Bauwerk

Studentenwohnheim »Neue Burse«
ACMS Architekten GmbH - Wuppertal (D) - 2003

Die Fassade macht’s

Lange Wartelisten für einen Wohnheimplatz sind ein sicherer Indikator: Das Studentenwohnheim »Neue Burse« in Wuppertal ist beliebt. Das war allerdings nicht immer so.

16. Juni 2008 - Christian Holl
Mitte der 90er Jahre sprach nicht mehr viel für die beiden 1977 errichteten, sternförmigen Baukörper mit den etwa 600 Wohnheimplätzen. Zentrale Küchen, Sanitäreinheiten für jeweils 16 Studierende, nur ein Eingang und ein zentrales Treppenhaus fast ohne Tageslicht waren die strukturellen Gründe, weshalb sich die Einheiten kaum noch vermieten ließen.

Dazu kamen bauphysikalische Mängel. Die Haustechnik war veraltet, die Wärmedämmung unzureichend, wegen undichter Fugen waren ganze Bauteile durchfeuchtet. Der Bauherr, das Hochschulsozialwerk Wuppertal, ließ die beiden Gebäude gründlich untersuchen, die möglichen Kosten der Sanierung ermitteln. Das Ergebnis zeigte, dass eine solche dem Abriss und Neubau vorzuziehen sei.

Mit der Sanierung wurde das Düsseldorfer Büro Petzinka Pink in Zusammenarbeit mit Architektur Contor Müller Schlüter aus Wuppertal betraut.

Der Entwurf der Architektenpartnerschaft wurde in zwei Bauabschnitten umgesetzt, in den zweiten Bauabschnitt konnten die bereits gewonnenen Erfahrungen einfließen.

Das Konzept besteht im Wesentlichen aus drei aufeinander abgestimmten Komponenten. Die Architekten ließen die zentralen Kerne mit Treppenhäusern, Gemeinschaftsbädern und Küchen entfernen, sie teilten dadurch jeden der beiden Baukörper in wiederum zwei L-förmige Häuser. Die neue Erschließung bildet nun je ein im Grundriss dreieckiges, einfachverglastes und unbeheiztes Treppenhaus, das als Scharnier zwischen den beiden Gebäudeflügeln fungiert.

Die stehen gebliebenen Riegel wurden entkernt, die tragenden Betonschotten blieben erhalten. Die kleinen Wohnzellen wurden zu etwa 19 m² großen Apartments mit Bad und Küchenzeile erweitert, ein Raumgewinn, der erst durch die Versetzung der Außenhaut um jeweils zwei Meter nach außen ermöglicht wurde. Stahlbetonschotten erweitern dafür die Decken- und Wandflächen des Bestands, mit dem sie biegesteif verdübelt wurden. Diese neuen Schotten übernehmen dadurch die Aussteifung, welche vorher die Treppenhauskerne geleistet hatten.

Letztlich wichtigster Baustein der Sanierung ist die Erneuerung der Fassade mit Elementen in Holztafelbauweise. Die neue Fassade ist für ein zeitgemäßes Äußeres verantwortlich, vor allem aber trägt sie zu wesentlich verbesserten bauphysikalischen Werten und zum deutlich reduzierten Energieverbrauch bei.

Die vorgefertigten, geschosshohen und 12 m langen Elemente wurden bereits werkseitig mit Dämmung, Fenstern, Absturzsicherung, Außen- und Innenbeplankung versehen. Die Stöße zwischen den Elementen wurden vor Ort geschlossen, indem die Folien miteinander verklebt und an den horizontalen Stößen durch Aluminium-Kantbleche geschützt wurden. Dank der Vorfertigung lässt sich jene Ausführungspräzision in den Details erreichen, die notwendig ist, um die Potenziale zur energetischen Verbesserung mit einer solchen Konstruktion auch auszuschöpfen. Die großen Elemente reduzieren außerdem die auf der Baustelle zu schließenden Fugen. Im ersten Bauabschnitt, dem östlichen der ursprünglich zwei Gebäudeteile, konnte durch die neue Fassade der Niedrigenergiestandard erreicht werden, der Heizwärmebedarf liegt hier nun nach Messungen des den Bau begleitenden Fraunhofer Instituts für Bauphysik in Stuttgart bei 68 kWh/m2a (vor der Sanierung hatte er bei 161 kWh/m2a gelegen). In diesem Bereich wurde beim zweiten Bauabschnitt nachgebessert: Die Dämmung wurde weiter optimiert und statt einer bedarfsorientierten Abluftanlage wurde eine zentral gesteuerte Lüftungsanlage installiert, so dass nun sogar der Passivhausstandard erreicht werden konnte (Heizenergiebedarf nach Energieeinsparungsverordnung und din 26 kWh/m2a).

Das ist für ein saniertes Gebäude wahrlich eine bemerkenswerte Leistung. Das Architektur Contor Müller konnte die gewonnenen Erkenntnisse bei einem weiteren Bau nutzen: Auch das Betriebs- und Verwaltungsgebäude der Remscheider Entsorgungsbetriebe wurden mit einer Fassade aus vorgefertigten Holzelementen saniert, auch hier tragen die Elemente maßgeblich zur Qualitätssicherung und Luftdichtigkeit des Gebäudes bei, so dass die gesetzlichen Vorgaben ebenfalls weit übertroffen werden konnten. Eine echte Erfolgsgeschichte. (Zeitschrift Zuschnitt 30, 2008; Seite 18f.)

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Für den Beitrag verantwortlich: zuschnitt

Ansprechpartner:in für diese Seite: Kurt Zweifelzweifel[at]proholz.at

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