsicht ist Holleins News-Gebäude tatsächlich ein Triumph. Sein lebenslanger Marketingfeldzug ist so gelungen, daß auch ein ansonsten klar argumentierender Kritiker wie Jan Tabor im „Falter“ vor diesem Gebäude flach auf dem Bauch liegt (und für diese gymnastische Übung von seinem Kollegen Dietmar Steiner im „profil“ in einer noch gesteigerten Eloge auf Holleins Gesamtwerk umgehend als Wiens „originellster Architekturkritiker“ apostrophiert wird). In Bauchlage ist freilich die Sicht etwas beschränkt: So undifferenziert von Österreichs bestem Architekten seit 1945 und von einem Meisterwerk zu sprechen fördert nicht gerade die Kritikfähigkeit des Publikums. Innerhalb von Holleins Oeuvre ist das Gebäude etwa im Vergleich zu dem für seine Zeit innovativen Mönchengladbacher Museum oder zu dem tatsächlich riskanten und räumlich irritierenden Museum moderner Kunst in Frankfurt bieder und gefällig. Und jemanden kurzerhand zum besten, wichtigsten und erfolgreichsten Architekten des Landes zu küren ist noch unseriöser als die sonst im News-Verlag üblichen Rankings zu allen möglichen Themen.
Diese Verflachung der kritischen Auseinandersetzung hat Konsequenzen. Nicht zufällig heißt der Hollein des kleinen Mannes Friedensreich Hundertwasser. Mit ihm teilt Hollein die ungebremste Verzierungslust und das collageartige Vorgehen. Wenn in Zukunft in der breiten Öffentlichkeit reflexartig an dieser Art von Architektur Maß genommen wird, läuft der Diskurs in die falsche Richtung.
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