Bauwerk

Wohnüberbaung Chalavus
Pablo Horváth - St. Moritz (CH) - 2009

Vereinigte Bündner Stile

25. Februar 2009 - Ivo Bösch
Pablo Horváth ist in St. Moritz aufgewachsen. Dem analogen Architekten liegt der Kanton Graubünden am Herzen. Mit seiner Wohnüberbauung Chalavus knüpft er an eine regionale Architektur an. Zwar ist ein Bündner Stil nicht genauer definiert, aber wenigstens nennt Horváth seine Quellen: den St. Moritzer Architekten Nikolaus Hartmann, die um die Jahrhundertwende errichteten Grand Hotels La Margna und Suvretta House, den modernen Davoser Architekten Rudolf Gaberel und die traditionellen Engadiner Häuser. Hartmann be­nutzte Tuffstein, Horváth kleidet das Sockelgeschoss seines Neubaus in Travertin. Der grobkörnige Fassadenputz soll an die Besenwurfputze der Bündner Heimatstil-Häuser erinnern und die Hoffassade aus Lärchenschindeln ist auch bei Gabarel zu sehen. Schliesslich sind die grossen Panoramafenster eine Interpretation des «balcun tort» (Erker) des Engadiner Hauses. Kurz: Der Neubau transportiert Elemente des traditionellen Bauens in die heutige Zeit.

Inmitten von St. Moritz-Bad hat Pablo Horváth eine grosse Lücke geschlossen. Im Erdgeschoss sollen Läden und eine Cafeteria die Verkehrsachse beleben. Da in St. Moritz Wohnungen schwer zu finden sind, besonders auch für ältere Einheimische, hat sich die Gemeinde am Bau beteiligt. Im Zwischentrakt stehen 26 Seniorenwohnungen mit einer Spitexstation fürs «Wohnen ab 55» zur Verfügung. Damit sich das Ganze rechnet, hat der Bauherr in den Seitenflügeln zwan­zig Zweitwohnungen verkauft. Immerhin drei davon gingen an Einheimische.

Ist ein Haus mit zwei ganz verschiedenen materialisierten Fassaden nicht gegen jede Regel der Architektur? Horváth erklärt den Entscheid aus der Situation: Vorne ist die lebendige Geschäftsstrasse, auf der Rückseite der ruhige, sonnige und alpine Hof. «Wir haben den beiden unterschiedlichen städtischen und landschaftlichen Gesichtern von St. Moritz-Bad mit der städtebaulichen Setzung Rechnung getragen.» Er wolle den weitverbreiteten Schematismus brechen. Entstanden ist ein dichter und eigenwilliger Bau, der spielerisch, aber nicht willkürlich entworfen ist. Chalavus ist eine gelungene Alternative zum verpönten Chaletbau oder zum ambitionierten Foster-Ufo.

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