Bauwerk
Flüchtlingsunterkunft in Winnenden
Werner Sobek - Winnenden (D) - 2016
Modul als Modell?
Flüchtlingsunterkunft in Winnenden
Werner Sobek hat gemeinsam mit den fischer-Werken ein Unternehmen gegründet, das vorgefertigte Wohnboxen anbietet. Die Module sind leicht, sollen schnell und preiswert zu errichten sein und lassen sich komplett recyceln. Das erste realisierte Projekt, eine Flüchtlingsunterkunft, zeigt das große Potenzial dieses Bausystems. Aber auch seine Grenzen.
10. Januar 2017 - Christian Schönwetter
Wer einmal ein Zementwerk besichtigt hat, das Sprengen des Kalks im Steinbruch erlebt und die Hitze des Brennofens gespürt hat, begreift sofort, warum das Bauen mit Beton und Mörtel so energieintensiv ist. Allein die Produktion von Zement verursacht etwa 5 % des CO2-Ausstoßes aller Industrie- und Verbrennungsprozesse weltweit.
Beim Transport zur Baustelle und bei Umbau oder Abbruch der schweren Verbundkonstruktionen aus diesen Materialien werden erneut große Energiemengen verbraucht. Hinzu kommt: Auf deutschen Mülldeponien nimmt mineralischer Bauschutt den größten Anteil der Abfälle ein. Seit Langem arbeitetet Werner Sobek daher an Prototypen vorgefertigter Häuser in Leichtbauweise – für ihre Herstellung ist nur ein Bruchteil der üblichen Energie nötig, sie lassen sich sortenrein zerlegen und vollständig recyceln. Letztes Beispiel war das Gebäude »B10« in der Stuttgarter Weißenhofsiedlung.
Um diesen Ansatz in die Breite zu tragen, hat er nun mit den fischer-Werken das Unternehmen »aktivhaus« ins Leben gerufen. Es bietet schlüsselfertige Wohnboxen, die mit rund 380 kg /m² Grundfläche so wenig wiegen, dass sie sich in einem Stück mit dem LKW transportieren lassen. Konstruiert sind sie in ressourcenschonender Holzständerbauweise, gedämmt mit einer 28 cm dicken Schicht aus Holzfaserplatten, bekleidet mit einer hochdruckimprägnierten Lärchenschalung unter Verwendung von Holz aus zentraleuropäischem Anbau. Auf Verbundstoffe wird komplett verzichtet. In der Basisvariante der »Serie 700« erfüllen die Wohnmodule die Anforderungen der EnEV, lassen sich aber mit Photovoltaik auf dem Dach zu Plusenergiehäusern nachrüsten. Die Verwendung des energieintensiven Baustoffs Beton beschränkt sich auf ein Minimum: die Fundamente.
Damit man auf unterschiedliche Wohnbedürfnisse eingehen und eine große Vielfalt an Gestaltungsvarianten anbieten kann, basiert das Bausystem nicht auf dem Prinzip gleicher Teile, sondern gleicher Fügungen. Einzelne Elemente können also in ihren Abmessungen erheblich variieren, aber die Verbindungstechnik ist immer dieselbe. Es ist möglich, Fenster verschiedener Breite an der jeweils gewünschten Stelle zu platzieren, andere Fassadenbekleidungen oder Innenraumoberflächen gegen Aufpreis zu wählen oder auch einzelne Wände zu entfernen, etwa wenn nachträglich zwei Module zu einer größeren Einheit zusammengelegt werden sollen.
