Bauwerk

Auditorium Grafenegg
Architekten Schulte-Ladbeck, A-SL, Dieter Irresberger - Grafenegg (A) - 2008
Auditorium Grafenegg, Foto: Alexander Eugen Koller
Auditorium Grafenegg, Foto: Alexander Eugen Koller
18. Mai 2008 - Az W
Ergänzend zum kunstvoll aus der Topographie des Grafenegger Schlossparks entwickelten Freiluftpavillon „Wolkenturm“ von the next ENTERprise / Land in Sicht (siehe gesonderten Eintrag), bereichert seit Mai 2008 das neue Auditorium zwischen Reitschule und Schlosstaverne das künstlerische Gesamtkonzept des Geländes. Das Auditorium ist integer in den Altbestand eingebunden, zugleich der Weite des Schlosspark zugewandt. Nur durch eine Glasfassade vom weitläufigen Grün der Parkanlage getrennt, kann man vom Foyer, vom Shop- und Ticketbereich zum gegenüber liegenden Wolkenturm blicken. Nicht nur aufgrund seiner Schlechtwettertauglichkeit kommt dem neuen Veranstaltungsort besondere Bedeutung zu: „Mit dem Auditorium wird das letzte noch fehlende Glied am Areal von Grafenegg eingesetzt. Wir verfügen jetzt über zwei ausgesprochen hochwertige Konzertbühnen inmitten eines paradiesischen Standortes. Die optische wie akustische Hochwertigkeit des Saals passt hervorragend zu unseren hochkarätigen Künstlern“, so Rudolf Buchbinder, künstlerischer Leiter von Musik-Festival und Musik-Sommer Grafenegg, der mit vielversprechendem Programm heuer in die zweite Konzertsaison startet.

Gewinner des 2006 durchgeführten Wettbewerbs für den Bau des Auditoriums waren die Dortmunder Architekten schröder schulte-ladbeck, die 2002 das Konzerthaus Dortmund errichtet hatten, das aufgrund seiner außergewöhnlichen Akustik von Anfang an in die „Premiumklasse“ der weltweiten Konzerthäuser aufgenommen wurde. Nach einem Bruch der Architektenpartnerschaft im September 2007 wurde bei fortgeschrittenem Rohbau das Grafenegger Projekt von Dieter Irresberger gemeinsam mit dem Akustikbüro Müller-BBM (Karlheinz Müller und Michael Wahl) weitergeführt, das auch schon beim Wolkenturm die Akustikplanung durchgeführt hatte. Der Wiener Architekt Dieter Irresberger, langjähriger Partner von Wilhelm Holzbauer, konnte in das Auditorium-Projekt wertvolle Erfahrungen (etwa aus dem Bau des „Gläsernen Saals“ im Wiener Musikverein) einbringen und das Auditorium im Innenausbau zu einem souveränen Abschluss bringen. Bis zu 1.300 Personen fasst der Konzertsaal, der - in der Hülle eines unregelmäßigen Polyeders - die klassischen Proportionen eines Recktecksaals aufweist (obwohl es darin kaum einen rechten Winkel gibt). Die Sitzplätze sind auf drei Ebenen angeordnet (Parkett, Balkon und Galerie), wobei nur die letzten sechs Reihen im Parkett gestuft sind. Die helle Optik des Saales wird durch elfenbeinfarbenen polierten Kalksteinputz (nach alter venezianischer Technik) und Eichenholz geprägt. „Es müssen sich sowohl die Musiker als auch das Publikum wohlfühlen, das Innere des Saals muss auch mit dem Gesamtensemble Grafenegg stimmen“, erklärt Dieter Irresberger seine Entscheidung zur Farbgebung. Die akustisch modellierten Wandstrukturen und die silberfarbene Bestuhlung mit bordeauxroter Polsterung sorgen ohne effekthascherische Geste für eine feierliche Grundstimmung. Um die raumakustische Nachhallsituation zu verbessern, wurde auf eine Zwischendecke zum Dachraum verzichtet und der gesamte Dachraum in das raumakustisch wirksame Volumen integriert. Die schwarze, akustische elementierte Decke öffnet das „Instrument“ Konzertsaal nach oben. Die enge Zusammenarbeit zwischen Architekt und Akustikplaner war für die Verfeinerung des Projekts von großer Bedeutung. Sämtliche gestalterische Entscheidungen waren stets auch Entscheidungen im Dienste einer möglichst optimalen Akustik. So wurde beispielsweise der Textilbezug, ein Entwurf von Dieter Irresberger, extra für die Bestuhlung gewebt und seine Durchgangswerte im Akustiklabor gemessen. Was gut aussieht und dem Komfort des Publikums dient, muss sich in einem Konzertsaal auch klanglich bewähren. Von der Qualität dieser Architektur muss man sich also mit Augen UND Ohren überzeugen. (Text: Gabriele Kaiser)

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Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at

Akteure

Architektur

Bauherrschaft
Tassilo Metternich-Sándor

Fotografie