Bauwerk

Kupferhäuser
Hirsch Kupfer- und Messingwerke - diverse Standorte (D) - 1930
Kupferhäuser, Foto: Olaf Krüger
Kupferhäuser, Foto: Olaf Krüger

... in die Jahre gekommen

Obwohl zu ihrer Entstehungszeit mehrfach ausgezeichnet, sind die 1930 entwickelten Kupferhäuser der Hirsch Kupfer- und Messingwerke aus Eberswalde-Finow in Brandenburg heute weitgehend unbekannt. Wie kam es zu der Idee, Wohnhäuser in All-Kupfer-Bauweise aus vorgefertigten Elementen zu produzieren? Weshalb konnten sich die Häuser langfristig gesehen nicht durchsetzen? Und wie stellen sie sich heute dar?

2. Januar 2006 - Ulrike Kunkel
Die jüdische Industriellenfamilie Hirsch aus Halberstadt hatte das am Finowkanal gelegene Messingwerk 1863 gekauft. Das Familienunternehmen war an verschiedenen Orten vertreten, die Planung und der Bau der Kupferhäuser erfolgte aber ausschließlich am Standort Eberswalde und war für die Hirsch Kupfer- und Messingwerke ein ganz neues Geschäftsfeld.

Die Experimente, vorfabrizierte Kupferhaus-Bauelemente zu entwickeln, begannen 1930, nachdem die Familie die Rechte an dem von Friedrich Förster und Robert Krafft erfundenen »Box-Frame-System« erworben hatte. Auf dessen Grundlage gingen Wandelemente - bestehend aus einem Holzrahmen mit Dämmung, einer Verkleidung aus geprägtem Stahlblech für die Innenseite und einer Kupferhaut für die Fassade - in Produktion; ergänzt durch Kupferbleche mit Rautenmuster für die Dachdeckung: leichte, einfach zu transportierende Bauelemente, für eine schnelle Montage und Demontage.

Die Musterhaussiedlung

Um die Häuser und verwendeten Materialien auf Wetterbeständigkeit und Wohnkomfort zu testen, wurden 1930/31 in Ergänzung der Werkssiedlung sieben Musterhäuser neben dem Messingwerk errichtet. Angestellte des Werks sollten dort »testwohnen«. Die Typenhäuser aus Kupfer erregten schnell Aufsehen, so dass bereits nach einer nur kurzen Erprobungsphase mit ihrer Vermarktung begonnen wurde: In einem Katalog von 1931 werden die sechs unterschiedlich großen Haustypen unter wohlklingenden Namen wie »Kupfercastell«, »Juwel« oder »Frühlingstraum« angeboten. Ein Haus sollte etwa 10 900 Reichsmark kosten und von sechs Arbeitern innerhalb von 24 Stunden aufgebaut werden können. Die Käufer genossen den Komfort einer komplett eingerichteten Küche sowie eingepasster Einbauschränke, fertig verlegter Elektroinstallationen, Sanitäranlagen und Zentralheizung. Anstelle von Tapeten standen für Wände und Decken sechs verschiedene Reliefmuster, geprägt auf Stahlblech, in Farben wie Nilgrün, Pastellblau oder Korallenrot zur Auswahl. Sehr bald wurden die Häuser in Berlin und anderen Teilen Deutschlands erfolgreich verkauft, am häufigsten waren die größeren Typen wie zum Beispiel das »Kupfercastell« gefragt.

Alle Kupferhäuser der Musterhaussiedlung, jedes liegt auf einer Einzelparzelle, sind noch erhalten; zwei allerdings durch neue Giebeldächer, Fenster und Fassadenverkleidungen derart überbaut, dass sich ihr ursprüngliches Erscheinungsbild nur noch erahnen lässt.

Die übrigen sind vor allem wegen ihrer prägnanten zwischen gold-braun und schwarz variierenden Kupferplatten-Fassaden gut zu erkennen. Das Kupferdach ist allerdings nur bei einem der Gebäude erhalten, von den Wandverkleidungen im Innern existiert so gut wie nichts mehr.

Obwohl die Kupferhäuser auf der »Internationalen Kolonialausstellung« 1931 in Paris mit dem »Gand Prix« geehrt wurden und spätestens seither auch international viel Beachtung fanden, wurde durchaus Kritik geäußert: So befürchtete man wegen der Metallwände einen Hitzestau und bemängelte die architektonische Qualität, die in den Augen einiger Architekten die moderne Architektur um dreißig Jahre zurückversetze. Zum prognostizierten Hitzestau kam es wohl nicht und insgesamt gesehen besitzt Kupfer natürlich einige Eigenschaften, die es für die Verwendung im vorfabrizierten Hausbau durchaus geeignet erscheinen lässt: zum Beispiel ein niedriges Eigengewicht sowie eine hohe Feuer- und gute Korrosionsbeständigkeit.

