Bauwerk
Ereta-Park
Frédéric Bonnet, Marc Bigarnet - Alicante (E)
Ein Wassergarten in der Felsensteppe
Der Ereta-Park von Marc Bigarnet und Frédéric Bonnet über der Altstadt von Alicante
5. November 2004 - Roman Hollenstein
Lange dämmerten die Altstadt von Alicante und die Hänge des über ihr wachenden Monte Benacantil vor sich hin. Doch in jüngster Zeit wurden viele der einst staubig grauen Häuser renoviert. Heute rahmen sie in frischen Farben steile Strassen und blumengeschmückte Treppenwege. Steigt man die Gassen hinauf, so gelangt man zuoberst in der Altstadt unvermittelt an eine Wand aus rostfarbenem Stahl mit eingeschweissten Piktogrammen. Sie ist verschlossen - und man denkt sogleich an eine Planungsruine. Doch wenige Schritte weiter, wo unter der hoch liegenden Santa-Bárbara-Festung neue, sorgsam in den kleinteiligen Altbestand eingepasste Häuser die Strasse zum Berg hin abschliessen, gewahrt man neben einem mit hellem Lattenwerk verkleideten Eckbau eine weitere rostbraune Schiebewand, die nun dem Besucher offen steht. Auf ihr verheissen erneut Piktogramme und poetisch klingende Wörter wie Jardín del angel oder Valle umbral del puente einen hier kaum erhofften Erholungsraum.
Trockenmauern und Terrassen
Man geht hinein, schreitet eine von Dattelpalmen gesäumte und von Steinmauern gefasste Rampe hinan. Dann weitet sich der Blick über ein kleines, mit Steinplatten bedecktes Plateau, das von stämmigen Johannisbrotbäumen überschattet wird. Eine Abstufung, auf der hölzerne Liegen in langgestreckter S-Form zur Siesta einladen, führt zu einem kleinen Geländeabsatz. Dieser wird von einer hohen, tischartigen Dachkonstruktion aus einem Geflecht von Holzlatten überfangen, das im gleissenden Mittagslicht ein rautenförmiges Schattenmuster auf ein ausgedorrtes Feld mit Zyperngras wirft. Dahinter setzt eine zweiarmige Marmortreppe mit Richtungswechsel einen fast sakralen Akzent. Sie endet vor einem mit dem niedrigen Pflanzenwuchs der Macchia bewachsenen Hang, über dem weitere terrassierte Flächen und eine Steinmauer mit Pergola folgen.
Die Regie der wie ein langgestreckter Teppich den Berg hinansteigenden Anlage ist so geschickt, dass stets ein neues Versprechen lockt. So vernimmt man bei der aus L-förmigen Holzträgern gebildeten Pergola erstaunt ein leises Plätschern, erblickt aber erst weiter oben die Spitzen kleiner Springbrunnen. Sie klatschen auf eine ebene Steinfläche, über der sich ein sandiger, von einem Pulverhaus aus dem 18. Jahrhundert begrenzter Platz weitet. Rechts, hinter einigen noch etwas schmächtigen Pinien, öffnen sich in einer Stützmauer hohe Läden, deren hölzerne Rahmen mit geflochtenen Zweigen gefüllt sind. Mit ihnen kann die Glasfront des in den Berg eingelassenen Ausstellungsgebäudes und des dazugehörigen Cafés geschlossen werden. Da dieses nicht bewirtschaftet wird, lässt einen der Durst besorgt nach oben blicken, wo man vor der mittelalterlichen, die Burg und das in einer Schlucht gelegene San-Rafael-Quartier verbindenden Wehrmauer ein Pavillonrestaurant erblickt. Das als verglastes, pergolaartiges Belvedere gestaltete, von der Nordseite des Benacantil her über eine Strasse zugängliche Bauwerk, das im vergangenen Juli eröffnet wurde, ist das architektonische Juwel der Gesamtanlage und beeindruckt in diesem kargen Felsenpark durch sein elegantes Interieur und seinen weiten Ausblick über Stadt und Meer.
