Bauwerk
Einraumwohnung Sackstraße
Heinz Wondra - Graz (A) - 1993
450 Jahre Laubengang
5. Februar 2010 - HDA
Laubengangwohnungen stellen den Archetypus städtischen Wohnens dar. Der Architekt Heinz Wondra wollte sich in Büronähe eine fallweise zu benützende Bleibe schaffen und er hat daher einen Raum seines Büros im Hofhaus eines Renaissancepalais in der Grazer Innenstadt zur separierten, kompakten Einraumwohnung umgestaltet - mit einem zur Sanitärzelle aufgewerteten Klo am Laubengang.
Ein ehemaliger Wirtschaftsraum an einem spätgotischen Laubengang, knapp 24 m² groß, sollte zum persönlichen Lebensbereich werden. Nicht vordergründig das Kappengewölbe, die Nischen und die schiefen Wände bestimmen die Entwurfsidee, sondern der Respekt vor 450 Jahren verschiedenster Nutzung - vor der Geschichte der Wände - die sich in Schichten übereinander ausdrückt. Der Raum wird in seiner Ganzheit nicht angetastet, jeder Eingriff erfolgt mit Distanz zu den bestehenden raumbildenden Elementen.
Ein überdimensionierter Stahltisch füllt fast bis auf halbe Raumhöhe eine Breitseite des Raumes. Er ist gleichermaßen Liegestatt wie Bergemöbel für Stahlcontainer auf Rollen, für einen Fernsehapparat, der entlang einer Schiene in den Wohnraum geschoben werden kann und eine fahrbare Küche in Form eines Stahltisches mit in einer Glasplatte eingelassenen Kochmulden. All das befindet sich hinter einem zweiteiligen, türhohen Paravent aus weiß gestrichenem Stahlblech und kann nach Bedarf und nach der Anzahl der Gäste beliebig herausgeschoben werden. So weit, so funktionell - nicht aber bei Wondra; bei ihm bilden die beiden Elemente des Paravents mit zwei rechtwinkelig dazugestellten getönten Glasplatten, die einem Stahlregal und der Eingangstüre vorgehängt sind, eine Art Tryptichon. Die geschlossenen Tafeln lassen das Dahinterliegende diffus durchschimmern und geben dem Raum einen fast weihevollen Abschluß. Sind sie geöffnet und damit jeweils vor die anderen geklappt, deuten ihre Kanten einen Fluchtpunkt jenseits des perspektivisch erweiterten Raums an.
Während manches sehr artifiziell und ausgefeilt wirkt, scheint anderes eher beiläufig entstanden und verweist auf die spartanische Genügsamkeit des Architekten als Bauherr. So ist der neue Boden aus billigen Fichtenbrettern nicht nur einfach auf das bestehende Linoleum gelegt, sondern zeigt mit seiner autonomen Form, die den alten Boden teilweise sichtbar lässt und mit der Kontur des Raumes nichts zu tun hat, eine ökonomische Haltung. Ein Paket der vier Meter langen Bretter aus dem Baumarkt wurde aufgebraucht - ohne Zu- und Verschnitt.
Die Raffinesse solch einfacher Lösungen wird dort augenscheinlich, wo ein Bild an einem Stahlseil hängt und so verschoben werden kann, dass es bei Bedarf, einem Vorhang gleich, das Fenster zum Laubengang verdeckt. Das Bild als Teil einer räumlichen Komposition, das auch Objekt mit Funktion ist, entspricht der Klappwand aus orangem Riffelblech im ebenfalls umgebauten Klo. Sie trennt den Raum in eine Duschzelle und einen Trockenbereich und bringt dadurch, als ästhetischen Effekt, in diesen schiefwinkeligen Restraum Klarheit und Strenge der Geometrie. Doppelbedeutungen dieser Art charakterisieren Heinz Wondra mehr als Worte zur Person.
(Text: Karin Tschavgova)
Ein ehemaliger Wirtschaftsraum an einem spätgotischen Laubengang, knapp 24 m² groß, sollte zum persönlichen Lebensbereich werden. Nicht vordergründig das Kappengewölbe, die Nischen und die schiefen Wände bestimmen die Entwurfsidee, sondern der Respekt vor 450 Jahren verschiedenster Nutzung - vor der Geschichte der Wände - die sich in Schichten übereinander ausdrückt. Der Raum wird in seiner Ganzheit nicht angetastet, jeder Eingriff erfolgt mit Distanz zu den bestehenden raumbildenden Elementen.
Ein überdimensionierter Stahltisch füllt fast bis auf halbe Raumhöhe eine Breitseite des Raumes. Er ist gleichermaßen Liegestatt wie Bergemöbel für Stahlcontainer auf Rollen, für einen Fernsehapparat, der entlang einer Schiene in den Wohnraum geschoben werden kann und eine fahrbare Küche in Form eines Stahltisches mit in einer Glasplatte eingelassenen Kochmulden. All das befindet sich hinter einem zweiteiligen, türhohen Paravent aus weiß gestrichenem Stahlblech und kann nach Bedarf und nach der Anzahl der Gäste beliebig herausgeschoben werden. So weit, so funktionell - nicht aber bei Wondra; bei ihm bilden die beiden Elemente des Paravents mit zwei rechtwinkelig dazugestellten getönten Glasplatten, die einem Stahlregal und der Eingangstüre vorgehängt sind, eine Art Tryptichon. Die geschlossenen Tafeln lassen das Dahinterliegende diffus durchschimmern und geben dem Raum einen fast weihevollen Abschluß. Sind sie geöffnet und damit jeweils vor die anderen geklappt, deuten ihre Kanten einen Fluchtpunkt jenseits des perspektivisch erweiterten Raums an.
Während manches sehr artifiziell und ausgefeilt wirkt, scheint anderes eher beiläufig entstanden und verweist auf die spartanische Genügsamkeit des Architekten als Bauherr. So ist der neue Boden aus billigen Fichtenbrettern nicht nur einfach auf das bestehende Linoleum gelegt, sondern zeigt mit seiner autonomen Form, die den alten Boden teilweise sichtbar lässt und mit der Kontur des Raumes nichts zu tun hat, eine ökonomische Haltung. Ein Paket der vier Meter langen Bretter aus dem Baumarkt wurde aufgebraucht - ohne Zu- und Verschnitt.
Die Raffinesse solch einfacher Lösungen wird dort augenscheinlich, wo ein Bild an einem Stahlseil hängt und so verschoben werden kann, dass es bei Bedarf, einem Vorhang gleich, das Fenster zum Laubengang verdeckt. Das Bild als Teil einer räumlichen Komposition, das auch Objekt mit Funktion ist, entspricht der Klappwand aus orangem Riffelblech im ebenfalls umgebauten Klo. Sie trennt den Raum in eine Duschzelle und einen Trockenbereich und bringt dadurch, als ästhetischen Effekt, in diesen schiefwinkeligen Restraum Klarheit und Strenge der Geometrie. Doppelbedeutungen dieser Art charakterisieren Heinz Wondra mehr als Worte zur Person.
(Text: Karin Tschavgova)
Für den Beitrag verantwortlich: HDA
Ansprechpartner:in für diese Seite: Karin Wallmüller