Das Unternehmen verspricht günstigen Wohnraum zum Fixpreis. Der Vorfertigungsgrad ist extrem hoch: Die Boxen werden komplett im Werk zusammengefügt, inklusive Fußbodenheizung, Elektrik, sämtlicher Raumoberflächen, Bad- und Küchenausstattung bis hin zum einzelnen Lichtschalter. Bevor sie die Halle verlassen, werden wie bei einem Flugzeug-Check alle Funktionen geprüft. Die einzigen Arbeiten, die noch auf der Baustelle stattfinden, sind im Vorfeld das Herstellen der Fundamente und des Hausanschlusses und nach Anlieferung der Module das Anbringen von Vordächern, Treppen oder Dachterrassen. Um den Installationsaufwand zu verringern, wurde ein eigenes Verbindungselement in Boden und Dach entwickelt, das alle Leitungen für Frisch- und Abwasser, Strom, Heizung und Medien bündelt. Es dient dem schnellen Anschluss auf dem Grundstück, aber auch der Leitungsführung beim Stapeln mehrerer Module. Geheizt wird mit Fernwärme oder, falls nicht verfügbar, mit einer Gastherme.
Jenseits der Standards
Den ersten Praxistest muss das System derzeit im schwäbischen Winnenden bestehen. Am Ortsrand wurde eine Wohnanlage errichtet, die der Gemeinschaftsunterbringung von Flüchtlingen dient. Für die ersten drei Jahre sollen dort bis zu 200 Menschen leben, bevor die Häuser Bürgern mit geringem Einkommen zur Verfügung gestellt werden – dann jedoch nur noch mit einer Belegung von knapp 100 Personen. Aufgestellt wurden 38 Module, 34 davon dienen Wohnzwecken, eines als Technikzentrale mit Waschküche und drei bilden einen Gemeinschaftsraum. Vier Monate nach Erteilung der Baugenehmigung konnten die ersten Nutzer einziehen. Die Nettokosten lagen bei 1735 Euro/m² BGF, inklusive Lieferung, Montage und Sonderleistungen wie Dachterrassenbeläge und -geländer, Vordächer, Brandschutzschotts fürs Stapeln und Absturzsicherung für das 1. OG. Nicht in den Kosten enthalten sind die Fundamente und Treppen.
Durch die von Anfang an geplante Nachnutzung ließ sich ein höherer Wohnwert erzeugen als bei den meisten Flüchtlingsheimen der ersten Generation, die landauf landab aus Stahlcontainern entstanden sind. Was sofort angenehm auffällt, ist die aufgelockerte Anordnung der Baukörper. Das Verschieben der Boxen gegeneinander und der Wechsel von Ein- und Zweigeschossigkeit lassen ebenso wenig Monotonie aufkommen wie die relativ frei über die Fassaden verteilten Fenster. Der serielle Charakter der Module ist zwar unverkennbar, wird aber so variantenreich überspielt, dass sich der Eindruck einer Massenunterkunft nicht einstellt. Da die Bauten Höhe und Dachform mit den Häusern des benachbarten Wohngebiets aus den 60er Jahren gemein haben, fügen sie sich auch städtebaulich gut ein. Auf viele Betrachter wirken sie wegen des sympathischen Fassadenmaterials Holz sogar attraktiver als der umgebende Bestand. All dies mag dazu beigetragen haben, die Akzeptanz der Unterkunft bei den Anliegern zu steigern: Bedenken, die bei einer Bürgerversammlung im Vorfeld geäußert wurden, seien nach Baubeginn verstummt, berichtet aktivhaus-Geschäftsführerin Stephanie Fiederer.
