Bauwerk

Wandelbares Dach
Nikolai Kugel - Kufstein (A) - 2006
Wandelbares Dach, Foto: pro.media Kommunikation Gmbh
Wandelbares Dach, Foto: pro.media Kommunikation Gmbh

Wandelbares Dach der Festungsarena Kufstein

29. November 2007 - aut. architektur und tirol
Die auf einem steilen Felsen oberhalb der Stadt liegende Festung Kufstein zählt zu den imposantesten mittelalterlichen Bauwerken Tirols. Die Verteidigungsanlage an einem natürlichen Engpass des Inntals wurde im 16. Jahrhundert zur stärksten und modernsten Festung ausgebaut und 1675 bis 1740 u. a. mit der Errichtung der Josefsburg nach Plänen der Hofbaumeister Johann Martin Gumpp d. Ä. und Johann Martin Gumpp d. J. erweitert. 1998 bis 2001 wurde die Festung in einem groß angelegten Sanierungsprojekt restauriert und adaptiert (s. eigener Eintrag) und seither zunehmend für Veranstaltungen, insbesondere für Freiluftkonzerte in dem der Josefsburg vorgelagerten Festungshof genutzt.

Um diese Veranstaltungen witterungsunabhängig zu machen, entstand die Idee eines temporär ausfahrbaren Schutzdaches. Der denkmalgeschützte, barocke Baubestand durfte dabei weder substanziell verändert werden – eine Verankerung in der historischen Bausubstanz war nicht möglich – , noch sollte das Erscheinungsbild der Festungsanlage durch die neue Konstruktion wesentlich beeinträchtigt werden.

Um diesen Randbedingungen bestmöglich zu entsprechen, entwickelten die Stuttgarter Planer ein filigranes, zentrisches Seiltragwerk, von dessen Zentrum eine Membrane aus hochzugfestem PTFE-Gewebe vergleichbar einem überdimensionalen Regenschirm aufgespannt werden kann. Das Tragwerk, an dem die Membrane aufgespannt bzw. zur Mitte gerafft werden kann, ähnelt einem liegenden Speichenrad von 52 m Durchmesser. Am äußeren Rand verläuft einer Felge vergleichbar auf 10 m Höhe ein aus 15 gleichen Segmenten zusammengesetzter, polygonförmiger Druckring, der jeweils in den Polygonpunkten auf Stützen aufgelagert ist. Diese sind im Felsen vor den Festungsmauern verankert bzw. am Rand vor den Kasematten der Josefsburg als Luftstützen ausgebildet. Von den Stützenköpfen und dem Druckringknoten führen vertikal verspannte Speichen in die zentrale Nabe. Das derart entwickelte „Speichenrad“ ist ein effizientes, in sich geschlossenes, hoch vorgespanntes Tragsystem, das bis auf die einwirkenden Windlasten nur Vertikalkräfte in den Baugrund einleitet.

Indem die dünnen Speichenseile gegenüber Stützen und Druckring optisch in den Hintergrund treten, schwebt die neue Konstruktion einer „Krone“ gleich über dem Festungshof. Ursprünglich als reiner Witterungsschutz gedacht, verbessert das textile Dach zudem die Akustik und bietet die Möglichkeit, den Ort mittels farbigem Licht atmosphärisch unterschiedlich in Szene zu setzen. (Text: Claudia Wedekind)

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Für den Beitrag verantwortlich: aut. architektur und tirol

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