Bauwerk

Wohn- und Geschäftshaus
Burkard Meyer Architekten BSA - Baden (CH) - 2006

Vorhang auf!

16. Mai 2007 - Werner Huber
Der Schulhausplatz in Baden ist ein Resultat der Verkehrssanierung der Sechzigerjahre. Damals verlegte man die Bahnlinie in einen neuen Tunnel und baute das alte Trassee samt Eisenbahntunnel zur Hauptstrasse um. Dieser verkehrstechnische Befreiungsschlag hinterliess im Stadtbild Wunden, die erst vierzig Jahre später allmählich verheilen. Dazu gehört auch das Falken-Areal. Der einstige Gasthof fiel schon in den Sechzigern der über- und unterirdischen Verkehrsmaschine des Schulhausplatzes zum Opfer, die Brauerei überlebte etwas länger. Anläufe, das Areal neu zu bebauen, scheiterten zahlreich: an der schwierigen Situation, an der ungünstigen Erschliessung, am Lärm der überlasteten Kreuzung, an fehlenden Investoren. Der jüngste Anlauf, noch unter Denner als damaligem Arealbesitzer begonnen, war von Erfolg gekrönt. Auf die heterogene Umgebung mit der Altstadt an der einen Ecke der Kreuzung, dem klassizistischen Schulhaus an der anderen Ecke und dem Gemisch von Sechzigerjahre-Geschäftshäusern und vorstädtischer Bebauung entlang der Mellingerstrasse reagierten die Architekten von Burkard, Meyer mit einer grossen plastischen Figur. Deren unregelmässiger Grundriss widerspiegelt in den unteren Geschossen die Randbedingungen mit einer öffentlichen Strasse im rückwärtigen Bereich, dem Bahntunnel dahinter und dem Velotunnel, der den Schulhausplatz in weitem Bogen unterfährt. In den oberen Geschossen löst sich der Baukörper von den Vorgaben im Baugrund und inszeniert sich im Stadtraum. Nach über vierzig Jahren hat der grossflächige Schulhausplatz endlich ein Pendant in der dritten Dimension erhalten. Der Platz bleibt zwar eine Verkehrsmaschine (daran werden auch die geplanten Umbauten nichts ändern), aber nun ist die Fläche gebunden und ufert nicht mehr nach allen Seiten aus. Das grosse, auf einem Ladensockel stehende Volumen ist im Innern zweigeteilt: Das Bezirksgericht und Büros belegen die drei unteren Geschosse, in den beiden obersten Stockwerken gibt es 14 Maisonettewohnungen. Der Kern des Hauses ist ein Hof, der die Büros mit Licht versorgt und sich oben zum grossen Eingangshof der Wohnungen weitet. Die innere Ordnung folgt dem fast orthogonalen Hof, was zu schräg angeschnittenen Räumen an den Fassaden führt. Aus dem umlaufenden Bürokorridor gibt es immer wieder Ausblicke auf die Strasse und in den Hof. Der holzbeplankte Eingangshof im vierten Obergeschoss ist der kollektive Aussenraum der Wohnungen. Gemeinsam ist den Büro- und Wohngeschossen die raumhaltige Glasfassade. Deren innere Schicht bildet die Klima- und Schallgrenze und lässt sich nur in den Wohnungen öffnen; die äussere Glashaut ist fix und hinterlüftet. Im Zwischenraum hängen raumhohe Vorhänge als Sonnenschutz. Deren zweischichtige Stoffbahnen – ein grobes Gewebe aussen, ein metallbedampftes innen – kontrastieren mit dem kantigen Glaskörper und bringen etwas Theater-atmosphäre auf den Schulhausplatz.

teilen auf

Für den Beitrag verantwortlich: hochparterre

Ansprechpartner:in für diese Seite: Roderick Hönighoenig[at]hochparterre.ch

Akteure

Architektur

Bauherrschaft
Pensionskasse des Bundes Publica

Tragwerksplanung