Bauwerk
Kindergarten Doppl-Hart
TWO IN A BOX - Leonding (A) - 2015
4. Mai 2016 - afo
Wald, Kinder, Garten
Das Projekt ist Teil einer regelrechten Kindergarten Offensive der kontinuierlich wachsenden Stadt vor den Toren von Linz. Mehrere Objekte wurden und werden derzeit umgesetzt. In diesem Fall fanden die Stadt und die Caritas als Betreiberin des bisherigen Pfarrkindergartens am Standort zusammen und einigten sich auf die gemeinsame Umsetzung eines Neubaus für vier Gruppen als Kooperationsprojekt. Ein Wettbewerb unter sieben geladenen Teams wurde ausgelobt.
„Der kleine Kindergarten der Pfarre, der vorher hierstand, erinnerte an eine gemütliche Waldhütte“, beschreibt Architekt Andreas Fiereder die ursprüngliche Situation am Grundstück: „Diese kuschelige, leicht verwilderte Stimmung hat uns sehr gefallen, Wald und Gebäude als zusammengehörendes Ganzes – da war Holz eindeutig das Material der Wahl.“ Die beiden Architekten begriffen Haus und Umgebung als kommunizierende Gefäße, die miteinander eng in Beziehung stehen. Das betrifft neben der Materialität auch die räumliche Struktur, die den Waldraum vielfältig mit dem Innenleben des Hauses verschränkt. Die Jury gab Andreas Fiereder und Kollegen Christian Stummer recht – die TWO IN A BOX-Architekten setzten sich mit ihrem Entwurf durch.
Raum als Kontinuum
Fast versteckt hinter einer Wohnhausreihe, von der Straße etwas zurückgesetzt, steht der Kindergarten mitten in der heimeligen Lichtung am Waldrand. Das im Nordosten angrenzende dichte Gefüge aus Schulen, Volkshaus und Kirche wird mit der Bebauung schlüssig fortgesetzt. Zugleich formt der zweigeschoßige Riegel in seiner geometrischen Klarheit zusammen mit der naturräumlichen Umfriedung der Bäume ein stimmiges Ensemble. Der Quader ist mit wenigen gut gesetzten Anfügungen aufgelockert. Sie funktionieren als Verbindungselemente zwischen innen und außen: Im Westen ist das eine Gartentreppe mit Rutschenturm, im Süden formen das auskragende Dach und vorstehende Seitenwände ein schmales Loggien-Band, im Osten bilden der angegliederte Personalbereich und das leichte Vordach eine geschützte Eingangssituation im Freien.
„Um den hochwertigen Außenraum maximal als Spielfläche zu erhalten“, erklärt Fiereder während wir das Haus betreten, „haben wir das Raumprogramm bewusst sehr kompakt gehalten.“ Ein Gefühl übermäßiger Dichte will allerdings nicht aufkommen. Eine großzügig breite, durch Oberlichten in Decke und Dach bestens belichtete Mittelzone durchzieht das Gebäude auf beiden Etagen in gesamter Länge. Die Erschließungsachse verbindet einerseits die Gartenteile im Osten und Westen auf direktem Weg, andererseits dient sie als Begegnungsraum für die Kinder untereinander, für Eltern und Gäste.
Nach Norden öffnet sich diese „Hauptstraße“ in Richtung Wald. Dort weitet sich der Essraum in doppelter Geschoßhöhe bis unters Dach und holt damit die Natur tief und wirksam ins Gebäude. Nebenbei schafft dieses räumliche Herzstück die Verknüpfung mit dem Obergeschoß, wo Leseecke und Bibliothek als Galerie brückenartig in den Raum greifen.
So ergeben die gemeinsam genutzten Raumangebote ein Kontinuum, das innen und außen, oben und unten licht und luftig ineinander webt. Auf der anderen Seite, nach Süden, liegen pro Geschoß zwei Gruppenräume, jeweils getrennt durch einen Bewegungsraum in der Mitte. Jeder Gruppe sind Ruhenischen zugeordnet, die außen als schwarze Erkerboxen die vorgelagerte Loggia strukturieren. Im hinteren Bereich der Gruppenräume gibt es je ein kleines Galeriegeschoß. Als kindlich dimensioniertes Haus im Haus wird das von den Kleinen mit Freude angenommen. Durchlässigkeit und Blickbeziehungen zur Mittelzone bestimmen auch hier das Raumerlebnis. Hier wird die Verbindung durch lange Fensterbänder hergestellt, die bei den Kindern als Ausguck zum Spielen beliebt sind, zugleich als Gestaltungsfläche und Schaukasten dienen.
