Bauwerk

MPREIS Söll
LORENZATELIERS - Söll (A) - 2012
MPREIS Söll, Foto: David Schreyer
MPREIS Söll, Foto: David Schreyer
Die Gemeinde Söll liegt an einem der meistbefahrenen Verkehrswege Westösterreichs, der Loferer Straße. Eine Neutrassierung des Straßenverlaufs inkl. einer Untertunnelung sollte die Lebensqualität im Ort verbessern, die neue Umfahrung schottet damit jedoch auch den Ort gegen Osten komplett ab. An dieser neuralgischen Stelle konzipierte Peter Lorenz einen MPREIS Lebensmittelmarkt mit Baguette sowie Mietflächen für einen Drogeriemarkt. Aus einer städtebaulichen Betrachtungsweise heraus setzt er den Neubau als langgestreckten Baukörper an die neue Ortskante und verfolgt den Ansatz einer durchgehend gedachten „Einkaufszeile“, die – im Gegensatz zu der sonst an der Peripherie üblichen unzusammenhängenden Bebauung – eine Entwicklung in Richtung dörflich-urbaner Ladenstraße aus alten und neuen Geschäftslokalen anregen soll.

Eine am Bauplatz vorgefundene, eigentlich sehr ungünstig gelegene Roteiche, führte zu einer Zweiteilung des Baukörpers. Der Baum wurde als Zeichen für den Respekt vor der Natur erhalten und markiert nun als Zentrum der ganzen Anlage den Eingang. Die Dachfläche verbindet die in Stahl-Holzkonstruktion errichteten Glasbaukörper und schafft eine überdachte, vorplatzartige Zugangssituation zur Gastronomie bzw. zum Lebensmittelmarkt. Rund um das Gebäude bilden massive, lediglich entrindete Baumstämme einen „Vorhang“ – ein Gestaltungselement, das Lorenz bereits beim MPREIS Markt in Niederndorf (s. eigener Eintrag) einsetzte. Stellte er dort rohe Baumstämme in unregelmäßigen Abständen vertikal nebeneinander, so sind sie beim Markt in Söll horizontal übereinander an einer Stahlkonstruktion aufgehängt. In beiden Fällen fungieren sie als Filter vor der raumhohen Fixverglasung, beschatten die Fassade und lassen im Innenraum spannende Licht- und Schattenspiele entstehen. Außerdem wird ein geschützter Außenbereich definiert, der Richtung Straße zusammen mit dem Vordach eine Einkaufssituation schafft, die mit innerstädtischen Lauben bzw. Galerien vergleichbar ist.

Im linken Teil des Baukörpers befindet sich das Baguette-Café mit einer vorgelagerten Terrasse, in der Innenraumgestaltung des Café-Bereichs wird das Motiv der rohen Holzbaumstämme wieder aufgenommen. Gegenüber betritt man die Verkaufsflächen des Supermarkts, der als überdachter „Marktplatz“ konzipiert wurde. Der Blick über die Regale bleibt in alle Richtungen frei, die Sichtachsen und Blickbezüge wurden so gewählt, dass man von jedem Punkt des Marktes Ausblicke auf die Umgebung und ihre markanten Punkte hat: den „Wilden Kaiser“ im Norden, das Schigebiet „Hohe Salve“ im Süden und den Ort selbst mit seiner, auf einem kleine Hügel liegenden barocken Kirche St. Peter und Paul.

Diese Kirche war auch Bezugspunkt für das in intensiver Zusammenarbeit zwischen Künstler und Architekt entstandene „Kunst-am-Bau“-Werk von Franz Mölk, der – inspiriert von den von Stuck umrahmten Illusionsmalereien – mehrere Deckenspiegel in Form barocker Medaillons gestaltete. Betont wird dieses Werk durch die sonst sehr zurückhaltende, fast „asiatische“ Gestaltung des Innenraums. Auf Farben wurde verzichtet, die auf dünnen Seilen abgehängten, kleine Beleuchtungskörper sind unauffällig, die Decke bleibt weitgehend frei.

„Ästhetik ist kein Selbstzweck, sondern eine optische Verführung, ein Transportmittel für wichtige Botschaften. Architektur kann Botschaften semiotisch zeigen. Infolgedessen haben wir unsere Eingriffe in die Natur in hoher Qualität aber geringstmöglich zu halten – bei gleichzeitigem maximalen Respekt vor der Natur. Dieser Respekt bedingt auch die Eigenständigkeit der Architektur – ein „Nachahmen“ wäre alles andere als Respekt sondern eine Verhöhnung.“ (Peter Lorenz) (Text: Claudia Wedekind)

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Für den Beitrag verantwortlich: aut. architektur und tirol

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