Eine Überraschung – auch im Pustertal zeigt sich ein Silberstreif am Horizont touristischer Architektur. Die kleine Pension als erweitertes Haus einer Familie bot in den Alpentälern immer schon eine günstige und individuelle Alternative zu den großen Hotelzentren – zumeist allerdings mit eher anspruchsloser Haltung zu Architektur und Möblierung. Das transformierte und erweiterte Haus in Sillian zeigt nun vorbildlich, wie ein solches, in Tirol durchaus weit verbreitetes Thema zukunftsfähig interpretiert werden kann.

Ein stereotyper Altbau, in dem die Bauherren nach wie vor wohnen, wurde mit gut gesetzten Eingriffen modernisiert und das Erdgeschoß als Speisesaal und Kamin-Lobby großzügig geöffnet. Nach Süden wurde der Bestand um eine Terrasse ergänzt, die zum westlichen Nachbarhaus mit einem Verbindungsgang sowie zur Straße mit dem flachen Zubau für acht Hotelzimmer abgeschirmt ist. Damit entstand eine gleichsam mediterane Raumsequenz zwischen Innen und Außen rund um einen intimen Atriumhof. Unter dem leicht übers Terrain gehobenen Zimmertrakt ist ein gut belichtetes Parkdeck eingeschoben und unter dem Atrium ein Sauna- und Wellnessbereich „eingegraben“, der von zwei Seiten natürlich belichtet ist und sich an der Westseite auf einen vom Nachbargrund abgeböschten Freibereich hin öffnet. Sehr beachtlich auch die einfache, in allen Materialien und Details durchdachte, stimmige Möblierung, speziell in den Doppelzimmern.

Es ist zu wünschen, dass erfolgreiche moderne Beispiele wie dieses Schule machen, dass sie Impulse geben für den nötigen Relaunch der vielen vorhandenen Familien-Pensionen, und dass sie auch Mut geben für mehr Kooperation solcher Kleinbetriebe in „Netzwerken“, um sie gegenüber den Großbetrieben konkurrenzfähiger zu machen.

(Jurytext aus: BTV Bauherrenpreis für Tirol 2005; Otto Kapfinger, Michel Pech, Much Untertrifaller)