Ein Europan-Projekt
Hier geht der formale Garten am Berg über in ein Wegnetz, welches ganz modisch in kubisch gebrochenen, der Topographie folgenden Formen den von ursprünglicher Trockenvegetation bewachsenen Abhang bis hinauf zur Burg erschliesst. Bei dieser ebenso eigenwilligen wie überzeugenden Landschaftsgestaltung des in Lyon tätigen Architekten Marc Bigarnet und seines Pariser Partners Frédéric Bonnet handelt es sich um das Resultat ihres erstprämierten Beitrags zum 3. Europan-Wettbewerb von 1994. Obwohl die meisten Siegerprojekte der zur Förderung des Architektennachwuchses eingerichteten Europan- Wettbewerbe leider nicht verwirklicht werden, gelang es den jungen Franzosen, den zuständigen Behörden einen überarbeiteten Vorschlag für das ehemalige militärische Sperrgebiet schmackhaft zu machen. Im Rahmen des Rehabilitierungsprogramms für das historische Zentrum Alicantes erteilten ihnen daraufhin die Stadt und die Comunidad Valenciana einen Bauauftrag. Im Sommer 2003 konnte der rund 12 Millionen Franken teure Landschaftsgarten, in dem über 300 meist einheimische Pflanzenarten gedeihen, der Öffentlichkeit übergeben werden, auch wenn damals das Restaurant «La Ereta» noch nicht vollendet war.
Traditionelle Elemente des mediterranen Gartens vom maurischen Wasserspiel über die barock inspirierte Treppenanlage bis hin zur rustikalen Pergola prägen diesen Park ebenso wie fast unberührt gebliebene Felsenhänge. Bald erinnert er an Carlos Ferraters wegweisenden botanischen Garten auf dem Montjuic in Barcelona, dann wieder an den unrealisierten Entwurf des jungen Valencianers Vicente Guallart für einen terrassierten Berghang über einer Tiefgarage in Denia. Er belegt aber auch Spaniens wichtige Position auf dem Gebiet der zeitgenössischen Landschaftsarchitektur, die in jüngster Zeit vermehrt das Zusammenspiel von harten architektonischen Elementen mit einer teilweise naturbelassenen Pflanzenwelt auslotet. Nach der in den Steilhang von Toledo eingekerbten Rolltreppenrampe von Martínez Lapeña & Torres Tur ist der Ereta-Park das vielleicht konsequenteste Beispiel dieses Trends, wobei hier die gestalterischen Elemente von Licht und Schatten, Architektur und Natur durch einen strengen, der französischen Tradition verpflichteten Formalismus noch verstärkt werden.
Trockenmauern und Terrassen
Man geht hinein, schreitet eine von Dattelpalmen gesäumte und von Steinmauern gefasste Rampe hinan. Dann weitet sich der Blick über ein kleines, mit Steinplatten bedecktes Plateau, das von stämmigen Johannisbrotbäumen überschattet wird. Eine Abstufung, auf der hölzerne Liegen in langgestreckter S-Form zur Siesta einladen, führt zu einem kleinen Geländeabsatz. Dieser wird von einer hohen, tischartigen Dachkonstruktion aus einem Geflecht von Holzlatten überfangen, das im gleissenden Mittagslicht ein rautenförmiges Schattenmuster auf ein ausgedorrtes Feld mit Zyperngras wirft. Dahinter setzt eine zweiarmige Marmortreppe mit Richtungswechsel einen fast sakralen Akzent. Sie endet vor einem mit dem niedrigen Pflanzenwuchs der Macchia bewachsenen Hang, über dem weitere terrassierte Flächen und eine Steinmauer mit Pergola folgen.
