Bauwerk

Haus Pe
PPA architects - Wien (A)

Zu Hause im eigenen Werk

Wenn ein Architekt für sich selbst baut, dann muss das Resultat schon außergewöhnlich sein. In Wien Leopoldau steht die Residenz von Georg Petrovic: wenig 08/15 und viel 007.

6. Dezember 2008 - Wojciech Czaja
Es ist schon zehn Jahre her, da erschien im Callwey-Verlag ein Buch über die Wohnvorlieben von Architekten. Keine drei Jahre später kam dann der nächste prächtige Bildband heraus, diesmal im Knesebeck Verlag unter dem Titel Architekten und ihre Häuser. Fazit: Beruflich propagieren die Meister des räumlichen Erschaffens ein Leben in neuen Mauern, privat ziehen sie sich allerdings lieber ins coole Loft zurück oder in die Altbauwohnung mit Flügeltüren und Parkettboden. Fragt man nach, heißt es dann: Der Boden sei so schön, die Wohnung atme so viel Geschichte, und dann erst die Raumhöhe!

Umso bemerkenswerter also, wenn ein Architekt nicht nur in einem Neubau residiert, sondern auch noch in einem von ihm selbst geplanten Haus - eine Rarität. Georg Petrovic, 46 Lenze am Buckel, eine Frau, zwei Töchter und drei Söhne, ist ein solcher Protagonist der seltenen Sorte. Sein Haus in Wien Leopoldau ist wohl das, was im Volksmund als sogenanntes Architektenhaus die Runde macht. Schlichte Kiste, coole Materialien, penibel geplant bis ins letzte Detail.

„Ich sage Ihnen: Bis es so weit ist, dass man ins eigene Haus einziehen kann, vergeht eine halbe Ewigkeit“, sagt Petrovic, „da merkt man dann am eigenen Leibe, was Bauherren im Normalfall alles durchmachen müssen.“ Leicht sei es jedenfalls nicht, wenn man Bauherr und Planer in einer Person ist. Und vor allem: „Von manchen Details kann man einfach nicht die Finger lassen.“

Was als Erstes auffällt, sind die Edelstahlringe im ersten Stock. Manche von ihnen sind gefüllt mit gelben, roten und blauen Gläsern, andere sind leer. Dahinter gibt es Schiebeelemente mit einer textilen Bespannung. „Die Gläser vor dem Balkon sind in erster Linie ein Sichtschutz, eine Art Filter“, sagt der Architekt. Doch die Form ist kein Zufall: „Hier in der Gegend gibt es noch viele Häuser mit Butzengläsern in den Fenstern. Darauf wollte ich mit der Fassade Bezug nehmen“ Die Älteren unter uns kennen die Butzengläser noch von den Anfängen des 20. Jahr-hunderts: in Messing eingefasste, gelbe und grüne Flaschenböden, eine damals billige Art, Fenster zu bauen.

Ein Vorzimmer wie eine Höhle

Abgesehen von diesem Zitat ist das Haus Petrovic alles andere als nostalgisch. Futuristisch und modern kommt die graue Kiste daher. Besonders sehenswert ist das Vorzimmer. Wie im James-Bond-Film Der Mann mit dem goldenen Colt versprühen die geböschten und rau verputzten Wände einen Hauch von steiniger Felsenästhetik, von filmgebauter Utopie. Als wäre man Bösewicht Scaramanga, kann man bei Telefonieren Platz nehmen im brauen Baseball-Stuhl der italienischen Designerin Patricia Urquiola. Petrovic: „Diesen Stuhl wollten wir unbedingt haben. Von Anfang an war er Teil der Planung.“

Eine künstliche Felsspalte führt ins Wohnzimmer, in ein Raumkontinuum aus Wohnen, Kochen und Essen. Durch eine raumhohe Glasfassade rinnt der Wohnbereich auf die Terrasse aus. Eine andere Felsspalte geleitet den Architekten und seine Familie ins Obergeschoß. Einseitig eingespannte Kragarme aus Stahlbeton bilden die Stiege, ein schlichtes Nirorohr dient als Handlauf. Farbenfroh und basisdemokratisch dann das Reich der Kinder: Jede und jeder konnte eine eigene Corporate-Farbe für die Tür ins Kinderzimmer wäh- len. Hier Gelb und Grau, dort Rosa und Violett. Da schmunzelt der Architekt: „Ihnen muss es ja ge- fallen.“

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