Bauwerk
e-science Lab ETHZ
Baumschlager Eberle Architekten - Zürich (CH) - 2008
Sonderpreis Österreichischer Staatspreis für Architektur und Nachhaltigkeit 2010
Die ETH Zürich möchte am Standort Hönggerberg die 2.000-Watt-Gesellschaft erreichen. Das neue Gebäude HIT ist ein wesentlicher Schritt dorthin und ein klares Beispiel dafür, wie Architektur und Nachhaltigkeit einander befruchten können
28. Mai 2010 - newroom
Die ETH, die Eidgenössische Technische Hochschule in Zürich, ist ständig in Bewegung. Die Spitzenuniversität reagiert rasch auf wissenschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen und schafft immer wieder neue Professuren mit großem Gestaltungsspielraum für renommierte Wissenschaftler.
Flexibilität und Qualität waren auch die Anforderungen, die die ETH im Jahr 2001 bei der Ausschreibung eines Studienwettbewerbes für ein neues Gebäude für den Standort Hönggerberg am Stadtrand von Zürich stellte. Es war ursprünglich für Zukunftsbereiche wie Biowissenschaften und Informationswissenschaften gedacht und sollte gleichzeitig Raum für Ausstellungen und Veranstaltungen bieten. Aus dem Wettbewerb, an dem sich 20 Teams beteiligt hatten, empfahl das Beurteilungsgremium das Projekt des Architekturbüros Baumschlager Eberle aus Lochau in Vorarlberg zur Weiterbearbeitung.
Maximale Flexibilität
Weil die ETH erst nach fünf Jahren die Finanzierung sicherstellen konnte, hatten die ursprünglichen Nutzer bereits ein anderes Gebäude bezogen. So wurde entschieden, das HIT zu einem Rochade-Gebäude zu machen, in dem neue Professuren oder Institute vorübergehend untergebracht werden können. „Unser Entwurf hatte bereits ein flexibel nutzbares Gebäude vorgesehen, das kam diesen Überlegungen sehr entgegen“, erzählt Architekt Elmar Hasler, geschäftsführender Gesellschafter von Baumschlager Eberle St. Gallen. Wenn man das HIT betritt, wird diese Offenheit für die stetige Erneuerung sofort spürbar, das Haus lädt ein. Erst bei näherer Beschäftigung mit dem Gebäude erfährt man, dass das Wohlgefühl eine Folge sorgfältigster Planung ist, die die Nachhaltigkeit von der Gebäudeform bis zum Lichtschalter zum Prinzip erklärt hat.
Nachhaltig im Großen wie im Kleinen
Die Grundform des HIT ist ein Quader, also die optimale Form für sparsamen Energieverbrauch. Zur Verdichtung und Strukturierung wurden in den Hof sechs Seminarräume über die Stockwerke versetzt eingehängt. Im Erdgeschoss lädt eine gelbe Box, die je nach Bedarf offene Lounge oder geschlossenes Multimedia- Auditorium sein kann, zum Verweilen und Kommunizieren ein. Den Rahmen des Hofes bilden die beiden Erschließungstrakte, in denen die Stiegenhäuser, Sanitäranlagen, Lifte und Leitungsschächte untergebracht sind. Außen liegen die Büros und Besprechungsräume, die durch die vollflächige Verglasung eine Verbindung zum ländlichen Hönggerberg schaffen. Jedes zweite Glaselement ist eine Tür, sodass alle Räume Zugang zum umlaufenden Balkon haben.
