Bauwerk
Wohnanlage Mühlgrundweg - Bauteil Katzberger
Architekt Katzberger - Wien (A) - 1992
Neues Leben an den Rändern
Die Bauten von Karin Bily & Paul Katzberger am Mühlgrundweg in Wien-Donaustadt: städtische Wohnhäuser an der Peripherie, die ihre Umgebung nicht zerstören, sondern weiterwirken lassen.
4. November 1995 - Margit Ulama
Spricht man vom aktuellen Wiener Wohnbau, so evoziert man als Ort sogleich die Peripherie der Stadt, unter anderem die Bezirke jenseits der Donau. Während dort die Bautätigkeit floriert, hat auf theoretischer Ebene der Diskurs zum Thema Peripherie seinen Höhepunkt überschritten und sich auf die Frage nach der nötigen Urbanität einer Siedlung am Rand der Stadt verlagert. Die zahlreichen neuen Wohnanlagen und Siedlungen in diesem Gebiet umkreisen das Thema gleichsam und beantworten es auf jeweils eigene Art.
Die Frage nach dem dort notwendigen städtischen Charakter resultiert aus der Ambivalenz, daß eine Siedlung an der Peripherie zwar noch zur Stadt gehört, aber nicht „Stadt“ im eigentlichen Sinn sein kann, definiert sich jener Randbereich doch im zufälligen Nebeneinander von Wohnhäusern, Feldern, Stadtautobahnen und Gstetten.
Kann für eine Siedlung in solch einem Gebiet Urbanität, ein Platz, eine Mitte, tatsächlich grundlegend sein? Ist die Siedlungsstruktur nicht zu locker für einen Platz im städtischen Sinn, der eine gewisse Frequenz der Bewegung braucht und dem unterschiedliche Funktionen zugeordnet werden sollten, um das primäre Wohnen zu ergänzen? Oder ist eine städtische Struktur im herkömmlichen Sinn nicht einfach eine traditionelle Kategorie, die für die gegenwärtigen Entwicklungen keine Gültigkeit mehr hat?
Jedenfalls erweist es sich als unlogisch, die Idee der Stadt mit einem Platz und einer Mitte auf ein nichtstädtisches Gebiet zu übertragen. Trotzdem strahlt die Siedlung Biberhaufenweg, Mitte der achtziger Jahre als Prototyp eines „städtischen Versuchs“ mit Platz, Anger und Gasse als Grundlage des Konzepts gebaut, heute eine positive Atmosphäre aus. Doch Urbanität oder einen eigentlichen Platz findet man auch hier nicht. Das, was als solcher bezeichnet wurde, ist eher ein baulich klar definierter, begrünter Außenraum.
Die Antwort auf das spezifische Konzept dieser Siedlung folgte Anfang der neunziger Jahre in nächster Nähe. Die annähernd parallelen Zeilen der Siedlung Pilotengasse stellen eine pure Reihung von Wohneinheiten dar, Geschlossenheit oder ein Zentrum wird durch die leichte Krümmung der Zeilen nur angedeutet. Was lapidar formuliert ist, zeigt sich als adäquater Gestus am Stadtrand, und anstelle der Frage nach Urbanität an der Peripherie erweist sich wohl jene nach räumlicher Strukturierung und Differenzierung als produktiver.
Nicht weit entfernt von diesen beiden beschriebenen Siedlungen wurde kürzlich am Mühlgrundweg eine Wohnhausanlage für die Genossenschaften „Neues Leben“ und „Wogem“ fertiggestellt (die weiteren Architekten sind Melicher, Schwalm-Theiss & Gressenbauer, Hilde Filas, Walter Stelzhammer und Bernd Wilda), deren Konzept eine Idee birgt, die quasi zwischen den genannten Beispielen liegt. Das Gebiet der Anlage, ein Quadrat mit etwas verzogenen Kanten, wird von einer Art Wohnstraße erschlossen, an der kleinere Bauten für Infrastruktureinrichtungen wie Geschäfte und Büros liegen und die außerdem der Zufahrt von Einsatz- und Müllfahrzeugen dient.
Diese Wohnstraße könnte für die Bewohner einen öffentlichen Bereich darstellen, der der peripheren Lage der Siedlung angemessen ist. Dort, wo sie im rechten Winkel auf die gebietsbegrenzende Straße trifft, nimmt der Bau für die Infrastruktur eine Pizzeria auf, die sich bereits jetzt, kurze Zeit nach der Fertigstellung der Anlage, zum lebendigen Punkt entwickelt hat. Daneben gibt es ein Kindertagesheim als notwendige Ergänzung.
