Bauwerk
Haus der Geschichte Baden-Württemberg
Orange Blu - Stuttgart (D) - 2002
Das Haus der Geschichte von Stirling, Wilford & Schupp
Neuer Akzent für Stuttgarts Kulturmeile
Der 1984 mit der Eröffnung von James Stirlings Neuer Staatsgalerie begonnene Ausbau der Stuttgarter Kulturmeile konnte vor wenigen Tagen mit dem «Haus der Geschichte Baden-Württemberg» vollendet werden. Die ersten Entwürfe für das neue Museum stammten ebenfalls von dem 1991 verstorbenen englischen Meisterarchitekten.
31. Dezember 2002 - Timo John
Das Land Baden-Württemberg feierte in diesem Jahr sein fünfzigjähriges Bestehen. Zum Abschluss der Jubiläumsfeierlichkeiten konnte nun das «Haus der Geschichte Baden-Württemberg» samt seiner Dauerausstellung der Öffentlichkeit übergeben werden. Die wechselvolle Geschichte Südwestdeutschlands in den letzten 200 Jahren steht im Zentrum der Präsentation. Die auf Geheiss Napoleons im Rahmen der Säkularisation von 1803 und der Mediatisierung von 1806 durchgeführte territoriale Flurbereinigung liess aus den einst über 200 Klein- und Kleinststaaten im deutschen Südwesten die vier Länder Württemberg, Baden, Hohenzollern-Hechingen und Hohenzollern-Sigmaringen hervorgehen. Im Jahr 1952 entstand aus diesem Staatengebilde, welches damals noch in alliierte Besatzungszonen aufgeteilt war, das Land Baden-Württemberg.
Die chronologische Inszenierung der Landesgeschichte und verschiedene «Themenparks» bestimmen das Innenleben der hinter einer Sandsteinfassade verborgenen Black Box. Mit viel technischem Aufwand werden in einer symbolüberladenen Ausstellungsarchitektur auf rund 2000 Quadratmetern ungefähr 1400 Exponate gezeigt, wobei sie in ihren historischen Zusammenhang gestellt werden. Auf diese Weise illustrieren sie nicht nur eine Epoche, sondern sie erzählen darüber hinaus auch eine Geschichte. Den Abschluss dieses Parcours bildet das Museum der Gegenwart. Hier können die Besucher durch selbst mitgebrachte Gegenstände die Präsentation mitgestalten. Das neue Haus der Geschichte wird nämlich als ein Museum verstanden, das die politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklungen Baden-Württembergs ständig fortschreiben soll.
Architekturkonzept von James Stirling
Als architektonischer Schlussstein vollendet das neue Museum die Stuttgarter Kulturmeile. Die Planungen entlang der Konrad-Adenauer-Strasse gehen zurück bis in das Jahr 1977, als die baden- württembergische Landesregierung einen internationalen Architektenwettbewerb für einen Erweiterungsbau der Alten Staatsgalerie und den Neubau eines Kammertheaters ausgeschrieben hatte, der von dem englischen Architekten James Stirling (1924-1991) gewonnen wurde. An architektonischer und städtebaulicher Qualität konnte Stirlings Neue Staatsgalerie von den später errichteten Bauten entlang der Kulturmeile nicht übertroffen werden. Auf die Neue Staatsgalerie und das Kammertheater folgte 1987 das etwas schwerfällig wirkende, vom Stuttgarter Büro Zinsmeister & Scheffler entworfene Haus der Abgeordneten. Fast zehn Jahre später trat die von Stirling konzipierte Musikhochschule mit ihrem mächtigen, 35 Meter hohen Mittelturm in die Stadtlandschaft. Dieser von der Strasse zurückversetzte Torso wurde nun im vergangenen September ebenfalls nach Stirlings Plänen von seinem einstigem Partner Michael Wilford sowie dem in Stuttgart und London beheimateten Architekturbüro Wilford & Schupp um ein weiteres, über flügelförmigem Grundriss sich erhebendes Gebäude der Hochschule für Musik und darstellende Kunst erweitert.
