Bauwerk

Grabdenkmal des 21. Jahrhunderts
www.fuerrot.at - Götzis (A) - 2002
Grabdenkmal des 21. Jahrhunderts, Foto: Andy Sillaber
Grabdenkmal des 21. Jahrhunderts, Foto: Andy Sillaber
30. Oktober 2002 - Az W
Mausoleen und Sepulkralbauten, aber auch schlichte Gräber bzw. Grabsteine sind seit Menschengedenken ein Thema der Architektur, das sich kulturellen Veränderungen nur sehr langsam anpasst. In unseren Breiten ist es seit Jahrhunderten üblich, die letzte Ruhestätte eines Menschen mit einem schmiedeeisernen Kreuz oder einem Grabstein aus Granit oder Marmor zu schmücken. Von Hand gemeißelt: Name, Geburts- und Sterbedatum; von Zeit zu Zeit wird ein Grablicht entzündet und das welke Laub vom Rosenstrauch gezupft.

Wie sehen Architektengräber aus? Wir erinnern uns: Adolf Loos hat den eigenen Grabstein im Form eines monolithischen Granitkubus selbst entworfen (man kann ihn am Wiener Zentralfriedhof in der Gruppe „Neue Arkarden rechts“ besichtigen), und Carlo Scarpa (dessen Entwurf der Brion-Grabstätte in Oberitalien noch heute jeden Besucher mit Ehrfurcht erfüllt) liess sich ein Kupferröhrchen in die Graberde in S. Vito stecken, damit seine Seele mühelos in den Himmel entweichen könne.
Nun hat ein Architektenteam aus Vorarlberg über die Zukunft unserer Gräberkultur nachgedacht und ein „Grabdenkmal des 21. Jahrhunderts“ ersonnen, das auf einem Friedhof in Götzis bereits einem Verstorbenen die letzte Ehre erweist.

Ein automatisiertes „ewiges Licht“ lässt die Grabstätte auch ohne aufwendige Wartung stets gepflegt erscheinen, die Reflexion des (einen herkömmlichen „Stein“ ersetzenden) Solarmoduls in der Oberfläche der Grabplatte (geätztes Edelstahlblech) erzeugt eine subjektive Tiefenwahrnehmung. Die Solarzellen, die in ihrer Anordnung ein Kreuz umschreiben, und eine langlebige Blei-Gel-Batterie betreiben eine LCD-Anzeige, die mit wechselnden Gedenk-Texten bespielt und immer wieder neu programmiert werden kann. Das erleuchtete Wasser im kubischen Weihwasserkessel stimmt auf das Gedenken an den Toten ein, eine Öffnung in der Grabplatte gibt den Blick auf die darunterliegenden Erde frei, aus der wiederum neues Leben entsteht. Klassische Symbole - Erde, Wasser, Licht - wurden in eine zeitgemässe Formensprache übersetzt, mit der die Architekten das Ende der „Steinzeit“ bekunden. (Text: Gabriele Kaiser)

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Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at

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