Die Wohnbauten sind nun auf der restlichen verkehrsfreien Fläche gleichmäßig verteilt, kleinere Blöcke mit Wegen dazwischen, trotz der Vorgärten etwas eng und dicht. Die eigentliche Idee der Gesamtanlage – also die Wohnstraße mit ihrer Öffentlichkeit einerseits und die in Nordsüd- und Ostwestrichtung verteilten Wohnblöcke andererseits – erscheint als logisches Konzept für die periphere Lage.
Doch diese wohl erkennbare Idee ist nicht prägnant umgesetzt (der städtebauliche Entwurf stammt von Melicher, Schwalm-Theiss & Gressenbauer), die Wohnstraße hat zuwenig den Charakter einer Straße, die übrigen Bauten sind weder nach einem klaren orthogonalen Schema noch wirklich zufällig verteilt. Der öffentliche Bereich wird neben den Sonderbauten für die Infrastruktur nur durch die Asphaltierung hervorgehoben, und man vermißt die klare räumliche Differenzierung, die diesen Teil der Anlage vom restlichen unterscheiden würde.
Trotzdem entsteht insgesamt der Eindruck einer guten Wohnatmosphäre. Architektonischen Anspruch kombiniert mit ästhetischer Stringenz, also Logik, Präzision oder auch Klarheit, findet man besonders bei den beiden Wohnblöcken von Karin Bily und Paul Katzberger für die Genossenschaft „Neues Leben“. Verzierungen oder unmotivierte Elemente fehlen hier, der Entwurf gewinnt auf sachliche Weise seinen Ausdruck. Bily & Katzberger konzipierten einen langen, geraden und einen würfelförmigen Baukörper an der nordwestlichen Ecke der Anlage, die gemeinsam gegensätzliche Gestaltungsmöglichkeiten der Architektur vorführen, sowohl im Material und in den Oberflächen als auch in der Fassadengestaltung.
So ist der lange Baukörper traditionell gemauert und weiß verputzt, der Würfel hingegen verwendet das modernere Stahlbetonskelett mit Wärmedämmung und Aluminiumverkleidung. Letzteres ist im Wohnbau vielleicht etwas ungewohnt, die Assoziationen mögen in Richtung Bürobau gehen. Die Metallverkleidung, die durchgehenden Fenster und der schmale Sockel aus Glasbausteinen, die alle in einer Ebene liegen, bilden einen hermetischen Block mit vier gleichen Fassadenflächen. Bezüglich der Bewohner dieses Hauses denkt man an Singles oder Paare, und tatsächlich findet man hier durchgehend kleinere Wohnungen. Diese bestehen aus zwei oder drei aneinandergereihten, neutralen Räumen, die durch das allseitige Fensterband offener wirken, als dies mit üblichen Fenstern der Fall wäre.
Genauso konsequent wie in diesem Baukörper das Fensterband sind im anderen die vertikalen, bis zum Boden reichenden Einzelfenster verwendet. Sie rhythmisieren den Bau und führen im Inneren zu einem besonderen Raumeindruck, gerade bei den großen Wohn- und Eßräumen mit vier solchen Elementen. Der Blick nach außen ist weit, erfaßt die Nähe und geht in die Ferne. Anders verhält es sich beim Fensterband, das einen horizontalen Panoramablick bietet.
Diese gegensätzlichen Elemente, die im frühen 20. Jahrhundert eine heftige Kontroverse provozierten, führen Bily & Katzberger in der zeitlichen Distanz als Möglichkeiten vor. Sowohl das einzelne vertikale als auch das durchgehende horizontale Fenster erweisen sich in den beiden Wohnbauten als praktikabel und verleihen diesen einen spezifischen Ausdruck.
Bily & Katzberger bewegen sich in der Tradition der Moderne, die heute von unterschiedlichen Architekten eine neue Interpretation erfährt. Während in den Fensterformen gegensätzliche Positionen gleichsam vorgeführt werden, nimmt die eine Fassade an der Stirnseite mit ihren schmalen, liegenden Öffnungen und den Fenstern in Form von Bullaugen direkt die Ästhetik der zwanziger Jahre und die damals aktuelle Schiffsmetaphorik auf.