Ebenfalls im September wurde ein Erweiterungsbau für die Graphische Sammlung vollendet, der im kommenden März bezogen werden kann. Diesen kleinen Museumsbau entwarf das Basler Architekturbüro Steib & Steib. Die Architekten trotzten der schwierigen Stuttgarter Topographie und schufen etwas versteckt zwischen der Rückwand der Alten Staatsgalerie und der Hangkante auf einem achtzig Meter langen und knapp acht Meter breiten Grundstück einen fünfgeschossigen, rechteckigen, äusserlich streng funktional erscheinenden Bau, der nun Platz schafft für die Verwaltung der Graphischen Sammlung, für die Magazine, Restaurierungsateliers und Labors, für eine Bibliothek, einen Studiensaal sowie für zwei neue Wechselausstellungsräume.
Ein Haus für 200 Jahre Geschichte
Im Zusammenhang mit dem 1977 ausgeschriebenen Architekturwettbewerb legte James Stirling auch ein städtebauliches Konzept für den Ausbau der gesamten Stuttgarter Kulturmeile vor, dessen Ausführung aus finanziellen Gründen immer wieder ins Stocken geriet. Stirling entwarf damals bereits an der Stelle, an der jetzt das Haus der Geschichte steht, ein die Kulturmeile abschliessendes Gebäude, nur war zu diesem Zeitpunkt die Idee der musealen Nutzung noch nicht geboren. Das von einem ersten Entwurf Stirlings ausgehende neue Museum ist nun weitgehend ein Bau der Architekten Wilford & Schupp. Der geschwungene, ockerfarbige Bau der Musikakademie ergibt zusammen mit dem rechteckigen Kubus des neuen Hauses der Geschichte ein Gesamtgebäude, wobei die Schaufassade des Museums mit ihrem markant übereck auskragenden Fenster das Bauensemble zur Konrad-Adenauer-Strasse hin abschliesst. Das Kammertheater von 1984 und das neue Museum bilden nun eine imposante Dreiflügelanlage. Die dazwischen verlaufende Strasse wurde aufgegeben, so dass sich dort jetzt ein mit Wasserspielen versehener neuer Museumsplatz ausdehnt, der sich zur Stadt öffnet.
Das Innere des Baukörpers wurde von den Architekten auf die neusten funktionalen Nutzungsansprüche eines Geschichtsmuseums angelegt. Baukünstlerisches kommt in den stellenweise stark verdunkelten Räumen kaum zum Zug. Nur das seitlich am Ausstellungskubus verlaufende Treppenhaus mit seinen grellfarbigen Wänden hat einen architektonischen Anspruch, während dem Café im Erdgeschoss der Charme einer biederen Amtsgerichtskantine aus den siebziger Jahren eignet. Bei der Gestaltung der Ausstellungsräume mussten sich die Architekten offenbar ganz den Anforderungen der Museumspädagogik und der Inszenierung unterwerfen. Ein heutiges Haus der «bildenden Geschichte» folgt eben anderen Gesetzmässigkeiten als ein Kunstmuseum. Nach dem schönen Schein des Äusseren wirkt das Innere deshalb etwas gar prosaisch.
Die chronologische Inszenierung der Landesgeschichte und verschiedene «Themenparks» bestimmen das Innenleben der hinter einer Sandsteinfassade verborgenen Black Box. Mit viel technischem Aufwand werden in einer symbolüberladenen Ausstellungsarchitektur auf rund 2000 Quadratmetern ungefähr 1400 Exponate gezeigt, wobei sie in ihren historischen Zusammenhang gestellt werden. Auf diese Weise illustrieren sie nicht nur eine Epoche, sondern sie erzählen darüber hinaus auch eine Geschichte. Den Abschluss dieses Parcours bildet das Museum der Gegenwart. Hier können die Besucher durch selbst mitgebrachte Gegenstände die Präsentation mitgestalten. Das neue Haus der Geschichte wird nämlich als ein Museum verstanden, das die politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklungen Baden-Württembergs ständig fortschreiben soll.