Tageslicht und Privatsphäre
Jedes Modul beherbergt eine eigene abgeschlossene Wohngemeinschaft. Die kleineren Einheiten des OGs bieten auf 45 m² BGF Platz für bis zu vier (später dann zwei) Personen, die sich eine Küche, ein Bad, einen Wohn- und einen Schlafraum teilen. In den größeren Einheiten des EGs kommt ein zweiter Schlafraum hinzu, der die BGF auf 60 m² erhöht, sodass sich hier bis zu acht (später vier) Menschen unterbringen lassen. Trotz einer sehr einfachen Ausstattung wirken die Räume recht wohnlich. Das ist nicht nur der guten Proportion auf nahezu quadratischem Grundriss zu verdanken, die man im kostengünstigen Wohnungsbau selten findet, sondern auch der Wand- und Deckenbekleidung aus Fichte-Dreischichtplatten, die nach frischem Holz duften. Dennoch schwankt die Aufenthaltsqualität der Räume erheblich. Denn durch die gewählte Ausrichtung der Module auf dem Grundstück orientieren sich rund 40% der Wohn- und Schlafzimmer nach Norden. Die Nutzer der EG-Einheiten genießen zudem nur eine eingeschränkte Privatsphäre, da die Wege ohne jeglichen Puffer direkt an den Fassaden mit ihren bodentiefen Fenstern entlangführen. Beides ließe sich bei Folgeprojekten leicht vermeiden: Mit einer um 90 Grad gedrehten Anordnung der Boxen und ein paar anders platzierten Fenstern könnte der Anteil der Nordzimmer auf Null sinken. Und wenn der Außenraum mit einer günstigeren Wegeführung so zoniert würde, dass unterschiedliche Stufen der Privatheit entständen, sei es durch Terrassen, vorgelagerte Höfe oder Gärten, würde die Anlage bei gleichem Flächenbedarf gängigen Prinzipien des Wohn- und Siedlungsbaus gerecht. Schwieriger zu lösen ist da schon die Frage, wo man die Außentreppen sinnvoll platziert. In Winnenden stehen sie als leichte Stahlkonstruktion jeweils direkt vor einem Schlafraumfenster, was bei temporärem Flüchtlingswohnen verschmerzbar sein mag, bei dauerhaften Mietern jedoch kaum Akzeptanz finden wird.
Vor- und Nachteil zugleich
Eine besondere Stärke des Bausystems ist gleichzeitig seine besondere Schwäche: Beim back-to-back-Verbund zweier Module ergibt sich eine Gebäudetiefe von nur 8,6 m. Sie lässt zwar außergewöhnlich gut belichtete Innenräume entstehen, jedoch eignet sie sich nur bedingt für verdichtetes Wohnen, wie es in Ballungsräumen unumgänglich ist. Dort erfordern die extrem hohen Bodenpreise kompaktere Baukörper größerer Tiefe, die jeden Quadratmeter nutzen. Ein wirtschaftlicher Grundriss, der die Möglichkeiten eines Grundstücks optimal ausreizt, lässt sich mit dem weitmaschigen Raster der Module nur schwer verwirklichen. Dem kostengünstigen Bauen sind damit ausgerechnet dort Grenzen gesetzt, wo es am dringendsten gefragt ist. Hinzu kommt, dass mit steigender Gebäudehöhe zunehmende Brandschutzanforderungen die Module verteuern.
Ihre Stärken kann die Serie 700 viel eher bei aufgelockerter Bebauung auf preiswerteren Grundstücken ausspielen – dort bietet sie die Chance, schnell und mit überschaubarem finanziellen Aufwand Wohnraum zu schaffen, der ökologisch vorbildlich ist. Künftig werden weitere Qualitäten hinzukommen, denn nach den Erfahrungen aus dem Pilotprojekt in Winnenden überarbeitet aktivhaus die Module. Man gibt den Boxen eine schlankere Dachkante, was beim Stapeln zu filigraneren Fugen und einem eleganteren Erscheinungsbild führt; die Planer feilen noch ein wenig am Grundriss, um die Schlafräume zu vergrößern; und die Konstruktion wird so angepasst, dass bodengleiche Duschen barrierearmes Wohnen im EG ermöglichen. Ein Folgeprojekt in der Nachbargemeinde Kernen ist bereits in Planung. Nach seiner Fertigstellung gilt es dann, das System noch einmal neu zu bewerten.
Beim Transport zur Baustelle und bei Umbau oder Abbruch der schweren Verbundkonstruktionen aus diesen Materialien werden erneut große Energiemengen verbraucht. Hinzu kommt: Auf deutschen Mülldeponien nimmt mineralischer Bauschutt den größten Anteil der Abfälle ein. Seit Langem arbeitetet Werner Sobek daher an Prototypen vorgefertigter Häuser in Leichtbauweise – für ihre Herstellung ist nur ein Bruchteil der üblichen Energie nötig, sie lassen sich sortenrein zerlegen und vollständig recyceln. Letztes Beispiel war das Gebäude »B10« in der Stuttgarter Weißenhofsiedlung.
