Bauwerk
Haus Garstenauer
Gerhard Garstenauer - Salzburg (A) - 1978
Wohnen in der Natur
15. September 2007 - Norbert Mayr
Vor wenigen Wochen gewann Architekt Paul Schweizer den Wettbewerb zu einer als Holzbau ausgeschriebenen Werkstatthalle für das Holztechnikum Kuchl. Ende der 1940er Jahre war die neue »Sägefachschule« im Land Salzburg hingegen in einem gemauerten Gebäude in sogenannter »Heimatschutzarchitektur« von Architekt Erich Horvath eröffnet worden. Damals war nur mehr die Lehrwerkstätte für Holz- und Metallverarbeitung – so ein Zeitungsbericht – in einer »Baracke« untergebracht gewesen.
1952 präsentierte sich das Holztechnikum Kuchl auf einer international organisierten, erstmals in Salzburg veranstalteten fünftägigen Holzfachtagung. Ein Artikel zur Holzforschung formulierte damals den »Willen zum Experiment« als »oberstes Postulat« für einen fortschrittlichen sozialen Wohnungsbau. Es sollte »das Experiment, der wissenschaftliche und praktische Versuch, das erste und letzte Wort haben«. Aber erst Anfang der 1980er Jahre entstand in Salzburg ein architektonisch engagierter Holzbau im Mehrfamilien-Wohnbau. Hier hatte es keine Modellprojekte wie die Fertighaus-Mustersiedlung Wien Veitingergasse (Roland Rainer und Carl Auböck, 1953) oder herausragende Wohnbauten wie jene der Rainer-Absolventen Hans Purin und Gunter Wratzfeld im Vorarlberg der 1960er Jahre gegeben. So leitete erst Gerhard Garstenauers ab 1976 geplantes und 1978 fertiggestelltes eigenes Wohnhaus den konstruktiven Holzbau in Salzburg ein.
Garstenauer, der seine ersten Lebensjahre in einem einfachen Blockhaus in Fusch an der Glocknerstraße verbracht hatte, entwickelte auf einem Grundstück am südlichen Stadtrand Salzburgs für seine fünfköpfige Familie das erdgeschossige, halb unterkellerte Haus. Die Konzeption des Baus war von den Grundstücksgrenzen, dem wertvollen alten Baumbestand, von Sonne, Aussicht, Naturbezug und Topografie bestimmt. Passive Solarnutzung verband sich mit der Schaffung attraktiver Ausblicke nach Süden und Westen.
Das große, flache Pultdach entspricht dem leicht abfallenden Terrain. Da die einzelnen Räume bzw. Raumgruppen – durch einige Stufen getrennt – auf dem jeweiligen Hangniveau liegen, bleibt der Geländeverlauf im Haus spürbar. Der Landschaftsbezug – durch großzügige Verglasungen und Blickbeziehungen gegeben – verzahnt sich mit einer innenräumlich differenzierten Durchwegung. Garstenauer machte durch seine von Klarheit und behaglicher Atmosphäre geprägte Holzarchitektur die Natur »bewohnbar«, Landschaft, Jahreszeiten und Witterung in besonderer Unmittelbarkeit spürbar. Die sensible Einbindung in den Landschaftsraum trägt dazu bei, dass das Haus als Ganzes kaum sichtbar ist, umso mehr überrascht dann seine räumliche Weitläufigkeit.
Kein Teil des konstruktiv stimmigen Ständerbaus, der gemeinsam mit dem auch innen präsenten Pultdach die Grundstruktur bildet, ist verkleidet. Decken und Wandflächen sind mehrschichtig isoliert aufgebaut. Das Haus besitzt keine Fassaden im üblichen Sinne, denn die Außenwandelemente sind von Stütze zu Stütze – fix oder beweglich, voll oder transparent – gespannt. Es ist zur Gänze – von der Konstruktion über den Boden bis zum Möbeldetail – aus massivem Lärchenholz. Die Stützen, Unterzüge, Pfetten und Sparren sind brettschichtverleimt und entsprechend brandbeständig dimensioniert. Garstenauer rechnete das Schwindmaß an allen Detailpunkten aus und konnte die Fugen von vornherein berücksichtigen. Als giftfreie Imprägnierung fand – angeregt von seiner Frau, einer Apothekerin – eine damals neuartige Borsalzlösung innen wie außen Einsatz, die wiederholtes Ausmalen überflüssig macht.
