Bauwerk
Erweiterung Schulzentrum
Mann & Capua architects - Borex-Crassier (CH) - 2007
Gitterfachwerk mit Schattenwurf
Doppelturnhalle bei Genf
12. Juli 2010 - Manuel Joss
In der Nähe von Genf, am Rande von Borex, liegt eine Schulanlage aus den 1970er Jahren. Sie wurde in den 1990er Jahren renoviert und aufgestockt und nun noch einmal um eine Doppelturnhalle erweitert, die seither den Abschluss dieses uneinheitlichen Schulgeländes zum Dorfrand hin bildet.
Von außen erscheint die Doppelturnhalle zurückhaltend, beinahe wie ein neutraler Glasbau, der wenig von seinem Inneren und seiner Funktion preisgibt. Auch wenn Wände und Dach aus Holz sind, übernimmt eine übergestülpte Haut aus industriell geätztem Glas den Wetterschutz und prägt so den äußeren Auftritt. Je nach Lichteinfall und Tageszeit aber schimmert die Holzstruktur durch das Glas hindurch, nachts leuchtet der Bau wie eine Laterne am Dorfeingang. Ein lichtdurchlässiges Fachwerk bildet auf drei Seiten die Tragkonstruktion und überspannt auf einer Seite ein längliches Panoramafenster, das den malerischen Ausblick über die Felder freigibt.
Bereits im Wettbewerbsbeitrag hatten die Architekten Graeme Mann und Patricia Capua Mann eine Halle ganz aus Holz vorgeschlagen: zum einen, um im Inneren eine angenehme Atmosphäre für die Jugendlichen zu schaffen, zum anderen, weil in der Gegend ausgedehnte Fichtenwälder stehen. Die Idee einer umlaufenden seitlichen Belichtung aber kam erst im Zuge der Überarbeitung auf, und statt wie vorgesehen ein Fachwerk mit markanten w-förmigen Diagonalstreben zu errichten, schlug der Statiker das etwas in Vergessenheit geratene Gitterfachwerk vor, das mit Hunderten von Öffnungen ein gleichmäßiges Schattenspiel auf den Boden zeichnet. Die äußere Schicht aus geätztem Glas dämpft zudem das einfallende Sonnenlicht, sodass selbst bei starkem Sonnenschein keine ablenkenden Schatten auf den Boden fallen.
Das konstruktive Herzstück des Gebäudes ist der Gitterfachwerkträger, der stützenfrei das 32 Meter breite Aussichtsfenster überspannt. Er geht auf historische Vorbilder zurück: 1820 erhielt der amerikanische Architekt und Ingenieur Ithiel Town ein Patent für seine Gitterfachwerkbrücke »Town’s Lattice Truss«, die in der Folge oft gebaut wurde und wichtige Vorteile bot: Kurze und gleich dimensionierte Holzstäbe wurden diagonal zwischen den beiden Randbalken befestigt, sie konnten leicht beschafft und von angelernten Arbeitern vor Ort zusammengesetzt werden, aufwendige Zimmermannsverbindungen entfielen. Meist wurden die langen Fahrbahnbretter von einer farbig bemalten Bretterfassade und einem Dach geschützt. In den usa sind zahlreiche dieser Brücken erhalten und wurden etwa im Staat Iowa zu einer Touristenattraktion.
Weil für so ein Gitterfachwerk viel Handarbeit erforderlich ist, gehört es heute nicht mehr zum Standardrepertoire einer Holzbaufirma, schon gar nicht für große Spannweiten. So verwundert es wenig, dass erst bei einer zweiten, schweizweiten Ausschreibung ein Holzbauunternehmen gefunden wurde, das sich an die Aufgabe heranwagte. Der 32 Meter lange und 5,80 Meter hohe Fachwerkträger wird mit knapp 8 Tonnen pro Laufmeter belastet und darf wegen der außen aufgesetzten Glasfassade und der unten angeschlagenen Fensterverglasung eine nur minimale Verformung aufweisen. Träger und Dach sind deshalb biegesteif miteinander verbunden, Schlitzbleche verstärken den Eckanschluss zum angrenzenden Gitterfachwerkträger auf einer Breite von 1,50 Metern. Da sie dem Gittermuster folgen, sind sie nicht sichtbar.
Die in der Mitte des Gitterfachwerkträgers liegenden Streben mit dem Querschnitt von 12 mal 12 cm werden auf Druck und Zug belastet. Die druckbelasteten Streben wurden mit einfachem, doppeltem oder Fersenversatz auf die Gurte montiert, die zugbeanspruchten mittels zweischnittiger Stabdübelverbindungen. Die außen angebrachten Diagonalen von 12 mal 4 cm und die stehenden Pfosten von 12 mal 10 cm wurden mit Maschinennägeln aufgenagelt oder verschraubt. Wie bei den historischen Vorbildern wurde auch hier zuerst die Fabrikation vor Ort erwogen. Um eine höhere Genauigkeit zu erreichen, entschied sich das Holzbauunternehmen aber für die Vorfertigung auf dem Werksgelände.
Ein Schwertransporter brachte die fertigen Fassaden- und Dachelemente in einer Wagenladung auf die 200 Kilometer entfernte Baustelle, wo sie mit zwei Mobilkranen montiert wurden.
