Bauwerk
Skulpturierter Raum
Holger Kleine - Berlin (D) - 2002
Reich modellierter Innenraum
Ein unkonventionelles Haus des Berliner Architekten Holger Kleine
1. April 2005 - Carsten Krohn
Das Haus wirkt wie aus einem elastischen Material geknetet. Gebogene und gewellte Wände umhüllen wie massgeschneidert die komplexen Bewegungsbahnen der Bewohner. Bemerkenswerterweise liess der Bauherr, ein Philosoph, dem Architekten in gestalterischer und finanzieller Hinsicht freie Hand. Dies ist nicht zuletzt deswegen erstaunlich, weil der Entwerfer zuvor noch keine eigenen Häuser gebaut hatte. Wie viele junge Architekten in Berlin sah sich auch Holger Kleine am Anfang seiner Karriere mit einem Problem konfrontiert. Bauaufträge erhalten meist nur diejenigen, die sich bereits durch realisierte Bauten auszeichnen. Diesem Dilemma entging er, indem er in Eigenregie zu bauen begann. Er wandelte nicht nur seine eigene Wohnung radikal um in ein dramatisches, organisch geschwungenes Gebilde, sondern legte auch Nachbarwohnungen zusammen, zog farbige Wände ein, durchlöcherte sie eigenwillig und formte so das Innere eines alten Mietshauses wie eine Plastik um.
Seit seinem Studium an der Cooper Union in New York wusste Kleine, dass die architektonische Qualität nicht vom Bauvolumen abhängt. Mit der Umgestaltung der legendären New Yorker Kunst- und Architekturschule hatte der dort lehrende John Hejduk demonstriert, dass durch das Einpflanzen eines neuen Hauses in ein altes Gebäude eine eigenständige Architektur geschaffen werden kann. Auch wenn eine Architekturzeitschrift die Publikation von Kleines Umbauten als zu designlastig ablehnte, entfalten seine Räume eine magische Anziehungskraft. Mit jeder fertiggestellten Wohnung konnten jedenfalls weitere Bauherren gewonnen werden. Ausgehend von einem entwerferischen Anspruch, wie er ihn von seiner Mitarbeit im Büro Peter Eisenmans her kannte, investierte er jahrelang viel Zeit in seine kleinen Projekte. Diese mussten wirtschaftlich nicht tragfähig sein, da Kleine aufgrund seiner Lehrtätigkeit an der TU Berlin finanziell abgesichert war.
Einen Durchbruch bedeutete der Umbau eines Apartments in der obersten Etage eines Pariser Hochhauses. Beauftragte ihn doch die dort lebende Familie mit dem Bau eines Hauses an einem See. Das nun fertiggestellte Haus gleicht einem Labyrinth. Die abgerundeten Räume öffnen sich mit ihren Türen nicht nur nach innen und aussen, sondern durch Oberlichter auch zum Himmel. Über sich anschmiegende Treppen und Terrassen kann das Haus durchwandert werden, wobei eine inszenierte Abfolge von Enge und Weite die Architekturerfahrung zu einem Erlebnis werden lässt. Trotz seiner barocken Dynamik und Bewegtheit wirkt der winzige Bau minimalistisch und ruhig zugleich. Anders als die modische, computergenerierte Bubble-Architektur, die in amorphen Blasen und Wucherungen eine Unabhängigkeit von der alltäglichen Nutzung zu beanspruchen scheint, versteht sich dieses Haus als präziser Ausdruck des Bewegungsraums der Bewohner, den es umschliesst.
