Bauwerk
Schrägkabelbrücke
Andrea Deplazes, Christian Menn - Serneus (CH) - 1998
Hochseilakt im Prättigau
Die neue Schrägkabelbrücke bei Klosters
5. November 1999 - Roderick Hönig
Die Prättigauer Dörfer leiden unter dem Durchgangsverkehr. Mit der «Neuen Prättigauerstrasse» soll sich das ändern. Die 950 Millionen Franken teure Umfahrungsstrasse erstreckt sich von Küblis bis zur Autoverladeanlage des Vereinabahntunnels bei Klosters Selfranga. Bis oberhalb von Serneus verläuft die neue Strasse auf der rechten Talseite der Landquart. Dann wechselt sie in sechzig Meter Höhe auf die linke Talseite und sticht durchs Westportal des 4,2 Kilometer langen Gotschnatunnels. Verbindungsstück ist die 526 Meter lange Sunnibergbrücke, die letztes Jahr fertiggestellt wurde. Am Tunnel wird voraussichtlich noch bis ins Jahr 2007 gebaut, doch um die 600 000 Tonnen Ausbruch abtransportieren zu können, hat man den Bau der 18 Millionen Franken teuren Brücke vorgezogen.
Die Entstehungsgeschichte der Sunnibergbrücke ist so unkonventionell wie der Bau selbst: 1994 vergab das Tiefbauamt Graubünden einen Studienauftrag an drei Ingenieurbüros für die Gestaltung des Brückenschlags über die Landquart. Der emeritierte ETH-Brückenbauprofessor Christian Menn, Berater im Preisgericht des Wettbewerbs, war von den eingereichten Vorschlägen nicht überzeugt. Zu konventionell und zu wenig zeichenhaft. Menn schlug deshalb zusammen mit Andrea Deplazes, dem Architekturberater des Tiefbauamtes, eine filigrane Kabelbrücke auf hohen Stützen vor. Der auf einem Gestaltungskonzept von Menn aus dem Jahre 1989 basierende Entwurf überzeugte die Bauherrschaft. Die Detailprojektierung und die technische Bauleitung übernahm daraufhin das Churer Ingenieurbüro Bänziger, Köppel, Brändli + Partner.
Die gebogene Schrägseilbrücke ist eine Weltneuheit. Denn normalerweise hängt die Fahrbahn einer Kabelbrücke tief unter der Spitze der Pylone an einem steilen, radialen Kabelfächer. Hier liegt sie auf sechzig Meter Höhe im oberen Viertel des Pfeilers auf, und die parallel angeordnete Kabelharfe ist dementsprechend flach. Die ungewöhnliche Kombination von hochgelegener Fahrbahn und flach geführten Kabeln macht den Bau gegenüber einer konventionellen Balkenbrücke oder einer Bogenbrücke feingliedriger und eleganter: Nur eine schmale Fahrbahn zerschneidet das Panorama.
Geschickt sind auch die vier Pylone gesetzt: Die zwei äusseren verschwinden fast im Wald, so dass nur die beiden mittleren Pfeiler ins Auge stechen. Diese sind aber keine wuchtigen Hohlkörperstützen, sondern profilierte Gabeln mit je zwei flachen Zinken. Oben breit und unten schmal, visualisieren sie den Kräftefluss. Doch nicht nur von der Ferne ist die Brücke ein Erlebnis, auch die Überfahrt ist spektakulär: Die parallelen Kabelharfen spannen einen durchlässigen Fahrraum auf. Die Kurve sorgt für Dynamik. Man bekommt das Gefühl, in einem transparenten Kanal zu fahren. Leider hat man begonnen, die schwarzen Seile weiss einzufassen, was den bisher unauffälligen Kabeln eine unnötige Dominanz verleiht.
