Bauwerk

Wohnanlage
DornerMatt Architekten - Lochau (A) - 2001

Spiegelbilder in Fensterläden

Auf den ersten Blick erscheint die Wohnanlage im vorarlbergischen Lochau von Architekt Christian Matt spartanisch schlicht. Bei genauerem Hinsehen erschließen sich jedoch Feinheiten von zarter Poesie.

21. März 2001 - Franziska Leeb
In Gegenden, wo bislang Ein- und Mehrfamilienhäuser dominierten, bedarf es sorgfältiger Überlegung, wie man mit dem eher städtisch besetzten Gebäudetypus Geschoßwohnungsbau formal reagiert. Versucht man mit Holzfassaden einen Konnex zur Landschaft und zur Ländlichkeit herzustellen oder ignoriert man örtliche Traditionen völlig?

Architekt Christian Matt wählte für die neue Wohnbebauung in Lochau einen Weg, der nur auf den ersten Blick so aussieht, als ignorierte er rundum Gewachsenes völlig. Zwei strenge Quader mit elfenbeinfarbener Eternit-Fassade stehen einander gegenüber. Horizontal gegliedert wird die Hülle von den Fensterreihen, innerhalb derer sich herkömmliche Fensterflügel, transparente Loggienverglasungen und schwarze Schiebegläser, die die Funktion von Fensterläden übernehmen, abwechseln. Das Motiv der Fensterläden entlehnte Matt den Häusern der Nachbarschaft, wo hölzerne Läden den schon durchaus städtischen Mehrfamilienhäusern einen rustikalen Hauch verleihen.

Das Schwarz der bündig in die Fassade gesetzten Glasläden wurde in Streifen mit geringen Abständen per Siebdruck aufgebracht. Von innen nach außen bleibt das Glas leicht durchsichtig, von außen erscheint es völlig schwarz und verhindert jeden Einblick. Im Laufe der Tages-und Jahreszeiten und je nach Stellung der dunklen Gläser liefert die Fassade unterschiedliche Bilder der sich spiegelnden Umgebung und erzählt stille Geschichten aus der Nachbarschaft. Sind alle Läden geschlossen - was in der Praxis allerdings so gut wie nie vorkommt - wird die Fassade zur scheinbar völlig glatten Haut aus hellen und dunklen Rechtecken. Innerhalb dieser neutralen Hülle arrangierte Matt einen vergleichsweise flexiblen Inhalt, der offene Grundrisslösungen ebenso zulässt wie die Unterteilung in einzelne Zimmer.

Die geräumigen breiten Loggien werden von den Bewohnern als luftiger Aufenthaltsraum geschätzt. In den Stiegenhaus- und Gangbereichen konnte das rigorose Farb- und Formkonzept, das sich an der Fassade in den Farben und der Strenge einer Klaviertastatur abbildet, durchgehalten werden. Gut gelöst ist die natürliche Belichtung der Gänge: An den Enden sind Segmente des Bodens jeweils aus Gitterrosten ausgeführt, die das durch die Fenster einfallende Tageslicht in die Tiefe verteilen.

Ein klares Konzept ohne Schnickschnack, das hinter den Wohnungstüren individuelle Lösungen zulässt, und gleichzeitig in seiner Gesamtheit und Wirkung nach außen von einer besonders für den Sozialen Wohnbau erstaunlichen Sorgfalt ist.

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