Die Arbeitsräume sind im Raster von 1,20 Meter modular aufgebaut und können nach Bedarf vergrößert oder verkleinert werden. Das Besondere dabei ist, dass jede Raumeinheit ihr eigenes Mikroklima hat. Heizung, Kühlung und Lüftung erfolgen über Quellluft- Induktionsgeräte, die vor den Fenstern im Doppelboden versenkt sind. Die Idee dafür stamme aus den 1970er-Jahren, so Elmar Hasler, sei damals jedoch wieder fallen gelassen worden, weil die Geräte zu hohe Luftgeschwindigkeiten erzeugten. Baumschlager Eberle hat sie jetzt gemeinsam mit der Firma LTG für das HIT weiterentwickelt. Nach den positiven Erfahrungen werden diese Anlagen nun von mehreren Firmen hergestellt. Im HIT ist die Belüftung außerdem „intelligent“: Öffnet ein Nutzer das Fenster, schaltet ein Sensor das Lüftungsgerät ab.
Auch die Beleuchtung der Arbeitsräume kann flexibel gestaltet werden. Die Deckenlampen werden mit einem drahtlosen Lichtschalter bedient, der einfach auf die Glaswand zum Gang aufgesetzt und je nach Anzahl der Lampen im Raum programmiert wird. „Der Schalter erzeugt beim Tastendruck die Energie, die er zum Senden des Funkimpulses an die Lampen braucht“, erklärt Elmar Hasler. Alle Lampen haben außerdem einen Bewegungsmelder und einen Tageslichtsensor eingebaut, wodurch ein Optimum an Behaglichkeit bei gleichzeitiger Energieeffizienz erreicht wird. Die Heizenergie für das HIT wird derzeit aus dem Niedertemperaturnetz der ETH Zürich am Campus bezogen. Die Gebäudetechnik ist aber bereits für die Einbindung in die geplante Energieversorgung des gesamten Campus mit Erdwärme vorbereitet. Die ETH möchte am Hönggerberg ihre Vision der 2.000-Watt- Gesellschaft verwirklichen. Demnach soll der Energiebedarf eines Menschen einer durchschnittlichen Leistung von 2.000 Watt entsprechen statt der derzeit in der Schweiz üblichen 5.000 bis 6.000 Watt.
Schatten nach Maß
Besondere Bedeutung für Architektur und Nachhaltigkeit hat die Beschattung der Vollglasfassade. „Die Nutzer mögen es nicht, wenn an einem schönen Sommertag die Jalousien geschlossen sind“, sagt Elmar Hasler. Der Endeffekt ist meist, dass die Jalousien geöffnet und die Klimaanlage kälter gestellt werden. Baumschlager Eberle strebte deshalb eine nutzerunabhängige und trotzdem komfortable Beschattung an und überlegte, dafür bewegliche Glaselemente einzusetzen. Das wiederum wollte die ETH nicht, weil bewegliche Elemente zu häufig repariert werden müssen, was Kosten verursacht.
Die Lösung – eine Beschattung durch Natursteinblenden aus Travertin – ist nachhaltig und gibt dem HIT sein markantes Erscheinungsbild. Die Architekten simulierten dafür die Sonneneinstrahlung für das gesamte Gebäude über das ganze Jahr und berechneten für jede Himmelsrichtung die passenden Elementmaße. Zur Durchbrechung des dabei entstehenden Gitters gibt es an drei Seiten Einschnitte für den Eingangsbereich und zwei große Fenster.
Sparsam von Anfang an
Der kompakte Baukörper, die Speicherleistung der Konstruktion, der bauliche Sonnenschutz und die feine Regulierung des Raumklimas tragen wesentlich dazu bei, dass beim HIT der Minergie-ECO-Standard unterschritten wird. Nachhaltigkeit wird aber nicht nur in Bezug auf den Energieverbrauch gesehen. So sorgen beispielsweise Oberflächen aus Glas, Travertin und geöltem Stahl für reduzierten Pflege- und Sanierungsaufwand, die Verlegung der Leitungen in Schächten und im Zwischenboden für leichte Zugänglichkeit.