Zusammenarbeit mit Walter Gropius

Vielleicht nahmen sich die Verantwortlichen bei den Hirsch Kupfer- und Messingwerken die Kritik der »Bildhaftigkeit« ihrer Kupferhäuser durchaus zu Herzen; noch im Mai 1931 kam es jedenfalls zu einer Zusammenarbeit mit Walter Gropius, der mit der Überarbeitung und Weiterentwicklung der Häuser beauftragt wurde. Die wichtigsten Veränderungen, die Gropius an den Häusern vornahm, waren Aluminiumtafeln anstelle des Stahlblechs im Innenbereich, einfachere Eckverbindungen und ein verändertes optisches Erscheinungsbild. Ende 1931 wurde der erste »Gropius-Typ«, eine Abwandlung des bereits produzierten 3-Zimmer-K-Typen, in Eberswalde errichtet: Ein eingeschossiges Haus mit Zeltdach, an dem, im Gegensatz zu vielen anderen Häusern der Siedlung, über die Zeit relativ wenig verändert wurde und das als einziges noch das kupfergedeckte Dach besitzt. Inzwischen ist es, nachdem es einige Jahre leer stand, erfreulicherweise wieder bewohnt.

Auf der vom Berliner Stadtbaurat Martin Wagner ins Leben gerufenen Sommerausstellung »Sonne, Luft und Haus für alle« im Herbst 1931 in Berlin, präsentierte Gropius zwar noch zwei von ihm überarbeitete Kupferhäuser, doch beendeten die Hirsch Kupferwerke bald darauf die Zusammenarbeit. In den politisch und wirtschaftlich schwierigen Zeiten musste die eigens für die Entwicklung und Herstellung der Kupferhäuser gegründete Abteilung schließen, bevor das Geschäft richtig angelaufen war. Einer der Direktoren übernahm alle Rechte an den Kupferhäusern und gründete bald darauf die »Deutsche Kupferhausgesellschaft«. Die Pläne Gropius' fanden hier allerdings keine Aufnahme in den Angebotskatalog, man besann sich ganz auf die am Werk entwickelten Typen und verkaufte sie fortan unter dem Namen »Original-Hirsch-Haus«.

Der Verkauf um 1933

Durch die Auswanderungswelle deutscher Juden nach Palästina während der Herrschaft der Nationalsozialisten stieg der Bedarf an Wohnraum dort immens an und ebenso das Interesse an vorfabrizierten Häusern, die sich für den Export nach Palästina eigneten. Die Deutsche Kupferhausgesellschaft reagierte sofort und in ihren Prospekten tauchten fortan Kupferhaustypen mit den Namen »Haifa«, »Jerusalem« oder »Sharon« auf. Die Häuser basierten zwar auf den Typenhäusern von Eberswalde, wurden aber dem »traditionellen, romantischen Charakter von Palästina« angepasst. Den Unterlagen kann man entnehmen, dass es möglich war, den zweigeschossigen Typ »Haifa« in 34 Pakete zu verpacken, die ein Gesamtgewicht von 15 313 kg hatten. Ende 1933 waren die ersten von 14 Häusern in der Nähe von Tel Aviv und Haifa bezugsfertig. Aber auch innerhalb Deutschlands entstanden in dieser Zeit noch einige Kupferhäuser, 1933 zum Beispiel ein »Kupfercastell« in Berlin-Frohnau. Im Vergleich zu den Häusern in Eberswalde-Finow ist es in sehr gutem und vor allem recht unverfälschtem Zustand erhalten. Hier findet sich sogar in den meisten Zimmern, im Bad und in der Küche noch die ursprüngliche Wandverkleidung aus geprägten Stahlblechen - inzwischen natürlich mehrfach in verschiedenen Farben überstrichen. Auch sind sowohl die Kupferfassade als auch das Dach noch original erhalten. Die positiven Eigenschaften des Kupfers als Baumaterial haben sich durchaus gezeigt und die Versprechungen im Verkaufsprospekt bewahrheitet: »Bei fachgerechter Montage entstehen keine weiteren Kosten für Reinigung oder Anstriche der Kupferbauelemente«. Die Angabe einer nur 24-stündigen Aufbauzeit scheint hingegen etwas geschönt gewesen zu sein. Nachfahren des Bauherrn berichten jedenfalls, dass die Familie damals für drei Wochen in Urlaub gefahren sei.

teilen auf

Für den Beitrag verantwortlich: deutsche bauzeitung

Ansprechpartner:in für diese Seite: Ulrike Kunkelulrike.kunkel[at]konradin.de