Bauwerk

Haus an der Alten Donau
Anna Peyrer, Thomas Glaser - Wien (A) - 2004
Haus an der Alten Donau, Foto: Friedrich Achleitner
Haus an der Alten Donau, Foto: Friedrich Achleitner
Haus an der Alten Donau, Foto: Friedrich Achleitner
12. November 2006 - Az W
Es ist an sich schon ein Privileg, auf einem Grundstück zu leben, das an zwei Seiten von Wasser umgeben ist. Am Laberlweg in Wien-Donaustadt kommt zu den Reizen eines Naturraums am Ufer noch der Aspekt des Städtischen hinzu: kaiserwasserseitig liegt – flankiert von Resten dörflicher Strukturen - die UNO-City und die wachsende Silhouette der Donau City vor Augen, auf der Seite der unteren Alten Donau lässt sich zwischen den bodenberührenden Zweigen einer Weide das Strandbad Gänsehäufel (Entwurf: Max Fellerer & Eugen Wörle) erkennen, eine der überzeugendsten baulichen Leistungen der ersten Wiederaufbaujahre nach 1945.

Mündlichen Überlieferungen der Anrainer zufolge verdankt der Laberlweg seine Existenz dem Rotundenbrand der Wiener Messe im Jahre 1937, infolge dessen der nicht verwertbare Schlackenschutt hierher verfrachtet und eben diese kleine Landzunge zwischen Kaiserwasser und unterer Alten Donau aufgeschüttet wurde. Entlang des Laberlwegs entstand eine Zeile kleiner Badehütten, von denen die meisten heute längst zu ganzjährig bewohnbaren Häusern umgebaut oder gänzlich durch Neubauten ersetzt worden sind. Auch das vorliegende Projekt ist als Badehaus gewidmet, enthält im Kern Fragmente des Bestands (z.B. Kamin), geht aber in seiner strukturellen Entwicklung grundsätzlich über das Raumangebot eines Bade- oder Bootshauses hinaus. Eine wesentliche Maßnahme zum Raumgewinn bestand darin, das Kellergeschoss rundum vom Erdreich zu befreien und zu einem abgesenkten Garten zu öffnen. Diese weit gefasste Betonwanne sorgt bei nicht idealer Bodenbeschaffenheit in Wassernähe zudem für „trockene Füße“ und ermöglichte die natürliche Belichtung des als Atelier und Gästebereich genutzten Untergeschosses. Das Erdgeschoss des Hauses ist mit Küche, Ess- und Wohnbereich samt Leseerker die offene Mitte des Hauses, die Schlafebene mit Bad ganz oben bietet – so die Bauherren – liegenderweise den schönsten Blick aufs Wasser zu beiden Seiten.

Eine hohe Betonscheibe stützt und beschirmt das Haus an einer Längsseite, auch die kleineren Sichtbetonteile an der Fassade setzen der Offenheit des Gebäudes punktuell und explizit Grenzen. Der Kubus ist - in Referenz auf das eternitbekleidete Bestandsgebäude - in ein Schuppenkleid aus Schiefer gehüllt, ein Material, das im Haus als Bodenbelag erneut auftaucht. Aus dem schuppigen Körper des kleinen Gebäudes treten Fensteröffnungen unterschiedlichen Formats und „Identität“ plastisch hervor - ein schon von außen erkennbares Indiz für einen differenzierten (nicht nivellierenden) Umgang mit dem Tageslicht sowie der Gunst des Ausblicks. Jede dieser Öffnungen ist individuell und von innen her entwickelt, mal als Glaserker, mal als bündige Fläche ausgebildet, mal als Luke, mal als wandfüllendes Element. In diesem „dosierten“ Ansatz wird auch verständlich, warum das entwerfende Bauherrenpaar auf das visuelle Präsentierteller einer Dachterrasse verzichtet hat.

Der Eindruck der Stimmigkeit des Hauses und seine Verbundenheit mit dem Ort wird vielleicht noch durch den Umstand gesteigert, dass im Garten und im Haus überall Donauschottersteine liegen. Unter der künstlerischen Hand der Bauherrin verwandelt sich das gewöhnlichste Gestein in ein Individuum – buchstäblich mit Haut und Haar ... (Text: Gabriele Kaiser)

teilen auf

Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at

Akteure

Architektur