Bauwerk
Glattpark / Opfikerpark
Büro Kiefer, Hager Partner - Opfikon (CH) - 2007
Und mittendrin ein Park
Der in Zürichs Nachbarstadt Opfikon gelegene »Glattpark« ist mit 670 000 Quadratmetern das größte Entwicklungsgebiet der Schweiz. Hier wird noch bis 2015 ein ganzer Stadtteil neu erbaut. Sein Zentrum bildet bereits heute der Opfikerpark mit einem rechteckigen, über fünfhundert Meter langen See. Mit dieser Dimension und einem klaren, äußerst großzügigen und minimalistischen Entwurf entwickelt die Anlage ein starkes Bild einer Landschaft, das der heterogenen Struktur der Umgebung wohltuend entgegenwirkt.
1. September 2008 - Sabine Wolf
Das Glattal nördlich der Stadtgrenze Zürichs ist eine jener Regionen, die zum Synonym für fraktale, urbane Stadtlandschaften geworden sind. Eine Region, die bestimmt ist durch das »Dazwischen« – zwischen Siedlung und Brache, Un- und Umnutzung, zwischen Autobahn, Klär- und Müllverbrennungsanlage, Fernsehstudio, Wohn- und Bürobauten sowie den Gleisen der neuen Glattalbahn. Inmitten dessen liegt nun der Opfikerpark.
Beinahe fünfzig Jahre währte die Planungsdiskussion um die »teuerste Wiese Europas«. Mitte der neunziger Jahre fiel die Entscheidung, die seit 1946 drainierte Sumpffläche, das ehemalige Oberhauserriet, mit einem urbanen Mischquartier – mit Wohn- und Arbeitsraum für je 7000 Personen – zu überbauen. Als Ausgleich zur verdichteten Bauweise wurde im Quartierplan eine 12,4 Hektar große Parkanlage mit See ausgewiesen, eine gigantische Dimension für die Schweiz! Den 2001 ausgelobten Wettbewerb einer »regionalen Parkanlage« gewann das Berliner Büro Kiefer, seit seiner Gründung 1989 eines der erfolgreichsten und bekanntesten deutschen Landschaftsarchitekturbüros. Das Zürcher Büro Hager, mit dem Kiefer, zusammen mit den Fachplanern, eine Planungsgemeinschaft bildete, übernahm die lokale Projektbetreuung und -koordination. Nach einer Bauzeit von eineinhalb Jahren und Baukosten von rund 16,5 Millionen Schweizer Franken (10,2 Millionen Euro) feierte der Park im Dezember 2006 Eröffnung.
Klar zonierter Streifen
Kiefers Projekt reagiert auf die heterogene Umgebung mit einem großzügigen und ruhigen Entwurf einer klar strukturierten Parkanlage: einer linearen, lang gestreckten Sichtbeton- »Skulptur« aus Rampen und Scheiben, flankiert von einer Promenade auf der einen und einer Wiese auf der anderen Längsseite. An den Kopfenden, eingespannt zwischen der Haltestelle Fernsehstudio der Glattalbahn im Süden und der Autobahn im Norden, reihen sich verschiedene Funktionsfelder aneinander. Das Zentrum bildet ein riesiges Wasserbecken, 550 Meter lang, 41 Meter breit und in der Mitte drei Meter tief. Seinen Anfangs- und Endpunkt markieren Plätze: Am urbanen südlichen Siriusplatz tauchen, wie Bootsrampen, nebeneinanderliegende Betonkeile unterschiedlicher Länge und Breite ins Wasser ein. Am gegenüberliegenden Beckenende läuft ein leicht ansteigender Sandstrand in einem Beachvolleyballfeld aus, an das sich ein asphaltiertes Basketballfeld und der nördliche Platz, möbliert mit einer Tischtennisplatte, anschließen. Hier wird das Rampenmotiv wieder aufgenommen und die lineare Form konsequent in einer auf fünf Meter Höhe steil ansteigenden Sichtbetonrampe weitergeführt. Sie formt sich zu einem Aussichtsplatz aus und steigt an dessen rückwärtigem Ende senkrecht auf knapp zehn Meter weiter empor – integriert in den Lärmschutzwall zur dahinter liegenden Autobahn.
