Bauwerk

Haus Schmuck 2
Hans Gangoly - Graz (A) - 2005
Haus Schmuck 2, Foto: Paul Ott
Haus Schmuck 2, Foto: Paul Ott
9. Dezember 2005 - Az W
Eine „Villa Savoye en miniature“ am Hang? Eine schachtelförmige Wohnebene ist auf dünnen Stützen über das Terrain herausgehoben, zieht eine begehbare Diagonale vom Erdboden durchs Haus hindurch aufs Dach, das als Freiterrasse benutzt wird. Die Unterschiede – von der Dimension abgesehen – sind dennoch beträchtlich, auch wenn das „Spiel“ mit dem Klassiker der modernen Land-Villen als Hintergrund präsent bleibt. Der Erdboden ist hier – im Gegensatz zur bloßen Rangierfläche bei Le Corbusier – sehr intensiv als nutzbare Freifläche konzipiert, vom Haus überdacht und beschattet, der Boden mit speziellen Moosen und Grassorten bepflanzt; zweitens ist die Schachtel nicht puristisch allseits gerahmt, sondern zur Westseite, zum Tal hin, fragmentiert, aufgebrochen mit zwei aus dem Prisma herausragenden Platten – Boden und Decke -, die einerseits den Wohnraum teleskopartig konkret ins Freie erweitern, andererseits der Atmosphäre im Innenraum einen bildhaft gefassten Außenraum optisch suggestiv zuschalten; drittens ist die große Wandkurve – bei Corbu im Sockel, für die Autos – hier als Windschirm (im Verlauf fast identisch zur Savoye) aufs Dach verschoben; schließlich die Diagonale, der innere Weg: Gangoly zieht da einen radikalen Schnitt senkrecht durch die wohnliche Sphären, eine kühne Durchdringung von Haus und Landschaft, und er zelebriert damit den Weg vom Wohnplateau hinunter zur Erde und hinauf zum Dach als Freitreppe. Auf der Wohnebene allseits mit Isoliergläsern umhüllt, dringt so der Freiraum, die „Natur“, mitten durchs Haus hindurch; Regen, Sonnen-, Mondlicht und Schnee fallen hier ungehindert durch. Es ist eine „Vitrine Natur“ im Haus, zugleich ein spiegelnder, virtueller Block, oder ein mehrfacher Sichtfilter von Glasebenen für den Durchblick im Innenraum. Und noch etwas: die Hausdecke ist eine innen roh gezeigte Betonplatte.

Als künstliche Beleuchtung sind 90 einfache Glühlampen in runde Aussparungen dieser Decke eingelassen. Ein „gestirnter Himmel“ im Haus also, in verschiedenen Teilen und Stufen regulierbar, jedoch nicht rational im Raster ausgeteilt, sondern in freier, chaotischer Geometrie. Nachts vervielfältigen sich die Lichtpunkte in den mehrfachen Spiegelungen und Widerspiegelungen der Stiegenverglasung, und die Zufallsmuster erhalten plötzlich Symmetrien... (Text: Otto Kapfinger)

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Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at

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