Bei der Gestaltung von Brücken ist der Bezug zur Landschaft eine wichtige Frage. Die Sunnibergbrücke schafft trotz der Talquerung auf sechzig Meter Höhe den Spagat zwischen Unterordnung und Eigenständigkeit im Gelände. Der Bau ist nicht kleinlich, aber auch nicht gigantisch. Obwohl die Kosten der gebauten Variante die der günstigsten, einer Balkenbrücke, um 14 Prozent überstiegen, ist die Differenz von 2,2 Millionen Franken im Vergleich zu den 506 Millionen Franken betragenden Gesamtkosten für die erste Etappe der Umfahrung eher klein. Dabei ergibt es Sinn, diese Mehrkosten zugunsten der Gestaltung in den markantesten und auch sichtbaren Teil der Umfahrung zu investieren.
Die Entstehungsgeschichte der Sunnibergbrücke ist so unkonventionell wie der Bau selbst: 1994 vergab das Tiefbauamt Graubünden einen Studienauftrag an drei Ingenieurbüros für die Gestaltung des Brückenschlags über die Landquart. Der emeritierte ETH-Brückenbauprofessor Christian Menn, Berater im Preisgericht des Wettbewerbs, war von den eingereichten Vorschlägen nicht überzeugt. Zu konventionell und zu wenig zeichenhaft. Menn schlug deshalb zusammen mit Andrea Deplazes, dem Architekturberater des Tiefbauamtes, eine filigrane Kabelbrücke auf hohen Stützen vor. Der auf einem Gestaltungskonzept von Menn aus dem Jahre 1989 basierende Entwurf überzeugte die Bauherrschaft. Die Detailprojektierung und die technische Bauleitung übernahm daraufhin das Churer Ingenieurbüro Bänziger, Köppel, Brändli + Partner.
Die gebogene Schrägseilbrücke ist eine Weltneuheit. Denn normalerweise hängt die Fahrbahn einer Kabelbrücke tief unter der Spitze der Pylone an einem steilen, radialen Kabelfächer. Hier liegt sie auf sechzig Meter Höhe im oberen Viertel des Pfeilers auf, und die parallel angeordnete Kabelharfe ist dementsprechend flach. Die ungewöhnliche Kombination von hochgelegener Fahrbahn und flach geführten Kabeln macht den Bau gegenüber einer konventionellen Balkenbrücke oder einer Bogenbrücke feingliedriger und eleganter: Nur eine schmale Fahrbahn zerschneidet das Panorama.
Geschickt sind auch die vier Pylone gesetzt: Die zwei äusseren verschwinden fast im Wald, so dass nur die beiden mittleren Pfeiler ins Auge stechen. Diese sind aber keine wuchtigen Hohlkörperstützen, sondern profilierte Gabeln mit je zwei flachen Zinken. Oben breit und unten schmal, visualisieren sie den Kräftefluss. Doch nicht nur von der Ferne ist die Brücke ein Erlebnis, auch die Überfahrt ist spektakulär: Die parallelen Kabelharfen spannen einen durchlässigen Fahrraum auf. Die Kurve sorgt für Dynamik. Man bekommt das Gefühl, in einem transparenten Kanal zu fahren. Leider hat man begonnen, die schwarzen Seile weiss einzufassen, was den bisher unauffälligen Kabeln eine unnötige Dominanz verleiht.
Bei der Gestaltung von Brücken ist der Bezug zur Landschaft eine wichtige Frage. Die Sunnibergbrücke schafft trotz der Talquerung auf sechzig Meter Höhe den Spagat zwischen Unterordnung und Eigenständigkeit im Gelände. Der Bau ist nicht kleinlich, aber auch nicht gigantisch. Obwohl die Kosten der gebauten Variante die der günstigsten, einer Balkenbrücke, um 14 Prozent überstiegen, ist die Differenz von 2,2 Millionen Franken im Vergleich zu den 506 Millionen Franken betragenden Gesamtkosten für die erste Etappe der Umfahrung eher klein. Dabei ergibt es Sinn, diese Mehrkosten zugunsten der Gestaltung in den markantesten und auch sichtbaren Teil der Umfahrung zu investieren.
Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung
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