Ebenso klar wie die Formen und Elemente der Anlage sind auch die Beläge – Sichtbeton und wassergebundene Decke mit anthrazitfarbener feiner Kiesschüttung. Der entwurfsprägende Minimalismus ist in der Pflanzenverwendung fortgeführt – Platanen (Platanus hispanica), Schilf (Phragmites australis) und Intensivrasen dominieren. Die Anlage hat trotz oder gerade aufgrund ihrer Rigidität großen Charme. Dies liegt vor allem daran, dass sie nicht der Schau, sondern der Nutzung dient – die Rampen laden zum Skaten ein, die häufig als zu wuchtig kritisierten Brückengeländer zum Sprung ins Wasser, die Betonkeile im Süden zum Sitzen und Verweilen – stets als Angebot formuliert, das angenommen werden kann, und stets offen für eigene Ideen der Gäste.
Ein Fuß- und Radwegenetz, das die orthogonalen Strukturen des Baugebietes aufnimmt, ist verbindend über Bebauung und Park gelegt. Sein Hauptelement ist die 7,70 Meter breite Hamilton-Promenade, an die zu Stufen ausgebildete Betonrampen und ein flach ins Wasser abfallender Sandstrand anschließen. Wo die aus der zonal gegliederten Bebauung herausführenden Wege auf die Promenade stoßen, schieben sich platanenbestandene Kanzeln in den See, dreiseitig gerahmt durch brüstungshohe Sichtbetonscheiben. Drei Metallstege überspannen den See orthogonal von den Kanzeln aus.
Ein zweireihiges Schilfband entlang des östlichen Ufers ist Gestaltungselement und fungiert zugleich als Kleinst-Kläranlage: Es entzieht dem Wasser Nährstoffe und sichert dadurch die hohe Wasserqualität des primär durch Regenwasser gespeisten Sees. In naturnahen Nischen des Schilfbandes wachsen Sumpfschwertlilie (Iris pseudoacorus), Froschlöffel (Alisma plantago-aquatica) und Pfeilkraut (Sagittaria sagittifolia). Die anschließende offene Liegewiese grenzt an den »Technik-Wald-Archipel«, wie ihn Gabriele Kiefer in ihrem Entwurf genannt hat. Hier liegt, versteckt hinter zum Teil neu aufgeforsteten Bäumen, ein Relikt des ehedem fraktalen Ortes: Das ursprüngliche Klärwerk, das, frisch saniert, als Tagungszentrum gemietet werden kann.
Landschaftsarchitektur als Motor
Der von der Stadt Opfikon betriebene Park genießt bereits heute große Akzeptanz in der Bevölkerung. Während die Angestellten in den umgebenden Bürogebäuden die nüchterne Noblesse von Promenade und Siriusplatz schätzen, ist der See eine regionale Attraktion. Am Wochenende fahren sogar die Stadtzürcher hierher zum Baden und Entspannen – noch ist der Opfikerpark tatsächlich erholsam und nicht so überlaufen wie die »Badis« an Zürisee und Limmat.
Seinen Erfolg verdankt die Anlage insbesondere drei Faktoren: Erstens der wegweisenden Konzeption des neuen Stadtteils mit der frühzeitigen Fertigstellung des Naherholungsraumes und des Anschlusses an den öffentlichen Nahverkehr. Zweitens dem herausragenden landschaftsarchitektonischen Entwurf mit seiner bildgebenden Klarheit, seiner hohen Flexibilität sowie seinen vielen zulässigen Deutungsmustern und Angeboten. Zentral ist hier das starke Bild, das unsere Räume im »Dazwischen« so häufig vermissen lassen. Ein Bild, das sie eindeutig verortbar macht. Drittens einem Parkmanagement, das auf akute Probleme prompt reagiert: Berechtigten Vorwürfen, der Park biete zu wenig Schatten, zugleich fehle es an Einrichtungen der Nahversorgung, wird mithilfe der »Parklotsen« begegnet. Sie betreiben im Auftrag und in Zusammenarbeit mit der Stadt Opfikon, betreut von der Plattform Glattal – einem Verein für soziale Angebote –, einen mobilen Kiosk auf dem Areal. Hier verleihen sie neben Spielgeräten auch Sonnenschirme, verkaufen Eis und kühle Getränke.