Komplexe Einfachheit
Mit Ausnahme der Fundamentplatte ist der Kindergarten durch und durch ein Holzbau, der das auch deutlich zeigt. Die tragenden Wandelemente und auch die Zwischenwände aus Brettsperrholz wurden sichtbar belassen. Das kommt dem Raum dank der angenehmen Haptik und warmen Ausstrahlung des Materials zugute. Zudem macht es die Tektonik der Baukonstruktion klar nachvollziehbar. Die beträchtliche Außenwandstärke von 24cm unterstützt mit reichlich Speichermasse den Energiehaushalt. Den Niedrigstenergie-Standard zu erreichen war im Vergleich zur ursprünglich überlegten Holzrahmenbauweise ein Leichtes. Lediglich 10cm Außendämmung waren nötig, um das Gebäude wohltemperiert zu halten. Manchmal braucht es eben nicht viel. Das gilt bekanntlich ebenso für Fragen der Gestaltung. Ganz einfache formale Elemente schaffen durch geschicktes Arrangement ein Gebäude mit wohliger Atmosphäre. Dem Architektenteam ist das hier gelungen, trotz der vielen unterschiedlichen Ansprüche und Bestimmungen, die gerade beim Bauen für die Kleinsten wirksam sind: Pädagogische Überlegungen, bauphysikalische Sollwerte, Sicherheitsbestimmungen und Zielvorgaben der Kommune wollen mit besonderer Sorgfalt berücksichtigt und koordiniert werden. Wenn dabei am Ende Architektur entsteht, also ein Haus, das nicht nur funktioniert, sondern echten Mehrwert schafft, ist die Freude doppelt groß – bei Kindern und Betreuung, bei den Architekten sowieso. Die Stadt Leonding kann indessen stolz sein, dass ihr das Debüt in Sachen Holzarchitektur mit Bravour gelungen ist. Fortsetzung möge folgen.
Das Projekt ist Teil einer regelrechten Kindergarten Offensive der kontinuierlich wachsenden Stadt vor den Toren von Linz. Mehrere Objekte wurden und werden derzeit umgesetzt. In diesem Fall fanden die Stadt und die Caritas als Betreiberin des bisherigen Pfarrkindergartens am Standort zusammen und einigten sich auf die gemeinsame Umsetzung eines Neubaus für vier Gruppen als Kooperationsprojekt. Ein Wettbewerb unter sieben geladenen Teams wurde ausgelobt.
„Der kleine Kindergarten der Pfarre, der vorher hierstand, erinnerte an eine gemütliche Waldhütte“, beschreibt Architekt Andreas Fiereder die ursprüngliche Situation am Grundstück: „Diese kuschelige, leicht verwilderte Stimmung hat uns sehr gefallen, Wald und Gebäude als zusammengehörendes Ganzes – da war Holz eindeutig das Material der Wahl.“ Die beiden Architekten begriffen Haus und Umgebung als kommunizierende Gefäße, die miteinander eng in Beziehung stehen. Das betrifft neben der Materialität auch die räumliche Struktur, die den Waldraum vielfältig mit dem Innenleben des Hauses verschränkt. Die Jury gab Andreas Fiereder und Kollegen Christian Stummer recht – die TWO IN A BOX-Architekten setzten sich mit ihrem Entwurf durch.
Raum als Kontinuum
Fast versteckt hinter einer Wohnhausreihe, von der Straße etwas zurückgesetzt, steht der Kindergarten mitten in der heimeligen Lichtung am Waldrand. Das im Nordosten angrenzende dichte Gefüge aus Schulen, Volkshaus und Kirche wird mit der Bebauung schlüssig fortgesetzt. Zugleich formt der zweigeschoßige Riegel in seiner geometrischen Klarheit zusammen mit der naturräumlichen Umfriedung der Bäume ein stimmiges Ensemble. Der Quader ist mit wenigen gut gesetzten Anfügungen aufgelockert. Sie funktionieren als Verbindungselemente zwischen innen und außen: Im Westen ist das eine Gartentreppe mit Rutschenturm, im Süden formen das auskragende Dach und vorstehende Seitenwände ein schmales Loggien-Band, im Osten bilden der angegliederte Personalbereich und das leichte Vordach eine geschützte Eingangssituation im Freien.