Doch wie präsentieren sich die Wohnbauten dem unmittelbaren Benutzer oder Bewohner? Die Architekten konnten trotz der beschränkten Möglichkeiten im sozialen Wohnbau eine anspruchsvolle Gestaltung der Treppenhäuser realisieren. Besonders die Erschließung im Zentrum des kleineren Baukörpers besticht durch ihre nüchterne Eleganz, die durch die schwarzen Kunststeinplatten, die weißen Wände und die grauen Metallgeländer entsteht.
Als kleinen Gag gibt es nebeneinander zwei unabhängige Treppenläufe, über die jeweils eine Haushälfte erreicht wird. Man kann also nicht direkt zum Nachbarn gegenüber, sondern muß nach unten, die richtige Treppe nehmen und wieder hinauf. Um die Treppen liegen die Bäder und Toiletten der Wohnungen mit Vorraum und Eingang, und dieser Bereich hängt jeweils wie ein Appendix an der Raumflucht entlang der Fassade. Eine großzügige Terrasse mit einem eigenen, kleinen Vorraum findet man für jede Wohnung im letzten Geschoß.
Im anderen Bau gibt es größere Wohnungen, alle mit Loggia, die meisten durchgehend von der einen Seite des Baukörpers bis zur anderen, also nach Westen und Osten orientiert. Die Grundrisse spielen hier mit Enge und Weite, das heißt, man hat die Vorräume teilweise recht knapp bemessen, um die tatsächlichen Räume größer konzipieren zu können und auch um sie durch den Gegensatz größer erscheinen zu lassen.
Durch die rigiden gesetzlichen Bestimmungen müssen die Vorräume durch Türen abgetrennt werden, wodurch manchmal äußerst enge Stellen entstehen. Einige Bewohner ließen daher – ganz im Sinne der Architekten – eine Türe einfach weg. Es bleibt ein offener, trotzdem aber räumlich erfahrbarer Vorraum. Eine andere Idee der Architekten war es, die verschiedenen Zimmer der Wohnung durch zwei Türen zu erschließen, sodaß Wege im Sinne von Rundgängen möglich werden. Und jede Loggia ist, als weiteres Detail, durch ein großes Schiebeelement aus Glas abtrennbar. Man kann also zwischen einer offenen Terrasse und einem Wintergarten wählen.
Bei den einfach und zugleich vielfältig konzipierten Wohnbauten von Bily & Katzberger entdeckt man dann plötzlich doch Urbanität, die aber der Umgebung entspricht. Durch die klare Gestaltung, durch die gleiche Reihung einer Vielzahl von Wohnungen entsteht nämlich der Eindruck von Anonymität, und gerade das entspricht dem Charakter einer Stadt. Indem die Bauten aber gleichzeitig einfach auf der Wiese stehen, lassen sie die Umgebung als solche bestehen, sie lassen die Peripherie in ihrem spezifischen heterogenen Ausdruck unverändert.o: ORF
Die Frage nach dem dort notwendigen städtischen Charakter resultiert aus der Ambivalenz, daß eine Siedlung an der Peripherie zwar noch zur Stadt gehört, aber nicht „Stadt“ im eigentlichen Sinn sein kann, definiert sich jener Randbereich doch im zufälligen Nebeneinander von Wohnhäusern, Feldern, Stadtautobahnen und Gstetten.
Kann für eine Siedlung in solch einem Gebiet Urbanität, ein Platz, eine Mitte, tatsächlich grundlegend sein? Ist die Siedlungsstruktur nicht zu locker für einen Platz im städtischen Sinn, der eine gewisse Frequenz der Bewegung braucht und dem unterschiedliche Funktionen zugeordnet werden sollten, um das primäre Wohnen zu ergänzen? Oder ist eine städtische Struktur im herkömmlichen Sinn nicht einfach eine traditionelle Kategorie, die für die gegenwärtigen Entwicklungen keine Gültigkeit mehr hat?
Jedenfalls erweist es sich als unlogisch, die Idee der Stadt mit einem Platz und einer Mitte auf ein nichtstädtisches Gebiet zu übertragen. Trotzdem strahlt die Siedlung Biberhaufenweg, Mitte der achtziger Jahre als Prototyp eines „städtischen Versuchs“ mit Platz, Anger und Gasse als Grundlage des Konzepts gebaut, heute eine positive Atmosphäre aus. Doch Urbanität oder einen eigentlichen Platz findet man auch hier nicht. Das, was als solcher bezeichnet wurde, ist eher ein baulich klar definierter, begrünter Außenraum.