Der warme Farbton der Lärche war ein Grund für die Wahl dieses hochwertigen Baumaterials, eine farbliche Oberflächenbehandlung lehnte Garstenauer ab. Der Architekt hatte damals im Rahmen von Vorlesungen an der Universität Innsbruck grundsätzliche Aspekte zum Thema Behaglichkeit untersucht und »reale wie außerrationale Faktoren« für die »Unschlagbarkeit« von Holz gefunden: »Das Holz als Hauptbaustoff sorgt für „Kühle“ im Sommer und für „Wärme“ im Winter. Auch bei großer Kälte genügen 20 Grad mittlerer Raumtemperatur, da die relative Luftfeuchtigkeit nicht unter 40 Prozent sinkt. Höchste Behaglichkeit ist auf diese Weise gepaart mit geringstem Energieaufwand.« Die ursprünglich von einer Wärmepumpe versorgte Fußbodenheizung wird nur in Extremfällen von einigen Radiatoren unterstützt. Der mehrschichtige Aufbau der Decken- und Wandflächen und Dreifachverglasungen ermöglicht – so Garstenauer – einen U-Wert von 0,3W/m²K. Die Baukosten entsprachen den üblichen Kosten für Mauerwerksbauten.
Ursprünglich nutzte Garstenauer zusätzlich zum Stadtbüro zwei Atelierräume im Eingangsbereich. Vor rund zehn Jahren baute er diese und zwei ehemalige Kinderzimmer zur Wohnung für die Familie seines Sohnes um. Der vorausschauende Einbau von Sanitäreinheiten erleichterte diese Umnutzung und zeigt die Flexibilität des architektonischen Konzepts. Ein drittes Zimmer wurde zum Atelier des heute 82-jährigen Architekten erweitert.
Das Haus, das beim österreichischen Holzbaupreis 1984 eine Anerkennung erhielt, ist nach wie vor in hervorragendem Zustand. Der dem Grundkonzept innewohnende konstruktive Holzschutz und die sorgfältige Detaillierung führten im Außenbereich nur zu dezenter Patina und beugten jeglichem Schadensfall vor. Lediglich eine wegen ihrer Länge nicht aus einem Stück gefertigte Dachrinne aus Holz wurde kürzlich ausgetauscht.
Im konstruktiven Holzbau des Landes Salzburg der Nachkriegsjahrzehnte stellt dieses Gebäude eine singuläre Leistung dar. Als Modell einer zeitgemäßen Wohnform für den alpinen Raum fand es zwar keine Nachfolger, trotzdem hat sich in den letzten Jahrzehnten erfreulicherweise ein architektonisch anspruchsvoller Holzbau in Salzburg entwickelt.
1952 präsentierte sich das Holztechnikum Kuchl auf einer international organisierten, erstmals in Salzburg veranstalteten fünftägigen Holzfachtagung. Ein Artikel zur Holzforschung formulierte damals den »Willen zum Experiment« als »oberstes Postulat« für einen fortschrittlichen sozialen Wohnungsbau. Es sollte »das Experiment, der wissenschaftliche und praktische Versuch, das erste und letzte Wort haben«. Aber erst Anfang der 1980er Jahre entstand in Salzburg ein architektonisch engagierter Holzbau im Mehrfamilien-Wohnbau. Hier hatte es keine Modellprojekte wie die Fertighaus-Mustersiedlung Wien Veitingergasse (Roland Rainer und Carl Auböck, 1953) oder herausragende Wohnbauten wie jene der Rainer-Absolventen Hans Purin und Gunter Wratzfeld im Vorarlberg der 1960er Jahre gegeben. So leitete erst Gerhard Garstenauers ab 1976 geplantes und 1978 fertiggestelltes eigenes Wohnhaus den konstruktiven Holzbau in Salzburg ein.
Garstenauer, der seine ersten Lebensjahre in einem einfachen Blockhaus in Fusch an der Glocknerstraße verbracht hatte, entwickelte auf einem Grundstück am südlichen Stadtrand Salzburgs für seine fünfköpfige Familie das erdgeschossige, halb unterkellerte Haus. Die Konzeption des Baus war von den Grundstücksgrenzen, dem wertvollen alten Baumbestand, von Sonne, Aussicht, Naturbezug und Topografie bestimmt. Passive Solarnutzung verband sich mit der Schaffung attraktiver Ausblicke nach Süden und Westen.
