Bauwerk
Waschanstalt - Umgestaltung
agps architecture ltd. - Zürich (CH) - 2001
Von der Wasch- zur Wohnanstalt
1. April 2001 - Roderick Hönig
Die Geschichte der Waschanstalt Zürich ist eine Geschichte des Wandels. Sie begann mit einer Entdeckung des Zürcher Unternehmers Heinrich Treichler: Auf einer Reise nach Paris sah er Mitte des 19. Jahrhunderts die ersten Waschschiffe in der Seine vor Anker liegen. Treichler brachte die Idee mit nach Zürich und beauftragte keinen geringeren als den berühmten Architekten Gottfried Semper mit der Planung einer solchen schwimmenden Waschküche. Das Treichlersche Waschschiff - ein prächtiges Manifest des Klassizismus - war ein grosser Erfolg. Und schon bald musste der findige Unternehmer auf festen Boden expandieren. Er fand ein Gelände direkt am linken Seeufer in Wollishofen, damals noch ein Vorort von Zürich.
1863 zog Treichler das elegante Waschschiff an Land und baute darum herum Schuppen, Hallen, Trockenräume, eine Filteranlage und eine Heizzentrale. Bis zur Jahrhundertwende wuchs das kleine Waschschiff zur mächtigen Waschanstalt Zürich. Die Hülle des schlichten Backsteinbaus aus dem Jahre 1906 an der Ecke des Areals markiert noch heute das Tor zu Zürich. 1959 fand die letzte wichtige Erweiterung der Anlage statt: Der Zürcher Architekt André Bosshardt entwarf auf der Seeseite einen eleganten modernistischen Stahlskelettbau, der über die gesamte Fassadenlänge mit milchigen Glasbaustein-Streifen überzogenen war.
Als 1997 die Waschanstalt Zürich mit der Firma CWS fusionierte, begann die vorerst letzte Station im Wandel des Areals. Beim Handwechsel fiel das Gelände in die Hände der Gewerbebank Zürich. Diese war sich des Werts des Grundstücks bewusst, denn es bot sich damit die wahrscheinlich letzte Gelegenheit, innerhalb der Stadtgrenze am Zürichsee zu bauen. Direkt am Wasser gelegene Wohnobjekte sind deshalb heiss begehrt - und bieten attraktive Renditeaussichten. 1998 veranstaltete die Bank einen Wettbewerb unter drei Zürcher Architekturbüros. Das Team Angélil/Graham/Pfenninger/Scholl (A/G/P/S), das derzeit auch mit der Planung des Neubaus Midfield Dock des Flughafens Zürich beauftragt ist, gewann die Konkurrenz mit einem Vorschlag der sich zwischen Neubau, Umbau, Renovation und Abbruch bewegt. A/G/P/S übernahmen die Masse der bestehenden Volumen, unterteilten das Areal aber nutzungsmässig in einen viergeschossigen seeseitigen Riegel mit 20 Luxuswohnungen und einem Restaurant sowie einem zweigeschossigen Bereich auf der Strassenseite mit Büros, Läden und Ateliers. Eine schmale Wohnstrasse, in deren Mitte der alte Kamin thront (heute Abluftkanal des Restaurants), zerschneidet die Überbauung in der Längsachse und dient der Erschliessung der Wohnungen und Ateliers.
Augenfällig, ja zeichenhaft sind die kistenartigen Atelierräume, die sich waghalsig über das Erdgeschoss des strassenseitigen Teils zur Fahrbahn hin schieben. Die drei roten «Augen» sind der architektonische Ersatz für das markante Zackendach, das dem Autofahrer bisher signalisierte, dass er in Zürich angekommen war. Am schönsten sind die Wohnungen im ehemaligen Bosshardt-Bau am See. Die Architekten höhlten das über 40-jährige Industriegebäude mit grossem Aufwand aus und passten drei Wohnungstypen ins alte Stahlskelett ein. Sie unterteilten den Neubau in der alten Baustruktur quer in acht Tranchen, die alle mehr oder weniger attraktiven Wohnraum mit Blick auf den See bieten.
