Bauwerk
Herminenhof
ZT Arquitectos Lda - Wels (A) - 2010
Herminenhof: Punkt für Wels
In Linz gibt es den Wissensturm, in Wels den Herminenhof. Trotz inhaltlicher Parallelen könnten sie architektonisch nicht unterschiedlicher sein.
13. Juli 2013 - Lorenz Potocnik
Der neue Herminenhof ist dem Wissensturm in Bezug auf Lage in der Stadt, Raumqualität, Synergien der Nutzer und Planungskultur weit überlegen. Punkt für Wels.
Ein prächtiger Fabrikbau in der Maria-Theresia-Straße vereint Musikschule, Bibliothek, Stadtarchiv und eine Geschäftsstelle der Volkshochschule zu einem lebendigen Kulturzentrum. Seit 1930 im Besitz der Stadt, wurde die alte Substanz mit rund 5600 Quadratmetern Nutzfläche hervorragend generalsaniert und umgebaut.
Der Schutz des Industriedenkmals besteht in erster Linie in der neuen Verwendung und geschickten Anordnung des Raumprogramms im Bestand: Die prächtigen Säulenhallen wurden für eine offene Bibliothek genutzt, die Musikschule mit ihren kleinen Proberäumen befindet sich stattdessen im leichter umzubauenden westlichen Teil des Hofes und im ehemaligen Dachboden.
Ein großer (erst im Laufe der Planungen dazugekommener) Probesaal wurde in der angrenzenden Wiese vom Bestand abgerückt und teils versenkt. Die Lichtstimmung darin ist ausgezeichnet, ein kleiner Hof schafft Konzentration und Bezug nach außen. Die Art und Weise, wie der Saal, verkleidet mit rostenden Stahlplatten (ja genau!), in der kleinen Wildnis steht, ist entspannend.
Gehen wir in die Bibliothek. Die ist keine Glas-Rigips-Schachtel, sondern ein wunderbares Wohnzimmer. Die Stimmung ist großzügig und hell. Holzdecken und -säulen sind wunderschön. Wo statisch nötig (so wie im gesamten Gebäude), wurde mit Stahl prothesenartig und gut sichtbar aufgedoppelt. Kaputte Holzsäulen wurden durch neue, schlichte ersetzt. Dieser Raum ist mehr als nur Stadtbibliothek.
Das vielfältige Angebot und die Raumqualität ziehen an. Die Synergie mit der Musikschule und dem Archiv ist offensichtlich: Während die Kinder drüben Musik machen oder tanzen (2000 Schüler aller Altersgruppen), geht Mama oder Papa noch schnell was schmökern.
Portugiesische Architekten
Hervorzuheben ist auch die Organisation. Die einzelnen Funktionen in den Trakten sind vom Zugang und im Betrieb autonom. Durch das offene Foyer werden sie zusammengehalten. Um diese offene „Straße“ gruppieren sich die Veranstaltungssäle, sie sind gut von extern zu nutzen. Die alten Gewölbe prägen den Raum. Glas erlaubt Durchblicke in alle Richtungen, die Orientierung fällt leicht. Das Foyer ist – im Zusammenspiel mit den Höfen – ein geeigneter Ort für Feste.
Die architektonische Qualität ist kein Zufall: 2003 wurde ein europaweiter zweistufiger Wettbewerb gestartet. Das portugiesische Büro ZT architectos entschied den Wettbewerb gegen 16 Konkurrenten für sich. Die Planung und Umsetzung erfolgte in Kooperation mit dem Grazer Büro Zinterl Architekten zwischen 2006 und 2009. Eröffnung war Anfang 2010, die Kosten beliefen sich auf 14,6 Millionen Euro. Stadt, Land, Architekten und Denkmalschutz arbeiteten hervorragend zusammen.
1907 wurde hier übrigens weniger produziert, dafür viel geritten. Mehr als 100 Pferde des Circus Henry waren im Herminenhof untergebracht. Dieser Zirkus bereiste ab 1891 ganz Mitteleuropa mit einem 3600 Personen fassenden Zelt. Der Zirkusdirektorin Hermine Koschke verdankt das heutige Bildungs- und Kulturzentrum seinen Namen. Im Zuge der Einreichung für eine provisorische, überdachte Reithalle im Hof wurde die Namensgebung amtlich. Der Erste Weltkrieg bedeutete das Ende des Zirkus.