Die Regie der wie ein langgestreckter Teppich den Berg hinansteigenden Anlage ist so geschickt, dass stets ein neues Versprechen lockt. So vernimmt man bei der aus L-förmigen Holzträgern gebildeten Pergola erstaunt ein leises Plätschern, erblickt aber erst weiter oben die Spitzen kleiner Springbrunnen. Sie klatschen auf eine ebene Steinfläche, über der sich ein sandiger, von einem Pulverhaus aus dem 18. Jahrhundert begrenzter Platz weitet. Rechts, hinter einigen noch etwas schmächtigen Pinien, öffnen sich in einer Stützmauer hohe Läden, deren hölzerne Rahmen mit geflochtenen Zweigen gefüllt sind. Mit ihnen kann die Glasfront des in den Berg eingelassenen Ausstellungsgebäudes und des dazugehörigen Cafés geschlossen werden. Da dieses nicht bewirtschaftet wird, lässt einen der Durst besorgt nach oben blicken, wo man vor der mittelalterlichen, die Burg und das in einer Schlucht gelegene San-Rafael-Quartier verbindenden Wehrmauer ein Pavillonrestaurant erblickt. Das als verglastes, pergolaartiges Belvedere gestaltete, von der Nordseite des Benacantil her über eine Strasse zugängliche Bauwerk, das im vergangenen Juli eröffnet wurde, ist das architektonische Juwel der Gesamtanlage und beeindruckt in diesem kargen Felsenpark durch sein elegantes Interieur und seinen weiten Ausblick über Stadt und Meer.
Ein Europan-Projekt
Hier geht der formale Garten am Berg über in ein Wegnetz, welches ganz modisch in kubisch gebrochenen, der Topographie folgenden Formen den von ursprünglicher Trockenvegetation bewachsenen Abhang bis hinauf zur Burg erschliesst. Bei dieser ebenso eigenwilligen wie überzeugenden Landschaftsgestaltung des in Lyon tätigen Architekten Marc Bigarnet und seines Pariser Partners Frédéric Bonnet handelt es sich um das Resultat ihres erstprämierten Beitrags zum 3. Europan-Wettbewerb von 1994. Obwohl die meisten Siegerprojekte der zur Förderung des Architektennachwuchses eingerichteten Europan- Wettbewerbe leider nicht verwirklicht werden, gelang es den jungen Franzosen, den zuständigen Behörden einen überarbeiteten Vorschlag für das ehemalige militärische Sperrgebiet schmackhaft zu machen. Im Rahmen des Rehabilitierungsprogramms für das historische Zentrum Alicantes erteilten ihnen daraufhin die Stadt und die Comunidad Valenciana einen Bauauftrag. Im Sommer 2003 konnte der rund 12 Millionen Franken teure Landschaftsgarten, in dem über 300 meist einheimische Pflanzenarten gedeihen, der Öffentlichkeit übergeben werden, auch wenn damals das Restaurant «La Ereta» noch nicht vollendet war.
Traditionelle Elemente des mediterranen Gartens vom maurischen Wasserspiel über die barock inspirierte Treppenanlage bis hin zur rustikalen Pergola prägen diesen Park ebenso wie fast unberührt gebliebene Felsenhänge. Bald erinnert er an Carlos Ferraters wegweisenden botanischen Garten auf dem Montjuic in Barcelona, dann wieder an den unrealisierten Entwurf des jungen Valencianers Vicente Guallart für einen terrassierten Berghang über einer Tiefgarage in Denia. Er belegt aber auch Spaniens wichtige Position auf dem Gebiet der zeitgenössischen Landschaftsarchitektur, die in jüngster Zeit vermehrt das Zusammenspiel von harten architektonischen Elementen mit einer teilweise naturbelassenen Pflanzenwelt auslotet. Nach der in den Steilhang von Toledo eingekerbten Rolltreppenrampe von Martínez Lapeña & Torres Tur ist der Ereta-Park das vielleicht konsequenteste Beispiel dieses Trends, wobei hier die gestalterischen Elemente von Licht und Schatten, Architektur und Natur durch einen strengen, der französischen Tradition verpflichteten Formalismus noch verstärkt werden.
Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung
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