In den zweistöckigen Lofts im Erdgeschoss führt jeweils eine luftige Treppe entlang der Wand in den oberen Stock, wo sich ein offenes Schlafzimmer und ein zweites Bad befinden. Türen und abgeschlossene Zimmer gibt es nicht, alle Räume sind offen und fliessen ineinander über. Darüber liegen auf der selben Grundfläche acht weitere, eingeschossige Lofts.
Die spektakulärsten Räume sind auf dem Dach. Im zurückgestuften Attikabau, einem Neubau aus Holz, befinden sich vier Wohnungen mit grosszügigen Terrassen: Auf bis zu 220 Quadratmetern geniesst man hier einen luxuriösen Ausbau und den atemraubenden Blick über den See. Dunkle Gussasphaltplatten und glänzende Chromstahlabdeckungen versprühen industrieromantisches Flair, ein heller, ahornverkleideter Körper versteckt Bad und Waschküche. Der schnörkellose Einbau unterteilt zudem die weite Fläche in einen rückseitigen Schlaf- und einen seeseitigen Wohn- und Essbereich. Beeindruckend ist aber nicht nur das Panorama, auch die Preise sind es: Zwischen 3000 Franken (für einen 80 Quadratmeter grossen Loft) und 11 000 Franken (für den 220 Quadratmeter grossen) kostet das Wohnen in der einstigen Waschanstalt. Dazu kommen noch Nebenkosten wie Strom, Heizung und Wasser. Wer sich das leisten kann? Unter anderem die französische Popsängerin Patricia Kaas.
Die rund 30 Millionen Franken teure Umnutzung ist eine hybride Anlage, wie sie heute an vielen Architekturschulen gelehrt wird: Wohnen, Arbeiten, Freizeit und Einkaufen unter einem Dach. Mit der innenliegenden Erschliessungstrasse sind viele Probleme, die das Grundstück bietet, gut gelöst: die Belichtung und Erschliessung eines Areals mit zwei grundverschiedenen Seiten. Die Wahl des architektonischen Themas fiel weniger entschieden aus. A/G/P/S spielen zwar mit Alt und Neu - aber nur sehr oberflächlich: Sie degradieren die Zeugen der industriellen Vergangenheit zu Fussnoten.
Von der ehemaligen Waschanstalt ist nicht mehr viel zu sehen, die einstige Funktion der Anlage diente in erster Linie als Verkaufsargument. Die gesamte Baustruktur ist neu, mit Ausnahme der renovierten Hülle des Backsteinbaus aus der Jahrhundertwende, des dekorativen Kamins und des Stahlskelett des seeseitigen Industriebaus. Aufgehen wird die Rechnung aber sicher für den Investor - die Wohnungen waren innert kürzester Zeit vermietet.
1863 zog Treichler das elegante Waschschiff an Land und baute darum herum Schuppen, Hallen, Trockenräume, eine Filteranlage und eine Heizzentrale. Bis zur Jahrhundertwende wuchs das kleine Waschschiff zur mächtigen Waschanstalt Zürich. Die Hülle des schlichten Backsteinbaus aus dem Jahre 1906 an der Ecke des Areals markiert noch heute das Tor zu Zürich. 1959 fand die letzte wichtige Erweiterung der Anlage statt: Der Zürcher Architekt André Bosshardt entwarf auf der Seeseite einen eleganten modernistischen Stahlskelettbau, der über die gesamte Fassadenlänge mit milchigen Glasbaustein-Streifen überzogenen war.
Als 1997 die Waschanstalt Zürich mit der Firma CWS fusionierte, begann die vorerst letzte Station im Wandel des Areals. Beim Handwechsel fiel das Gelände in die Hände der Gewerbebank Zürich. Diese war sich des Werts des Grundstücks bewusst, denn es bot sich damit die wahrscheinlich letzte Gelegenheit, innerhalb der Stadtgrenze am Zürichsee zu bauen. Direkt am Wasser gelegene Wohnobjekte sind deshalb heiss begehrt - und bieten attraktive Renditeaussichten. 1998 veranstaltete die Bank einen Wettbewerb unter drei Zürcher Architekturbüros. Das Team Angélil/Graham/Pfenninger/Scholl (A/G/P/S), das derzeit auch mit der Planung des Neubaus Midfield Dock des Flughafens Zürich beauftragt ist, gewann die Konkurrenz mit einem Vorschlag der sich zwischen Neubau, Umbau, Renovation und Abbruch bewegt. A/G/P/S übernahmen die Masse der bestehenden Volumen, unterteilten das Areal aber nutzungsmässig in einen viergeschossigen seeseitigen Riegel mit 20 Luxuswohnungen und einem Restaurant sowie einem zweigeschossigen Bereich auf der Strassenseite mit Büros, Läden und Ateliers. Eine schmale Wohnstrasse, in deren Mitte der alte Kamin thront (heute Abluftkanal des Restaurants), zerschneidet die Überbauung in der Längsachse und dient der Erschliessung der Wohnungen und Ateliers.