Architekturkonzept von James Stirling
Als architektonischer Schlussstein vollendet das neue Museum die Stuttgarter Kulturmeile. Die Planungen entlang der Konrad-Adenauer-Strasse gehen zurück bis in das Jahr 1977, als die baden- württembergische Landesregierung einen internationalen Architektenwettbewerb für einen Erweiterungsbau der Alten Staatsgalerie und den Neubau eines Kammertheaters ausgeschrieben hatte, der von dem englischen Architekten James Stirling (1924-1991) gewonnen wurde. An architektonischer und städtebaulicher Qualität konnte Stirlings Neue Staatsgalerie von den später errichteten Bauten entlang der Kulturmeile nicht übertroffen werden. Auf die Neue Staatsgalerie und das Kammertheater folgte 1987 das etwas schwerfällig wirkende, vom Stuttgarter Büro Zinsmeister & Scheffler entworfene Haus der Abgeordneten. Fast zehn Jahre später trat die von Stirling konzipierte Musikhochschule mit ihrem mächtigen, 35 Meter hohen Mittelturm in die Stadtlandschaft. Dieser von der Strasse zurückversetzte Torso wurde nun im vergangenen September ebenfalls nach Stirlings Plänen von seinem einstigem Partner Michael Wilford sowie dem in Stuttgart und London beheimateten Architekturbüro Wilford & Schupp um ein weiteres, über flügelförmigem Grundriss sich erhebendes Gebäude der Hochschule für Musik und darstellende Kunst erweitert.
Ebenfalls im September wurde ein Erweiterungsbau für die Graphische Sammlung vollendet, der im kommenden März bezogen werden kann. Diesen kleinen Museumsbau entwarf das Basler Architekturbüro Steib & Steib. Die Architekten trotzten der schwierigen Stuttgarter Topographie und schufen etwas versteckt zwischen der Rückwand der Alten Staatsgalerie und der Hangkante auf einem achtzig Meter langen und knapp acht Meter breiten Grundstück einen fünfgeschossigen, rechteckigen, äusserlich streng funktional erscheinenden Bau, der nun Platz schafft für die Verwaltung der Graphischen Sammlung, für die Magazine, Restaurierungsateliers und Labors, für eine Bibliothek, einen Studiensaal sowie für zwei neue Wechselausstellungsräume.
Ein Haus für 200 Jahre Geschichte
Im Zusammenhang mit dem 1977 ausgeschriebenen Architekturwettbewerb legte James Stirling auch ein städtebauliches Konzept für den Ausbau der gesamten Stuttgarter Kulturmeile vor, dessen Ausführung aus finanziellen Gründen immer wieder ins Stocken geriet. Stirling entwarf damals bereits an der Stelle, an der jetzt das Haus der Geschichte steht, ein die Kulturmeile abschliessendes Gebäude, nur war zu diesem Zeitpunkt die Idee der musealen Nutzung noch nicht geboren. Das von einem ersten Entwurf Stirlings ausgehende neue Museum ist nun weitgehend ein Bau der Architekten Wilford & Schupp. Der geschwungene, ockerfarbige Bau der Musikakademie ergibt zusammen mit dem rechteckigen Kubus des neuen Hauses der Geschichte ein Gesamtgebäude, wobei die Schaufassade des Museums mit ihrem markant übereck auskragenden Fenster das Bauensemble zur Konrad-Adenauer-Strasse hin abschliesst. Das Kammertheater von 1984 und das neue Museum bilden nun eine imposante Dreiflügelanlage. Die dazwischen verlaufende Strasse wurde aufgegeben, so dass sich dort jetzt ein mit Wasserspielen versehener neuer Museumsplatz ausdehnt, der sich zur Stadt öffnet.
Das Innere des Baukörpers wurde von den Architekten auf die neusten funktionalen Nutzungsansprüche eines Geschichtsmuseums angelegt. Baukünstlerisches kommt in den stellenweise stark verdunkelten Räumen kaum zum Zug. Nur das seitlich am Ausstellungskubus verlaufende Treppenhaus mit seinen grellfarbigen Wänden hat einen architektonischen Anspruch, während dem Café im Erdgeschoss der Charme einer biederen Amtsgerichtskantine aus den siebziger Jahren eignet. Bei der Gestaltung der Ausstellungsräume mussten sich die Architekten offenbar ganz den Anforderungen der Museumspädagogik und der Inszenierung unterwerfen. Ein heutiges Haus der «bildenden Geschichte» folgt eben anderen Gesetzmässigkeiten als ein Kunstmuseum. Nach dem schönen Schein des Äusseren wirkt das Innere deshalb etwas gar prosaisch.
Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung
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