Die Antwort auf das spezifische Konzept dieser Siedlung folgte Anfang der neunziger Jahre in nächster Nähe. Die annähernd parallelen Zeilen der Siedlung Pilotengasse stellen eine pure Reihung von Wohneinheiten dar, Geschlossenheit oder ein Zentrum wird durch die leichte Krümmung der Zeilen nur angedeutet. Was lapidar formuliert ist, zeigt sich als adäquater Gestus am Stadtrand, und anstelle der Frage nach Urbanität an der Peripherie erweist sich wohl jene nach räumlicher Strukturierung und Differenzierung als produktiver.
Nicht weit entfernt von diesen beiden beschriebenen Siedlungen wurde kürzlich am Mühlgrundweg eine Wohnhausanlage für die Genossenschaften „Neues Leben“ und „Wogem“ fertiggestellt (die weiteren Architekten sind Melicher, Schwalm-Theiss & Gressenbauer, Hilde Filas, Walter Stelzhammer und Bernd Wilda), deren Konzept eine Idee birgt, die quasi zwischen den genannten Beispielen liegt. Das Gebiet der Anlage, ein Quadrat mit etwas verzogenen Kanten, wird von einer Art Wohnstraße erschlossen, an der kleinere Bauten für Infrastruktureinrichtungen wie Geschäfte und Büros liegen und die außerdem der Zufahrt von Einsatz- und Müllfahrzeugen dient.
Diese Wohnstraße könnte für die Bewohner einen öffentlichen Bereich darstellen, der der peripheren Lage der Siedlung angemessen ist. Dort, wo sie im rechten Winkel auf die gebietsbegrenzende Straße trifft, nimmt der Bau für die Infrastruktur eine Pizzeria auf, die sich bereits jetzt, kurze Zeit nach der Fertigstellung der Anlage, zum lebendigen Punkt entwickelt hat. Daneben gibt es ein Kindertagesheim als notwendige Ergänzung.
Die Wohnbauten sind nun auf der restlichen verkehrsfreien Fläche gleichmäßig verteilt, kleinere Blöcke mit Wegen dazwischen, trotz der Vorgärten etwas eng und dicht. Die eigentliche Idee der Gesamtanlage – also die Wohnstraße mit ihrer Öffentlichkeit einerseits und die in Nordsüd- und Ostwestrichtung verteilten Wohnblöcke andererseits – erscheint als logisches Konzept für die periphere Lage.
Doch diese wohl erkennbare Idee ist nicht prägnant umgesetzt (der städtebauliche Entwurf stammt von Melicher, Schwalm-Theiss & Gressenbauer), die Wohnstraße hat zuwenig den Charakter einer Straße, die übrigen Bauten sind weder nach einem klaren orthogonalen Schema noch wirklich zufällig verteilt. Der öffentliche Bereich wird neben den Sonderbauten für die Infrastruktur nur durch die Asphaltierung hervorgehoben, und man vermißt die klare räumliche Differenzierung, die diesen Teil der Anlage vom restlichen unterscheiden würde.
Trotzdem entsteht insgesamt der Eindruck einer guten Wohnatmosphäre. Architektonischen Anspruch kombiniert mit ästhetischer Stringenz, also Logik, Präzision oder auch Klarheit, findet man besonders bei den beiden Wohnblöcken von Karin Bily und Paul Katzberger für die Genossenschaft „Neues Leben“. Verzierungen oder unmotivierte Elemente fehlen hier, der Entwurf gewinnt auf sachliche Weise seinen Ausdruck. Bily & Katzberger konzipierten einen langen, geraden und einen würfelförmigen Baukörper an der nordwestlichen Ecke der Anlage, die gemeinsam gegensätzliche Gestaltungsmöglichkeiten der Architektur vorführen, sowohl im Material und in den Oberflächen als auch in der Fassadengestaltung.
So ist der lange Baukörper traditionell gemauert und weiß verputzt, der Würfel hingegen verwendet das modernere Stahlbetonskelett mit Wärmedämmung und Aluminiumverkleidung. Letzteres ist im Wohnbau vielleicht etwas ungewohnt, die Assoziationen mögen in Richtung Bürobau gehen. Die Metallverkleidung, die durchgehenden Fenster und der schmale Sockel aus Glasbausteinen, die alle in einer Ebene liegen, bilden einen hermetischen Block mit vier gleichen Fassadenflächen. Bezüglich der Bewohner dieses Hauses denkt man an Singles oder Paare, und tatsächlich findet man hier durchgehend kleinere Wohnungen. Diese bestehen aus zwei oder drei aneinandergereihten, neutralen Räumen, die durch das allseitige Fensterband offener wirken, als dies mit üblichen Fenstern der Fall wäre.