Ein prächtiger Fabrikbau in der Maria-Theresia-Straße vereint Musikschule, Bibliothek, Stadtarchiv und eine Geschäftsstelle der Volkshochschule zu einem lebendigen Kulturzentrum. Seit 1930 im Besitz der Stadt, wurde die alte Substanz mit rund 5600 Quadratmetern Nutzfläche hervorragend generalsaniert und umgebaut.
Der Schutz des Industriedenkmals besteht in erster Linie in der neuen Verwendung und geschickten Anordnung des Raumprogramms im Bestand: Die prächtigen Säulenhallen wurden für eine offene Bibliothek genutzt, die Musikschule mit ihren kleinen Proberäumen befindet sich stattdessen im leichter umzubauenden westlichen Teil des Hofes und im ehemaligen Dachboden.
Ein großer (erst im Laufe der Planungen dazugekommener) Probesaal wurde in der angrenzenden Wiese vom Bestand abgerückt und teils versenkt. Die Lichtstimmung darin ist ausgezeichnet, ein kleiner Hof schafft Konzentration und Bezug nach außen. Die Art und Weise, wie der Saal, verkleidet mit rostenden Stahlplatten (ja genau!), in der kleinen Wildnis steht, ist entspannend.
Gehen wir in die Bibliothek. Die ist keine Glas-Rigips-Schachtel, sondern ein wunderbares Wohnzimmer. Die Stimmung ist großzügig und hell. Holzdecken und -säulen sind wunderschön. Wo statisch nötig (so wie im gesamten Gebäude), wurde mit Stahl prothesenartig und gut sichtbar aufgedoppelt. Kaputte Holzsäulen wurden durch neue, schlichte ersetzt. Dieser Raum ist mehr als nur Stadtbibliothek.
Das vielfältige Angebot und die Raumqualität ziehen an. Die Synergie mit der Musikschule und dem Archiv ist offensichtlich: Während die Kinder drüben Musik machen oder tanzen (2000 Schüler aller Altersgruppen), geht Mama oder Papa noch schnell was schmökern.
Portugiesische Architekten
Hervorzuheben ist auch die Organisation. Die einzelnen Funktionen in den Trakten sind vom Zugang und im Betrieb autonom. Durch das offene Foyer werden sie zusammengehalten. Um diese offene „Straße“ gruppieren sich die Veranstaltungssäle, sie sind gut von extern zu nutzen. Die alten Gewölbe prägen den Raum. Glas erlaubt Durchblicke in alle Richtungen, die Orientierung fällt leicht. Das Foyer ist – im Zusammenspiel mit den Höfen – ein geeigneter Ort für Feste.
Die architektonische Qualität ist kein Zufall: 2003 wurde ein europaweiter zweistufiger Wettbewerb gestartet. Das portugiesische Büro ZT architectos entschied den Wettbewerb gegen 16 Konkurrenten für sich. Die Planung und Umsetzung erfolgte in Kooperation mit dem Grazer Büro Zinterl Architekten zwischen 2006 und 2009. Eröffnung war Anfang 2010, die Kosten beliefen sich auf 14,6 Millionen Euro. Stadt, Land, Architekten und Denkmalschutz arbeiteten hervorragend zusammen.
1907 wurde hier übrigens weniger produziert, dafür viel geritten. Mehr als 100 Pferde des Circus Henry waren im Herminenhof untergebracht. Dieser Zirkus bereiste ab 1891 ganz Mitteleuropa mit einem 3600 Personen fassenden Zelt. Der Zirkusdirektorin Hermine Koschke verdankt das heutige Bildungs- und Kulturzentrum seinen Namen. Im Zuge der Einreichung für eine provisorische, überdachte Reithalle im Hof wurde die Namensgebung amtlich. Der Erste Weltkrieg bedeutete das Ende des Zirkus.
Für den Beitrag verantwortlich: Oberösterreichische Nachrichten
Ansprechpartner:in für diese Seite: nextroom
Akteure
ArchitekturBauherrschaft
Holding Wels Immobilien
Tragwerksplanung