Im Glattal ist die Landschaftsarchitektur nicht nur Beiwerk, sondern wird zum Motor einer zukunftsfähigen Regionalentwicklung. Der Opfikerpark ist kein Solitär, vielmehr eingebunden in ein regionales Freiraumnetz. Er ist einer von mehreren in den letzten Jahren in und um Zürich neu entstandenen Parks (vgl. db 08/07, Parks in Neu-Oerlikon); in direkter Nachbarschaft laufen aktuell mit dem Andreaspark und dem Leutschenpark, der im Herbst 2008 eröffnet wird, zwei weitere Realisierungen. Mit ihnen wird die Agglomeration weiter aufgewertet und die Landschaftsarchitektur als Motor erhält neuen Treibstoff.
Beinahe fünfzig Jahre währte die Planungsdiskussion um die »teuerste Wiese Europas«. Mitte der neunziger Jahre fiel die Entscheidung, die seit 1946 drainierte Sumpffläche, das ehemalige Oberhauserriet, mit einem urbanen Mischquartier – mit Wohn- und Arbeitsraum für je 7000 Personen – zu überbauen. Als Ausgleich zur verdichteten Bauweise wurde im Quartierplan eine 12,4 Hektar große Parkanlage mit See ausgewiesen, eine gigantische Dimension für die Schweiz! Den 2001 ausgelobten Wettbewerb einer »regionalen Parkanlage« gewann das Berliner Büro Kiefer, seit seiner Gründung 1989 eines der erfolgreichsten und bekanntesten deutschen Landschaftsarchitekturbüros. Das Zürcher Büro Hager, mit dem Kiefer, zusammen mit den Fachplanern, eine Planungsgemeinschaft bildete, übernahm die lokale Projektbetreuung und -koordination. Nach einer Bauzeit von eineinhalb Jahren und Baukosten von rund 16,5 Millionen Schweizer Franken (10,2 Millionen Euro) feierte der Park im Dezember 2006 Eröffnung.
Klar zonierter Streifen
Kiefers Projekt reagiert auf die heterogene Umgebung mit einem großzügigen und ruhigen Entwurf einer klar strukturierten Parkanlage: einer linearen, lang gestreckten Sichtbeton- »Skulptur« aus Rampen und Scheiben, flankiert von einer Promenade auf der einen und einer Wiese auf der anderen Längsseite. An den Kopfenden, eingespannt zwischen der Haltestelle Fernsehstudio der Glattalbahn im Süden und der Autobahn im Norden, reihen sich verschiedene Funktionsfelder aneinander. Das Zentrum bildet ein riesiges Wasserbecken, 550 Meter lang, 41 Meter breit und in der Mitte drei Meter tief. Seinen Anfangs- und Endpunkt markieren Plätze: Am urbanen südlichen Siriusplatz tauchen, wie Bootsrampen, nebeneinanderliegende Betonkeile unterschiedlicher Länge und Breite ins Wasser ein. Am gegenüberliegenden Beckenende läuft ein leicht ansteigender Sandstrand in einem Beachvolleyballfeld aus, an das sich ein asphaltiertes Basketballfeld und der nördliche Platz, möbliert mit einer Tischtennisplatte, anschließen. Hier wird das Rampenmotiv wieder aufgenommen und die lineare Form konsequent in einer auf fünf Meter Höhe steil ansteigenden Sichtbetonrampe weitergeführt. Sie formt sich zu einem Aussichtsplatz aus und steigt an dessen rückwärtigem Ende senkrecht auf knapp zehn Meter weiter empor – integriert in den Lärmschutzwall zur dahinter liegenden Autobahn.
Ebenso klar wie die Formen und Elemente der Anlage sind auch die Beläge – Sichtbeton und wassergebundene Decke mit anthrazitfarbener feiner Kiesschüttung. Der entwurfsprägende Minimalismus ist in der Pflanzenverwendung fortgeführt – Platanen (Platanus hispanica), Schilf (Phragmites australis) und Intensivrasen dominieren. Die Anlage hat trotz oder gerade aufgrund ihrer Rigidität großen Charme. Dies liegt vor allem daran, dass sie nicht der Schau, sondern der Nutzung dient – die Rampen laden zum Skaten ein, die häufig als zu wuchtig kritisierten Brückengeländer zum Sprung ins Wasser, die Betonkeile im Süden zum Sitzen und Verweilen – stets als Angebot formuliert, das angenommen werden kann, und stets offen für eigene Ideen der Gäste.