Holger Kleine entwirft im Modell. Erst durch das Testen unzähliger Varianten werden wie in einem industriellen Optimierungsprozess Annäherungen an eine ausgewogene Lösung erreicht. Im ständigen Experimentieren werden die Resultate dann in Einklang mit geometrischen Systemen gebracht, um eine ausgegorene Gestaltung zu erzielen. Die gleiche Energie investierte er jüngst in den Wettbewerb für die neue deutsche Botschaft in Warschau. Auch hier wellen sich die Wände, als wären sie weich. Darüber hinaus ist der repräsentative Bau als Einheit mit der umgebenden Parklandschaft konzipiert. Fassaden sollen von Pflanzen berankt sein, und die Rasenfläche soll über eine geschwungene Rampe bis an die obere Etage herangeführt werden. Unter den Hunderten von eingereichten Entwürfen war dieser wohl der einzige, der sich die Musik von Chopin als Vorbild nahm. Da bereits das Modell diese Stimmung vermitteln konnte, setzte sich der Architekt schliesslich im Wettbewerb durch und erhielt im vergangenen Jahr den Bauauftrag.
Seit seinem Studium an der Cooper Union in New York wusste Kleine, dass die architektonische Qualität nicht vom Bauvolumen abhängt. Mit der Umgestaltung der legendären New Yorker Kunst- und Architekturschule hatte der dort lehrende John Hejduk demonstriert, dass durch das Einpflanzen eines neuen Hauses in ein altes Gebäude eine eigenständige Architektur geschaffen werden kann. Auch wenn eine Architekturzeitschrift die Publikation von Kleines Umbauten als zu designlastig ablehnte, entfalten seine Räume eine magische Anziehungskraft. Mit jeder fertiggestellten Wohnung konnten jedenfalls weitere Bauherren gewonnen werden. Ausgehend von einem entwerferischen Anspruch, wie er ihn von seiner Mitarbeit im Büro Peter Eisenmans her kannte, investierte er jahrelang viel Zeit in seine kleinen Projekte. Diese mussten wirtschaftlich nicht tragfähig sein, da Kleine aufgrund seiner Lehrtätigkeit an der TU Berlin finanziell abgesichert war.
Einen Durchbruch bedeutete der Umbau eines Apartments in der obersten Etage eines Pariser Hochhauses. Beauftragte ihn doch die dort lebende Familie mit dem Bau eines Hauses an einem See. Das nun fertiggestellte Haus gleicht einem Labyrinth. Die abgerundeten Räume öffnen sich mit ihren Türen nicht nur nach innen und aussen, sondern durch Oberlichter auch zum Himmel. Über sich anschmiegende Treppen und Terrassen kann das Haus durchwandert werden, wobei eine inszenierte Abfolge von Enge und Weite die Architekturerfahrung zu einem Erlebnis werden lässt. Trotz seiner barocken Dynamik und Bewegtheit wirkt der winzige Bau minimalistisch und ruhig zugleich. Anders als die modische, computergenerierte Bubble-Architektur, die in amorphen Blasen und Wucherungen eine Unabhängigkeit von der alltäglichen Nutzung zu beanspruchen scheint, versteht sich dieses Haus als präziser Ausdruck des Bewegungsraums der Bewohner, den es umschliesst.
Holger Kleine entwirft im Modell. Erst durch das Testen unzähliger Varianten werden wie in einem industriellen Optimierungsprozess Annäherungen an eine ausgewogene Lösung erreicht. Im ständigen Experimentieren werden die Resultate dann in Einklang mit geometrischen Systemen gebracht, um eine ausgegorene Gestaltung zu erzielen. Die gleiche Energie investierte er jüngst in den Wettbewerb für die neue deutsche Botschaft in Warschau. Auch hier wellen sich die Wände, als wären sie weich. Darüber hinaus ist der repräsentative Bau als Einheit mit der umgebenden Parklandschaft konzipiert. Fassaden sollen von Pflanzen berankt sein, und die Rasenfläche soll über eine geschwungene Rampe bis an die obere Etage herangeführt werden. Unter den Hunderten von eingereichten Entwürfen war dieser wohl der einzige, der sich die Musik von Chopin als Vorbild nahm. Da bereits das Modell diese Stimmung vermitteln konnte, setzte sich der Architekt schliesslich im Wettbewerb durch und erhielt im vergangenen Jahr den Bauauftrag.
Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung
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