Bauwerk

Meditationshaus
Adolf Krischanitz - Wien (A) - 2006
Meditationshaus, Foto: Margherita Spiluttini
Meditationshaus, Foto: Margherita Spiluttini
24. August 2008 - Az W
Ist es ein Ateliergebäude, eine Kirche, ein Kunstpavillon? Die straßenseitige Westansicht mit geschlossener Sichtbetonfront und leicht symmetrieverschobenen Seitenachsen gibt über die Nutzung dieses Gebäudes in Wien-Hietzing kaum Aufschluss. Das zugehörige Bestandsgebäude, ein Wohnhaus in der nordöstlichen Ecke des Grundstücks, stammt aus den 1960er Jahren, zwischen Straße und Haus stand bislang ein Schuppen, der für den Neubau abgebrochen wurde. Da eine Nachverdichtung in diesem mit beachtlichen Villen (u.a. von Adolf Loos, Josef Frank etc.) bebauten Viertel nicht gestattet ist, kam für die Widmung des Neubaus nur eine Sondernutzung als Privatmuseum, als Musizier- oder Meditationshaus in Betracht. Seiner musisch-ludischen Zweckbestimmung/Zweckoffenheit entsprechend schlicht ist der Raumplan des Gebäudes angelegt, dessen Raffinesse sich erst nach und nach erschließt.

Der dem Wohnhaus zugewandte Eingang an der Ostseite des Sichtbetonbaus ist über eine kleine Vortreppe zu erreichen. Um nicht mit der Tür sogleich in den Hauptraum zu stürzen, betritt man zunächst einen über die gesamte Gebäudelänge geführten Gang, dessen raumzugewandte Seite mit einer zweischaligen Holzverkleidung (Akazie) semitransparent geschlossen ist. Durch das Rautenmuster dieses „Schleiers“ fällt zwar Licht, den Hauptraum dahinter kann man aber nur erahnen. Eine zweiarmige Treppe am Ende des Gangs führt hinauf ins Licht bzw. ins Souterrain hinab, wo Nebenräume wie Toiletten und Fitnesszimmer untergebracht sind. Das halb eingegrabene Untergeschoss ist auch außen über eine überdachte Rampe an der komplett geschlossenen Südseite des Gebäudes erschlossen. Die Nordfassade wurde mit goldfarben eloxierten Aluminiumfenstern geöffnet, der scheinbare Betonsockel darunter (hinter dem der Erschließungsgang liegt) schwebt wenige Zentimeter über dem Boden. Die beiden längsseitigen Gänge, an der Nordseite innen geführt, an der Südseite außen liegend, bilden im Hauptraum Podeste aus, die das Volumen in ein Mittelschiff mit zwei unterschiedlich belichteten Seitenflügeln gliedern. Das Mittelschiff erhält in der Höhendimension der Betonrippendecke, die in den Seitenflügeln flächig ausläuft, eine zusätzliche Differenzierung. Zwischen den Deckenrippen sind dünne Onyx-Platten angebracht, die das Licht der Downlights verfeinern. Dass solche Anklänge an Adolf Loos in der Architektur von Adolf Krischanitz nicht zum leblosen Zitat geraten, hat wohl mit ihrer überlegten Einbettung in neue Sinnzusammenhänge zu tun. Das verinnerlichte Erbe erweist sich auch in diesem Fall als tragfähiger als das bloß kopierte. (Text: Gabriele Kaiser)

teilen auf

Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at

Akteure

Architektur

Tragwerksplanung

Fotografie