Ein Fuß- und Radwegenetz, das die orthogonalen Strukturen des Baugebietes aufnimmt, ist verbindend über Bebauung und Park gelegt. Sein Hauptelement ist die 7,70 Meter breite Hamilton-Promenade, an die zu Stufen ausgebildete Betonrampen und ein flach ins Wasser abfallender Sandstrand anschließen. Wo die aus der zonal gegliederten Bebauung herausführenden Wege auf die Promenade stoßen, schieben sich platanenbestandene Kanzeln in den See, dreiseitig gerahmt durch brüstungshohe Sichtbetonscheiben. Drei Metallstege überspannen den See orthogonal von den Kanzeln aus.
Ein zweireihiges Schilfband entlang des östlichen Ufers ist Gestaltungselement und fungiert zugleich als Kleinst-Kläranlage: Es entzieht dem Wasser Nährstoffe und sichert dadurch die hohe Wasserqualität des primär durch Regenwasser gespeisten Sees. In naturnahen Nischen des Schilfbandes wachsen Sumpfschwertlilie (Iris pseudoacorus), Froschlöffel (Alisma plantago-aquatica) und Pfeilkraut (Sagittaria sagittifolia). Die anschließende offene Liegewiese grenzt an den »Technik-Wald-Archipel«, wie ihn Gabriele Kiefer in ihrem Entwurf genannt hat. Hier liegt, versteckt hinter zum Teil neu aufgeforsteten Bäumen, ein Relikt des ehedem fraktalen Ortes: Das ursprüngliche Klärwerk, das, frisch saniert, als Tagungszentrum gemietet werden kann.
Landschaftsarchitektur als Motor
Der von der Stadt Opfikon betriebene Park genießt bereits heute große Akzeptanz in der Bevölkerung. Während die Angestellten in den umgebenden Bürogebäuden die nüchterne Noblesse von Promenade und Siriusplatz schätzen, ist der See eine regionale Attraktion. Am Wochenende fahren sogar die Stadtzürcher hierher zum Baden und Entspannen – noch ist der Opfikerpark tatsächlich erholsam und nicht so überlaufen wie die »Badis« an Zürisee und Limmat.
Seinen Erfolg verdankt die Anlage insbesondere drei Faktoren: Erstens der wegweisenden Konzeption des neuen Stadtteils mit der frühzeitigen Fertigstellung des Naherholungsraumes und des Anschlusses an den öffentlichen Nahverkehr. Zweitens dem herausragenden landschaftsarchitektonischen Entwurf mit seiner bildgebenden Klarheit, seiner hohen Flexibilität sowie seinen vielen zulässigen Deutungsmustern und Angeboten. Zentral ist hier das starke Bild, das unsere Räume im »Dazwischen« so häufig vermissen lassen. Ein Bild, das sie eindeutig verortbar macht. Drittens einem Parkmanagement, das auf akute Probleme prompt reagiert: Berechtigten Vorwürfen, der Park biete zu wenig Schatten, zugleich fehle es an Einrichtungen der Nahversorgung, wird mithilfe der »Parklotsen« begegnet. Sie betreiben im Auftrag und in Zusammenarbeit mit der Stadt Opfikon, betreut von der Plattform Glattal – einem Verein für soziale Angebote –, einen mobilen Kiosk auf dem Areal. Hier verleihen sie neben Spielgeräten auch Sonnenschirme, verkaufen Eis und kühle Getränke.
Im Glattal ist die Landschaftsarchitektur nicht nur Beiwerk, sondern wird zum Motor einer zukunftsfähigen Regionalentwicklung. Der Opfikerpark ist kein Solitär, vielmehr eingebunden in ein regionales Freiraumnetz. Er ist einer von mehreren in den letzten Jahren in und um Zürich neu entstandenen Parks (vgl. db 08/07, Parks in Neu-Oerlikon); in direkter Nachbarschaft laufen aktuell mit dem Andreaspark und dem Leutschenpark, der im Herbst 2008 eröffnet wird, zwei weitere Realisierungen. Mit ihnen wird die Agglomeration weiter aufgewertet und die Landschaftsarchitektur als Motor erhält neuen Treibstoff.
Für den Beitrag verantwortlich: deutsche bauzeitung
Ansprechpartner:in für diese Seite: Ulrike Kunkel
Akteure
LandschaftsarchitekturBauherrschaft
Grundeigentümer Glattpark
Stadt Opfikon
Tragwerksplanung