Das große, flache Pultdach entspricht dem leicht abfallenden Terrain. Da die einzelnen Räume bzw. Raumgruppen – durch einige Stufen getrennt – auf dem jeweiligen Hangniveau liegen, bleibt der Geländeverlauf im Haus spürbar. Der Landschaftsbezug – durch großzügige Verglasungen und Blickbeziehungen gegeben – verzahnt sich mit einer innenräumlich differenzierten Durchwegung. Garstenauer machte durch seine von Klarheit und behaglicher Atmosphäre geprägte Holzarchitektur die Natur »bewohnbar«, Landschaft, Jahreszeiten und Witterung in besonderer Unmittelbarkeit spürbar. Die sensible Einbindung in den Landschaftsraum trägt dazu bei, dass das Haus als Ganzes kaum sichtbar ist, umso mehr überrascht dann seine räumliche Weitläufigkeit.
Kein Teil des konstruktiv stimmigen Ständerbaus, der gemeinsam mit dem auch innen präsenten Pultdach die Grundstruktur bildet, ist verkleidet. Decken und Wandflächen sind mehrschichtig isoliert aufgebaut. Das Haus besitzt keine Fassaden im üblichen Sinne, denn die Außenwandelemente sind von Stütze zu Stütze – fix oder beweglich, voll oder transparent – gespannt. Es ist zur Gänze – von der Konstruktion über den Boden bis zum Möbeldetail – aus massivem Lärchenholz. Die Stützen, Unterzüge, Pfetten und Sparren sind brettschichtverleimt und entsprechend brandbeständig dimensioniert. Garstenauer rechnete das Schwindmaß an allen Detailpunkten aus und konnte die Fugen von vornherein berücksichtigen. Als giftfreie Imprägnierung fand – angeregt von seiner Frau, einer Apothekerin – eine damals neuartige Borsalzlösung innen wie außen Einsatz, die wiederholtes Ausmalen überflüssig macht.
Der warme Farbton der Lärche war ein Grund für die Wahl dieses hochwertigen Baumaterials, eine farbliche Oberflächenbehandlung lehnte Garstenauer ab. Der Architekt hatte damals im Rahmen von Vorlesungen an der Universität Innsbruck grundsätzliche Aspekte zum Thema Behaglichkeit untersucht und »reale wie außerrationale Faktoren« für die »Unschlagbarkeit« von Holz gefunden: »Das Holz als Hauptbaustoff sorgt für „Kühle“ im Sommer und für „Wärme“ im Winter. Auch bei großer Kälte genügen 20 Grad mittlerer Raumtemperatur, da die relative Luftfeuchtigkeit nicht unter 40 Prozent sinkt. Höchste Behaglichkeit ist auf diese Weise gepaart mit geringstem Energieaufwand.« Die ursprünglich von einer Wärmepumpe versorgte Fußbodenheizung wird nur in Extremfällen von einigen Radiatoren unterstützt. Der mehrschichtige Aufbau der Decken- und Wandflächen und Dreifachverglasungen ermöglicht – so Garstenauer – einen U-Wert von 0,3W/m²K. Die Baukosten entsprachen den üblichen Kosten für Mauerwerksbauten.
Ursprünglich nutzte Garstenauer zusätzlich zum Stadtbüro zwei Atelierräume im Eingangsbereich. Vor rund zehn Jahren baute er diese und zwei ehemalige Kinderzimmer zur Wohnung für die Familie seines Sohnes um. Der vorausschauende Einbau von Sanitäreinheiten erleichterte diese Umnutzung und zeigt die Flexibilität des architektonischen Konzepts. Ein drittes Zimmer wurde zum Atelier des heute 82-jährigen Architekten erweitert.
Das Haus, das beim österreichischen Holzbaupreis 1984 eine Anerkennung erhielt, ist nach wie vor in hervorragendem Zustand. Der dem Grundkonzept innewohnende konstruktive Holzschutz und die sorgfältige Detaillierung führten im Außenbereich nur zu dezenter Patina und beugten jeglichem Schadensfall vor. Lediglich eine wegen ihrer Länge nicht aus einem Stück gefertigte Dachrinne aus Holz wurde kürzlich ausgetauscht.
Im konstruktiven Holzbau des Landes Salzburg der Nachkriegsjahrzehnte stellt dieses Gebäude eine singuläre Leistung dar. Als Modell einer zeitgemäßen Wohnform für den alpinen Raum fand es zwar keine Nachfolger, trotzdem hat sich in den letzten Jahrzehnten erfreulicherweise ein architektonisch anspruchsvoller Holzbau in Salzburg entwickelt.
Für den Beitrag verantwortlich: zuschnitt
Ansprechpartner:in für diese Seite: Kurt Zweifel