Bauwerk

Passage
Söhne & Partner - Wien (A) - 2003
Passage, Foto: Alexander Eugen Koller
Passage, Foto: Alexander Eugen Koller
21. März 2004 - Az W
Ein glücklicher Zufall führte einen heimatlos gewordenen Club, ein junges Architektenteam und eine sanierungsbedürftige Fußgängerunterführung zusammen. In der Folge mutierte die Fußgängerunterführung zum stolzen Schwan. Fußgängerunterführungen zeugen heute vom Wirtschaftswunderdenken, dienten sie doch dem Vorrang für PKWs. Heute schafft das stetig wachsende Radwegenetz zunehmend Querungsmöglichkeiten auf Straßenniveau. In der Folge verwaisen Unterführungen zusehends. Für die sanierunsbedürftige Babenberger Passage war „Zuschütten“ eine angedachte Lösung. Sunshine Enterprises zeigten Mut zum Risiko und nach drei Monaten Bauzeit ging die „Passage“ als neue Club-Location an den Start.

An der Oberfläche bildet die Inszenierung der vier gläsernen Pavillions den einzigen Hinweis auf das Geschehen im Untergrund. Transluzente Zylinder tauchen drei der vier Pavillions in weiches Goldgelb und leuchten den Nachtschwärmern den Weg. Der vierte Pavillion führt hinunter in die Passage.

Wer herkömmliche Disko-Konzepte gewohnt ist, könnte beim Erstbesuch irritiert sein. Die klassische Raumaufteilung „Tanzfläche hier - Bar dort“ gibt es nicht. Kreisrunde Mosaike markieren zwar angedachte Tanzbereiche auf dem komplett erneuerten Fußboden, mit fortschreitender Stunde mutiert die „Passage“ jedoch zu einer einzigen Tanz-Bar-Zone. Das offene Raumkonzept fördert ein permanentes Kommen und Gehen. Das wiederum bringt die Besucher in Kontakt, respektive Körperkontakt.

Sunshine Enterprises verfügen als Bauherr der „Passage“ erstmals über eine eigene Location, die nach ihren Vorstellungen umgestaltet wurde. Zehnjährige Erfahrung als Veranstalter floss in die Planung ein: Zwei der drei Bars können je nach Anforderung, wie z.B. Musikfestivals oder Privatfeste an sieben (!) verschiedenen Stellen angedockt werden. 16 vorprogrammierte Lichtszenarien können den Raum dank absolut neutraler Farbgebung des Interieurs immer wieder neu einfärben. Die Lichtquellen befinden sich in den Prismen in der Decke. Das Relikt aus Orignaltagen hat eine Bedeutung gewonnen.

Und dann wären da noch die Nischen. Deren Neuinterpretation ist formidabel. In der Fußgängerpassage dienten sie ursprünglich für Werbezwecke. Heute beinhalten die Nischen weiß gepolsterte Sitzgruppen und Wände. Tatsächlich! Auch die Wände und Lautsprechertürme sind mit weißem Kunstleder gepolstert. Die Verkleidung reicht vom Boden bis zur Decke, die im gesamten Raum ungewohnt niedrig ist. Spiegel an den Seitenwänden der Nischen lassen den Raum dank diverser Winkel der Seitenwände in alle Richtungen wachsen. Die Architekten widmeten der Montage von Polsterung und Spiegeln besonderes Augenmerk. Das gilt auch für das Material: Die Kunstledersitze, die mitunter als Gogo-Podest genutzt werden, strahlen nach einigen Monaten Bespielung wie am Eröffnungstag.

Einzig der Eingangsbereich mit der Garderobe ist zu klein geraten. Der Rückstau der neu eintreffenden Gäste reicht in kurzer Zeit bis zur Straße hinauf. Wobei sich hier die Frage stellt, ob so eine Warteschlange nicht Teil des Konzeptes ist. (Text: Martina Frühwirth)

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Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at

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