Augenfällig, ja zeichenhaft sind die kistenartigen Atelierräume, die sich waghalsig über das Erdgeschoss des strassenseitigen Teils zur Fahrbahn hin schieben. Die drei roten «Augen» sind der architektonische Ersatz für das markante Zackendach, das dem Autofahrer bisher signalisierte, dass er in Zürich angekommen war. Am schönsten sind die Wohnungen im ehemaligen Bosshardt-Bau am See. Die Architekten höhlten das über 40-jährige Industriegebäude mit grossem Aufwand aus und passten drei Wohnungstypen ins alte Stahlskelett ein. Sie unterteilten den Neubau in der alten Baustruktur quer in acht Tranchen, die alle mehr oder weniger attraktiven Wohnraum mit Blick auf den See bieten.
In den zweistöckigen Lofts im Erdgeschoss führt jeweils eine luftige Treppe entlang der Wand in den oberen Stock, wo sich ein offenes Schlafzimmer und ein zweites Bad befinden. Türen und abgeschlossene Zimmer gibt es nicht, alle Räume sind offen und fliessen ineinander über. Darüber liegen auf der selben Grundfläche acht weitere, eingeschossige Lofts.
Die spektakulärsten Räume sind auf dem Dach. Im zurückgestuften Attikabau, einem Neubau aus Holz, befinden sich vier Wohnungen mit grosszügigen Terrassen: Auf bis zu 220 Quadratmetern geniesst man hier einen luxuriösen Ausbau und den atemraubenden Blick über den See. Dunkle Gussasphaltplatten und glänzende Chromstahlabdeckungen versprühen industrieromantisches Flair, ein heller, ahornverkleideter Körper versteckt Bad und Waschküche. Der schnörkellose Einbau unterteilt zudem die weite Fläche in einen rückseitigen Schlaf- und einen seeseitigen Wohn- und Essbereich. Beeindruckend ist aber nicht nur das Panorama, auch die Preise sind es: Zwischen 3000 Franken (für einen 80 Quadratmeter grossen Loft) und 11 000 Franken (für den 220 Quadratmeter grossen) kostet das Wohnen in der einstigen Waschanstalt. Dazu kommen noch Nebenkosten wie Strom, Heizung und Wasser. Wer sich das leisten kann? Unter anderem die französische Popsängerin Patricia Kaas.
Die rund 30 Millionen Franken teure Umnutzung ist eine hybride Anlage, wie sie heute an vielen Architekturschulen gelehrt wird: Wohnen, Arbeiten, Freizeit und Einkaufen unter einem Dach. Mit der innenliegenden Erschliessungstrasse sind viele Probleme, die das Grundstück bietet, gut gelöst: die Belichtung und Erschliessung eines Areals mit zwei grundverschiedenen Seiten. Die Wahl des architektonischen Themas fiel weniger entschieden aus. A/G/P/S spielen zwar mit Alt und Neu - aber nur sehr oberflächlich: Sie degradieren die Zeugen der industriellen Vergangenheit zu Fussnoten.
Von der ehemaligen Waschanstalt ist nicht mehr viel zu sehen, die einstige Funktion der Anlage diente in erster Linie als Verkaufsargument. Die gesamte Baustruktur ist neu, mit Ausnahme der renovierten Hülle des Backsteinbaus aus der Jahrhundertwende, des dekorativen Kamins und des Stahlskelett des seeseitigen Industriebaus. Aufgehen wird die Rechnung aber sicher für den Investor - die Wohnungen waren innert kürzester Zeit vermietet.
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