Bauwerk

Primarschule Henggart
Neff Neumann Architekten - Henggart (CH) - 2006
Primarschule Henggart, Foto: Neff Neumann Architekten Architekten AG
Primarschule Henggart, Foto: Neff Neumann Architekten Architekten AG
Primarschule Henggart, Foto: Neff Neumann Architekten Architekten AG

Verschweisst

Angelehnt an den Kontext stricken die Architektinnen Neff Neumann die Primarschule Henggart bei Winterthur, die in den 1970er-Jahren errichtet wurde, mit ihrem neuen Gebäude weiter. Sie nehmen formal auf den Vorgänger Bezug und ergänzen dessen Raumabfolge.

14. Mai 2007 - Lilian Pfaff
Es war das einzige Projekt unter den zehn des eingeladenen zweistufigen Wettbewerbs, das an das alte Schulhaus Henggart buchstäblich andockte. Alle anderen Büros sahen ein zweites Schulhaus vor. Mit ihrer Strategie des Weiterbauens konnten die Architektinnen auf den bestehenden Infrastrukturen aufbauen und gleichzeitig den Altbau von den neuen Strukturen, wie einem Mehrzwecksaal, einem Kindergarten, dem Schulleitungsbüro und dem Schulsekretariat, profitieren lassen. Diese neukonzipierte funktionale Einheit barg verschiedene betriebliche und technische Vorteile und führte damit zu einer äusserst ökonomischen Lösung. So konnte beispielsweise die Ölheizung integriert werden. Eine kontrollierte Lüftung blieb dabei zugunsten der konventionellen auf der Strecke.

Gestaffelte Volumen

Die bestehende Schulanlage, die durch die Staffelung der Klassenzimmer eine Kleinteiligkeit erhält, die den Wohnhäusern der Umgebung enstpricht, wurde im Westen mit einem quadratischen Volumen erweitert, wodurch ein neuer Vorplatz und Eingang im Süden geschaffen wurde – ein weiterer Aussenbereich, der zum ursprünglichen Eingang und Pausenplatz parallel genutzt wird. Im Wettbewerb war das angehängte Volumen selbst genauso gestaffelt wie der Altbau. Heute verbindet der Gang des Altbaus an seinem Ende über ein neues Schlupfloch den Altbau mit dem Neubau und füllt den Zwischenbereich (anstelle des ursprünglichen zusätzlichen Schulzimmers) mit einem «Zwickel», der auch von aussen sichtbar die Grenze markiert (Bild 1). Wichtig war den Architektinnen hierbei, dass der Gang auch weiterhin über die Fenster oberhalb der Türen Licht erhält.

Dachlandschaft

Um Alt und Neu zu verschmelzen, haben sie die Silhouette der alten Trakte mit ihren überdimensionierten braunen Eternitdächern und dem weissen Sockelgeschoss übernommen. Statt einem nutzlosen Estrichraum unter dem Dach (Bild 3), bringen sie jeweils über ein Shed viel Tageslicht in die Schulzimmer, was zu neuen innenräumlichen Qualitäten führt. Dadurch ensteht äusserlich eine zusammenhängende Dachlandschaft, ohne dass sich das Gebäude als Nachahmung zu erkennen gibt. Vielmehr behauptet es sich deutlich als neuer Teil des Ganzen.
Dies liegt daran, dass den Architektinnen jeglicher Eingriff in den Altbau untersagt war – sie hätten gerne über die Materialwahl oder Farbigkeit im Inneren einen Zusammenhang hergestellt –, aber auch daran, dass formal zwar Ähnlichkeiten bestehen, aber zum Beispiel der markante weisse Putz des Altbaus so nicht wieder auftaucht. Auch die Fensterformate sind anders. Während ursprünglich im Wettbewerbsprojekt noch Bandfenster geplant waren, ist es jetzt eine Lochfassade mit grossen quer liegenden Fenstern, die die körperliche Präsenz der neuen Trakte noch unterstützen. Wegen der Sheds konnten im Obergeschoss die Fenster in ihrer Höhe gestaucht werden, was sonst im Schulbau unüblich ist. Einbauschränke aus lackierten und geschliffenen Grobspanplatten wie auch der PU-Boden in durchgehend einheitlicher grüner Farbe und die Sheds erinnern an die industrielle Fertigung und lassen keinen Hauch von heimeliger Gemütlichkeit – wie man sie vielleicht in einem kleinen Dorf erwarten würde – aufkommen.

Öffentliche Zone

Das helle obere Geschoss, in dem die Schulzimmer um eine offene, mit zwei Sheds überkrönte Halle angeordnet sind, steht im Kontrast zum dunkleren introvertierten Erdgeschoss. Es ist als öffentlicher Bereich mit schwarzen Asphaltplatten, Sichtbeton und grossen Lichtern gekennzeichnet, die gleichzeitig den Schall absorbieren. Die Treppe macht unmissverständlich den fast schon «festlichen» Charakter deulich, der jenseits einer normalen Schuleingangshalle liegt. Hier befindet sich denn auch der Mehrzwecksaal für ca. 100 Personen mit einer Bühne, der von den ortsansässigen Vereinen auch abends genutzt werden kann. Gegen Osten liegt der Kindergarten mit eigener Küche. Er kann entsprechend der heutigen Schulbestrebungen als Grundstufe betrieben werden, in der Kindergarten und 1. Klasse zusammengelegt werden. Deswegen sind die von den Architektinnen entworfenen MDF-Kistenmöbel flexibel handhab- und organisierbar.

Prozess

Die schnelle Bauzeit von einem Jahr trug wohl dazu bei, dass sich das einfache Konzept des «Verschweissens» durchsetzte, obwohl die Architektinnen gerne die räumliche Verbindung im
Inneren noch verstärkt hätten. Kompromisse wie der PU-Boden anstelle eines Stirnklötzchenparketts schmälern den Gesamteindruck jedoch nicht. Wie die Umgebungsgestaltung konkret aussehen wird, ist noch in Arbeit.

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Für den Beitrag verantwortlich: TEC21

Ansprechpartner:in für diese Seite: Judit Soltsolt[at]tec21.ch

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