„Um den hochwertigen Außenraum maximal als Spielfläche zu erhalten“, erklärt Fiereder während wir das Haus betreten, „haben wir das Raumprogramm bewusst sehr kompakt gehalten.“ Ein Gefühl übermäßiger Dichte will allerdings nicht aufkommen. Eine großzügig breite, durch Oberlichten in Decke und Dach bestens belichtete Mittelzone durchzieht das Gebäude auf beiden Etagen in gesamter Länge. Die Erschließungsachse verbindet einerseits die Gartenteile im Osten und Westen auf direktem Weg, andererseits dient sie als Begegnungsraum für die Kinder untereinander, für Eltern und Gäste.
Nach Norden öffnet sich diese „Hauptstraße“ in Richtung Wald. Dort weitet sich der Essraum in doppelter Geschoßhöhe bis unters Dach und holt damit die Natur tief und wirksam ins Gebäude. Nebenbei schafft dieses räumliche Herzstück die Verknüpfung mit dem Obergeschoß, wo Leseecke und Bibliothek als Galerie brückenartig in den Raum greifen.
So ergeben die gemeinsam genutzten Raumangebote ein Kontinuum, das innen und außen, oben und unten licht und luftig ineinander webt. Auf der anderen Seite, nach Süden, liegen pro Geschoß zwei Gruppenräume, jeweils getrennt durch einen Bewegungsraum in der Mitte. Jeder Gruppe sind Ruhenischen zugeordnet, die außen als schwarze Erkerboxen die vorgelagerte Loggia strukturieren. Im hinteren Bereich der Gruppenräume gibt es je ein kleines Galeriegeschoß. Als kindlich dimensioniertes Haus im Haus wird das von den Kleinen mit Freude angenommen. Durchlässigkeit und Blickbeziehungen zur Mittelzone bestimmen auch hier das Raumerlebnis. Hier wird die Verbindung durch lange Fensterbänder hergestellt, die bei den Kindern als Ausguck zum Spielen beliebt sind, zugleich als Gestaltungsfläche und Schaukasten dienen.
Komplexe Einfachheit
Mit Ausnahme der Fundamentplatte ist der Kindergarten durch und durch ein Holzbau, der das auch deutlich zeigt. Die tragenden Wandelemente und auch die Zwischenwände aus Brettsperrholz wurden sichtbar belassen. Das kommt dem Raum dank der angenehmen Haptik und warmen Ausstrahlung des Materials zugute. Zudem macht es die Tektonik der Baukonstruktion klar nachvollziehbar. Die beträchtliche Außenwandstärke von 24cm unterstützt mit reichlich Speichermasse den Energiehaushalt. Den Niedrigstenergie-Standard zu erreichen war im Vergleich zur ursprünglich überlegten Holzrahmenbauweise ein Leichtes. Lediglich 10cm Außendämmung waren nötig, um das Gebäude wohltemperiert zu halten. Manchmal braucht es eben nicht viel. Das gilt bekanntlich ebenso für Fragen der Gestaltung. Ganz einfache formale Elemente schaffen durch geschicktes Arrangement ein Gebäude mit wohliger Atmosphäre. Dem Architektenteam ist das hier gelungen, trotz der vielen unterschiedlichen Ansprüche und Bestimmungen, die gerade beim Bauen für die Kleinsten wirksam sind: Pädagogische Überlegungen, bauphysikalische Sollwerte, Sicherheitsbestimmungen und Zielvorgaben der Kommune wollen mit besonderer Sorgfalt berücksichtigt und koordiniert werden. Wenn dabei am Ende Architektur entsteht, also ein Haus, das nicht nur funktioniert, sondern echten Mehrwert schafft, ist die Freude doppelt groß – bei Kindern und Betreuung, bei den Architekten sowieso. Die Stadt Leonding kann indessen stolz sein, dass ihr das Debüt in Sachen Holzarchitektur mit Bravour gelungen ist. Fortsetzung möge folgen.
Für den Beitrag verantwortlich: afo architekturforum oberösterreich
Ansprechpartner:in für diese Seite: nextroom@afo.at
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