Genauso konsequent wie in diesem Baukörper das Fensterband sind im anderen die vertikalen, bis zum Boden reichenden Einzelfenster verwendet. Sie rhythmisieren den Bau und führen im Inneren zu einem besonderen Raumeindruck, gerade bei den großen Wohn- und Eßräumen mit vier solchen Elementen. Der Blick nach außen ist weit, erfaßt die Nähe und geht in die Ferne. Anders verhält es sich beim Fensterband, das einen horizontalen Panoramablick bietet.
Diese gegensätzlichen Elemente, die im frühen 20. Jahrhundert eine heftige Kontroverse provozierten, führen Bily & Katzberger in der zeitlichen Distanz als Möglichkeiten vor. Sowohl das einzelne vertikale als auch das durchgehende horizontale Fenster erweisen sich in den beiden Wohnbauten als praktikabel und verleihen diesen einen spezifischen Ausdruck.
Bily & Katzberger bewegen sich in der Tradition der Moderne, die heute von unterschiedlichen Architekten eine neue Interpretation erfährt. Während in den Fensterformen gegensätzliche Positionen gleichsam vorgeführt werden, nimmt die eine Fassade an der Stirnseite mit ihren schmalen, liegenden Öffnungen und den Fenstern in Form von Bullaugen direkt die Ästhetik der zwanziger Jahre und die damals aktuelle Schiffsmetaphorik auf.
Doch wie präsentieren sich die Wohnbauten dem unmittelbaren Benutzer oder Bewohner? Die Architekten konnten trotz der beschränkten Möglichkeiten im sozialen Wohnbau eine anspruchsvolle Gestaltung der Treppenhäuser realisieren. Besonders die Erschließung im Zentrum des kleineren Baukörpers besticht durch ihre nüchterne Eleganz, die durch die schwarzen Kunststeinplatten, die weißen Wände und die grauen Metallgeländer entsteht.
Als kleinen Gag gibt es nebeneinander zwei unabhängige Treppenläufe, über die jeweils eine Haushälfte erreicht wird. Man kann also nicht direkt zum Nachbarn gegenüber, sondern muß nach unten, die richtige Treppe nehmen und wieder hinauf. Um die Treppen liegen die Bäder und Toiletten der Wohnungen mit Vorraum und Eingang, und dieser Bereich hängt jeweils wie ein Appendix an der Raumflucht entlang der Fassade. Eine großzügige Terrasse mit einem eigenen, kleinen Vorraum findet man für jede Wohnung im letzten Geschoß.
Im anderen Bau gibt es größere Wohnungen, alle mit Loggia, die meisten durchgehend von der einen Seite des Baukörpers bis zur anderen, also nach Westen und Osten orientiert. Die Grundrisse spielen hier mit Enge und Weite, das heißt, man hat die Vorräume teilweise recht knapp bemessen, um die tatsächlichen Räume größer konzipieren zu können und auch um sie durch den Gegensatz größer erscheinen zu lassen.
Durch die rigiden gesetzlichen Bestimmungen müssen die Vorräume durch Türen abgetrennt werden, wodurch manchmal äußerst enge Stellen entstehen. Einige Bewohner ließen daher – ganz im Sinne der Architekten – eine Türe einfach weg. Es bleibt ein offener, trotzdem aber räumlich erfahrbarer Vorraum. Eine andere Idee der Architekten war es, die verschiedenen Zimmer der Wohnung durch zwei Türen zu erschließen, sodaß Wege im Sinne von Rundgängen möglich werden. Und jede Loggia ist, als weiteres Detail, durch ein großes Schiebeelement aus Glas abtrennbar. Man kann also zwischen einer offenen Terrasse und einem Wintergarten wählen.
Bei den einfach und zugleich vielfältig konzipierten Wohnbauten von Bily & Katzberger entdeckt man dann plötzlich doch Urbanität, die aber der Umgebung entspricht. Durch die klare Gestaltung, durch die gleiche Reihung einer Vielzahl von Wohnungen entsteht nämlich der Eindruck von Anonymität, und gerade das entspricht dem Charakter einer Stadt. Indem die Bauten aber gleichzeitig einfach auf der Wiese stehen, lassen sie die Umgebung als solche bestehen, sie lassen die Peripherie in ihrem spezifischen heterogenen Ausdruck unverändert.o: ORF
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