„Baumschlager Eberle arbeitet seit vielen Jahren konsequent daran, die architektonischen Mittel so zu entwickeln, dass sie die klimatechnischen Aspekte der Gebäude wesentlich mitregulieren und gewährleisten“, stellt die Jury des Staatspreises anerkennend fest. Das HIT in Zürich sei ein gelungenes und an diesem prominenten Standort besonders wirkungsvolles Beispiel für Architektur, „die das Technische aus sich heraus mitleistet und bei Erzielung höchster einschlägiger Kennwerte dennoch die gestalterische Priorität setzt.“ (Text: Sonja Bettel)
Flexibilität und Qualität waren auch die Anforderungen, die die ETH im Jahr 2001 bei der Ausschreibung eines Studienwettbewerbes für ein neues Gebäude für den Standort Hönggerberg am Stadtrand von Zürich stellte. Es war ursprünglich für Zukunftsbereiche wie Biowissenschaften und Informationswissenschaften gedacht und sollte gleichzeitig Raum für Ausstellungen und Veranstaltungen bieten. Aus dem Wettbewerb, an dem sich 20 Teams beteiligt hatten, empfahl das Beurteilungsgremium das Projekt des Architekturbüros Baumschlager Eberle aus Lochau in Vorarlberg zur Weiterbearbeitung.
Maximale Flexibilität
Weil die ETH erst nach fünf Jahren die Finanzierung sicherstellen konnte, hatten die ursprünglichen Nutzer bereits ein anderes Gebäude bezogen. So wurde entschieden, das HIT zu einem Rochade-Gebäude zu machen, in dem neue Professuren oder Institute vorübergehend untergebracht werden können. „Unser Entwurf hatte bereits ein flexibel nutzbares Gebäude vorgesehen, das kam diesen Überlegungen sehr entgegen“, erzählt Architekt Elmar Hasler, geschäftsführender Gesellschafter von Baumschlager Eberle St. Gallen. Wenn man das HIT betritt, wird diese Offenheit für die stetige Erneuerung sofort spürbar, das Haus lädt ein. Erst bei näherer Beschäftigung mit dem Gebäude erfährt man, dass das Wohlgefühl eine Folge sorgfältigster Planung ist, die die Nachhaltigkeit von der Gebäudeform bis zum Lichtschalter zum Prinzip erklärt hat.
Nachhaltig im Großen wie im Kleinen
Die Grundform des HIT ist ein Quader, also die optimale Form für sparsamen Energieverbrauch. Zur Verdichtung und Strukturierung wurden in den Hof sechs Seminarräume über die Stockwerke versetzt eingehängt. Im Erdgeschoss lädt eine gelbe Box, die je nach Bedarf offene Lounge oder geschlossenes Multimedia- Auditorium sein kann, zum Verweilen und Kommunizieren ein. Den Rahmen des Hofes bilden die beiden Erschließungstrakte, in denen die Stiegenhäuser, Sanitäranlagen, Lifte und Leitungsschächte untergebracht sind. Außen liegen die Büros und Besprechungsräume, die durch die vollflächige Verglasung eine Verbindung zum ländlichen Hönggerberg schaffen. Jedes zweite Glaselement ist eine Tür, sodass alle Räume Zugang zum umlaufenden Balkon haben.
Die Arbeitsräume sind im Raster von 1,20 Meter modular aufgebaut und können nach Bedarf vergrößert oder verkleinert werden. Das Besondere dabei ist, dass jede Raumeinheit ihr eigenes Mikroklima hat. Heizung, Kühlung und Lüftung erfolgen über Quellluft- Induktionsgeräte, die vor den Fenstern im Doppelboden versenkt sind. Die Idee dafür stamme aus den 1970er-Jahren, so Elmar Hasler, sei damals jedoch wieder fallen gelassen worden, weil die Geräte zu hohe Luftgeschwindigkeiten erzeugten. Baumschlager Eberle hat sie jetzt gemeinsam mit der Firma LTG für das HIT weiterentwickelt. Nach den positiven Erfahrungen werden diese Anlagen nun von mehreren Firmen hergestellt. Im HIT ist die Belüftung außerdem „intelligent“: Öffnet ein Nutzer das Fenster, schaltet ein Sensor das Lüftungsgerät ab.
