Bauwerk
Burgarena Reinsberg
Johannes Zieser - Reinsberg (A) - 1999
23. Oktober 2007 - ORTE
Zwischen Gresten und Scheibbs erhebt sich auf bewaldeter Anhöhe die Ruine Reinsberg. Ihre ältesten Teile datieren aus dem 11. Jahrhundert, jüngste Zu- bauten von Ende des zwanzigsten. Aus kulturhistorischer Sicht sollte eine Ruine über eine möglichst lange Zeitspanne »Zerfall« darstellen. Geschickte Sicherungsmaßnahmen zerdehnen daher den ohnedies ablaufenden Prozess mit angemessenem Aufwand, ohne aber jene Anzeichen zu zerstören, die den Besuchern den historischen Charakter in selbstverständlicher Weise vermitteln. Der Wille, etwas mit der Ruine anzufangen, fokussierte sich anfangs im Verein »Heimatbühne«. 1997 erwarb dann die Gemeinde Ruine samt Burgkogel von den österreichischen Bundesforsten. In freiwilliger Arbeit wurden Bäume und Buschwerk gerodet, Gewölbe gesichert, Schutzwege gebaut, die Anlage vermessen und der alte Getreidespeicher beim Burgtor, der erst um 1900 zerfallen war, erneuert. Entscheidend für den heutigen Charakter der Anlage war jedoch der Beizug eines qualifizierten Architekten. Für die Nutzung als Ausflugsziel und regionaler Freiluftveranstaltungsort schlug dieser mehrere Elemente vor: ein neues Infrastrukturgebäude, eine Bühne samt Sitzreihen und die Applikation einer Loggienzeile an sowie die Einrichtung einer Aussichtsplattform auf dem ehemaligen Pallas, dem höchsten und ältesten Teil der Burg. Die Besonderheit und weithin sichtbares Neubauteil ist jedoch das beweglich von einem stationären Autokran abgehängte elliptische Dach, das im unteren Burghof nach Wunsch Bühne, Zuschauerplätze oder Tisch- und Bankreihen einer Festgemeinde vor leichten Regenschauern, aber auch vor harter Mittagssonne zu schützen vermag. Alle Maßnahmen, vom Konzept bis zu den Details, profitieren von der geschichtsmächtigen Kraft der alten Gemäuer, interpretieren Teile der Anlage neu für den heutigen Gebrauch und gewinnen daraus architektonische Spannung und Qualität. Damit ist die Ruine Reinsberg beispielhaft für einen zeitgemäßen architektonischen Umgang mit dieser Art historischer Substanz. Der in die Gesamtkonzeption integrierte Kran mag zudem daran erinnern, dass der Bauprozess nie abgeschlossen ist. Walter Zschokke
Für den Beitrag verantwortlich: ORTE architekturnetzwerk niederösterreich
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