Die Benutzer der Turnhalle äußern sich durchwegs positiv. Die natürliche Belichtung und das Raumklima sind das ganze Jahr hindurch hervorragend, erklärt ein Turnlehrer. Das liegt wohl daran, dass ein natürliches Lüftungssystem installiert wurde und Lüftungsklappen hinter der Glasschicht die entstehende warme Luft gleich nach draußen leiten. Manuel Joss
Von außen erscheint die Doppelturnhalle zurückhaltend, beinahe wie ein neutraler Glasbau, der wenig von seinem Inneren und seiner Funktion preisgibt. Auch wenn Wände und Dach aus Holz sind, übernimmt eine übergestülpte Haut aus industriell geätztem Glas den Wetterschutz und prägt so den äußeren Auftritt. Je nach Lichteinfall und Tageszeit aber schimmert die Holzstruktur durch das Glas hindurch, nachts leuchtet der Bau wie eine Laterne am Dorfeingang. Ein lichtdurchlässiges Fachwerk bildet auf drei Seiten die Tragkonstruktion und überspannt auf einer Seite ein längliches Panoramafenster, das den malerischen Ausblick über die Felder freigibt.
Bereits im Wettbewerbsbeitrag hatten die Architekten Graeme Mann und Patricia Capua Mann eine Halle ganz aus Holz vorgeschlagen: zum einen, um im Inneren eine angenehme Atmosphäre für die Jugendlichen zu schaffen, zum anderen, weil in der Gegend ausgedehnte Fichtenwälder stehen. Die Idee einer umlaufenden seitlichen Belichtung aber kam erst im Zuge der Überarbeitung auf, und statt wie vorgesehen ein Fachwerk mit markanten w-förmigen Diagonalstreben zu errichten, schlug der Statiker das etwas in Vergessenheit geratene Gitterfachwerk vor, das mit Hunderten von Öffnungen ein gleichmäßiges Schattenspiel auf den Boden zeichnet. Die äußere Schicht aus geätztem Glas dämpft zudem das einfallende Sonnenlicht, sodass selbst bei starkem Sonnenschein keine ablenkenden Schatten auf den Boden fallen.
Das konstruktive Herzstück des Gebäudes ist der Gitterfachwerkträger, der stützenfrei das 32 Meter breite Aussichtsfenster überspannt. Er geht auf historische Vorbilder zurück: 1820 erhielt der amerikanische Architekt und Ingenieur Ithiel Town ein Patent für seine Gitterfachwerkbrücke »Town’s Lattice Truss«, die in der Folge oft gebaut wurde und wichtige Vorteile bot: Kurze und gleich dimensionierte Holzstäbe wurden diagonal zwischen den beiden Randbalken befestigt, sie konnten leicht beschafft und von angelernten Arbeitern vor Ort zusammengesetzt werden, aufwendige Zimmermannsverbindungen entfielen. Meist wurden die langen Fahrbahnbretter von einer farbig bemalten Bretterfassade und einem Dach geschützt. In den usa sind zahlreiche dieser Brücken erhalten und wurden etwa im Staat Iowa zu einer Touristenattraktion.
Weil für so ein Gitterfachwerk viel Handarbeit erforderlich ist, gehört es heute nicht mehr zum Standardrepertoire einer Holzbaufirma, schon gar nicht für große Spannweiten. So verwundert es wenig, dass erst bei einer zweiten, schweizweiten Ausschreibung ein Holzbauunternehmen gefunden wurde, das sich an die Aufgabe heranwagte. Der 32 Meter lange und 5,80 Meter hohe Fachwerkträger wird mit knapp 8 Tonnen pro Laufmeter belastet und darf wegen der außen aufgesetzten Glasfassade und der unten angeschlagenen Fensterverglasung eine nur minimale Verformung aufweisen. Träger und Dach sind deshalb biegesteif miteinander verbunden, Schlitzbleche verstärken den Eckanschluss zum angrenzenden Gitterfachwerkträger auf einer Breite von 1,50 Metern. Da sie dem Gittermuster folgen, sind sie nicht sichtbar.
Die in der Mitte des Gitterfachwerkträgers liegenden Streben mit dem Querschnitt von 12 mal 12 cm werden auf Druck und Zug belastet. Die druckbelasteten Streben wurden mit einfachem, doppeltem oder Fersenversatz auf die Gurte montiert, die zugbeanspruchten mittels zweischnittiger Stabdübelverbindungen. Die außen angebrachten Diagonalen von 12 mal 4 cm und die stehenden Pfosten von 12 mal 10 cm wurden mit Maschinennägeln aufgenagelt oder verschraubt. Wie bei den historischen Vorbildern wurde auch hier zuerst die Fabrikation vor Ort erwogen. Um eine höhere Genauigkeit zu erreichen, entschied sich das Holzbauunternehmen aber für die Vorfertigung auf dem Werksgelände.
Ein Schwertransporter brachte die fertigen Fassaden- und Dachelemente in einer Wagenladung auf die 200 Kilometer entfernte Baustelle, wo sie mit zwei Mobilkranen montiert wurden.
Die Benutzer der Turnhalle äußern sich durchwegs positiv. Die natürliche Belichtung und das Raumklima sind das ganze Jahr hindurch hervorragend, erklärt ein Turnlehrer. Das liegt wohl daran, dass ein natürliches Lüftungssystem installiert wurde und Lüftungsklappen hinter der Glasschicht die entstehende warme Luft gleich nach draußen leiten. Manuel Joss
Für den Beitrag verantwortlich: zuschnitt
Ansprechpartner:in für diese Seite: Kurt Zweifel