Auch die Beleuchtung der Arbeitsräume kann flexibel gestaltet werden. Die Deckenlampen werden mit einem drahtlosen Lichtschalter bedient, der einfach auf die Glaswand zum Gang aufgesetzt und je nach Anzahl der Lampen im Raum programmiert wird. „Der Schalter erzeugt beim Tastendruck die Energie, die er zum Senden des Funkimpulses an die Lampen braucht“, erklärt Elmar Hasler. Alle Lampen haben außerdem einen Bewegungsmelder und einen Tageslichtsensor eingebaut, wodurch ein Optimum an Behaglichkeit bei gleichzeitiger Energieeffizienz erreicht wird. Die Heizenergie für das HIT wird derzeit aus dem Niedertemperaturnetz der ETH Zürich am Campus bezogen. Die Gebäudetechnik ist aber bereits für die Einbindung in die geplante Energieversorgung des gesamten Campus mit Erdwärme vorbereitet. Die ETH möchte am Hönggerberg ihre Vision der 2.000-Watt- Gesellschaft verwirklichen. Demnach soll der Energiebedarf eines Menschen einer durchschnittlichen Leistung von 2.000 Watt entsprechen statt der derzeit in der Schweiz üblichen 5.000 bis 6.000 Watt.
Schatten nach Maß
Besondere Bedeutung für Architektur und Nachhaltigkeit hat die Beschattung der Vollglasfassade. „Die Nutzer mögen es nicht, wenn an einem schönen Sommertag die Jalousien geschlossen sind“, sagt Elmar Hasler. Der Endeffekt ist meist, dass die Jalousien geöffnet und die Klimaanlage kälter gestellt werden. Baumschlager Eberle strebte deshalb eine nutzerunabhängige und trotzdem komfortable Beschattung an und überlegte, dafür bewegliche Glaselemente einzusetzen. Das wiederum wollte die ETH nicht, weil bewegliche Elemente zu häufig repariert werden müssen, was Kosten verursacht.
Die Lösung – eine Beschattung durch Natursteinblenden aus Travertin – ist nachhaltig und gibt dem HIT sein markantes Erscheinungsbild. Die Architekten simulierten dafür die Sonneneinstrahlung für das gesamte Gebäude über das ganze Jahr und berechneten für jede Himmelsrichtung die passenden Elementmaße. Zur Durchbrechung des dabei entstehenden Gitters gibt es an drei Seiten Einschnitte für den Eingangsbereich und zwei große Fenster.
Sparsam von Anfang an
Der kompakte Baukörper, die Speicherleistung der Konstruktion, der bauliche Sonnenschutz und die feine Regulierung des Raumklimas tragen wesentlich dazu bei, dass beim HIT der Minergie-ECO-Standard unterschritten wird. Nachhaltigkeit wird aber nicht nur in Bezug auf den Energieverbrauch gesehen. So sorgen beispielsweise Oberflächen aus Glas, Travertin und geöltem Stahl für reduzierten Pflege- und Sanierungsaufwand, die Verlegung der Leitungen in Schächten und im Zwischenboden für leichte Zugänglichkeit.
„Baumschlager Eberle arbeitet seit vielen Jahren konsequent daran, die architektonischen Mittel so zu entwickeln, dass sie die klimatechnischen Aspekte der Gebäude wesentlich mitregulieren und gewährleisten“, stellt die Jury des Staatspreises anerkennend fest. Das HIT in Zürich sei ein gelungenes und an diesem prominenten Standort besonders wirkungsvolles Beispiel für Architektur, „die das Technische aus sich heraus mitleistet und bei Erzielung höchster einschlägiger Kennwerte dennoch die gestalterische Priorität setzt.“ (Text: Sonja Bettel)
Für den Beitrag verantwortlich: newroom
Ansprechpartner:in für diese Seite: nextroom
Akteure
ArchitekturBauherrschaft
Tragwerksplanung
Landschaftsarchitektur
Fotografie