Um diesen Ansatz in die Breite zu tragen, hat er nun mit den fischer-Werken das Unternehmen »aktivhaus« ins Leben gerufen. Es bietet schlüsselfertige Wohnboxen, die mit rund 380 kg /m² Grundfläche so wenig wiegen, dass sie sich in einem Stück mit dem LKW transportieren lassen. Konstruiert sind sie in ressourcenschonender Holzständerbauweise, gedämmt mit einer 28 cm dicken Schicht aus Holzfaserplatten, bekleidet mit einer hochdruckimprägnierten Lärchenschalung unter Verwendung von Holz aus zentraleuropäischem Anbau. Auf Verbundstoffe wird komplett verzichtet. In der Basisvariante der »Serie 700« erfüllen die Wohnmodule die Anforderungen der EnEV, lassen sich aber mit Photovoltaik auf dem Dach zu Plusenergiehäusern nachrüsten. Die Verwendung des energieintensiven Baustoffs Beton beschränkt sich auf ein Minimum: die Fundamente.
Damit man auf unterschiedliche Wohnbedürfnisse eingehen und eine große Vielfalt an Gestaltungsvarianten anbieten kann, basiert das Bausystem nicht auf dem Prinzip gleicher Teile, sondern gleicher Fügungen. Einzelne Elemente können also in ihren Abmessungen erheblich variieren, aber die Verbindungstechnik ist immer dieselbe. Es ist möglich, Fenster verschiedener Breite an der jeweils gewünschten Stelle zu platzieren, andere Fassadenbekleidungen oder Innenraumoberflächen gegen Aufpreis zu wählen oder auch einzelne Wände zu entfernen, etwa wenn nachträglich zwei Module zu einer größeren Einheit zusammengelegt werden sollen.
Das Unternehmen verspricht günstigen Wohnraum zum Fixpreis. Der Vorfertigungsgrad ist extrem hoch: Die Boxen werden komplett im Werk zusammengefügt, inklusive Fußbodenheizung, Elektrik, sämtlicher Raumoberflächen, Bad- und Küchenausstattung bis hin zum einzelnen Lichtschalter. Bevor sie die Halle verlassen, werden wie bei einem Flugzeug-Check alle Funktionen geprüft. Die einzigen Arbeiten, die noch auf der Baustelle stattfinden, sind im Vorfeld das Herstellen der Fundamente und des Hausanschlusses und nach Anlieferung der Module das Anbringen von Vordächern, Treppen oder Dachterrassen. Um den Installationsaufwand zu verringern, wurde ein eigenes Verbindungselement in Boden und Dach entwickelt, das alle Leitungen für Frisch- und Abwasser, Strom, Heizung und Medien bündelt. Es dient dem schnellen Anschluss auf dem Grundstück, aber auch der Leitungsführung beim Stapeln mehrerer Module. Geheizt wird mit Fernwärme oder, falls nicht verfügbar, mit einer Gastherme.
Jenseits der Standards
Den ersten Praxistest muss das System derzeit im schwäbischen Winnenden bestehen. Am Ortsrand wurde eine Wohnanlage errichtet, die der Gemeinschaftsunterbringung von Flüchtlingen dient. Für die ersten drei Jahre sollen dort bis zu 200 Menschen leben, bevor die Häuser Bürgern mit geringem Einkommen zur Verfügung gestellt werden – dann jedoch nur noch mit einer Belegung von knapp 100 Personen. Aufgestellt wurden 38 Module, 34 davon dienen Wohnzwecken, eines als Technikzentrale mit Waschküche und drei bilden einen Gemeinschaftsraum. Vier Monate nach Erteilung der Baugenehmigung konnten die ersten Nutzer einziehen. Die Nettokosten lagen bei 1735 Euro/m² BGF, inklusive Lieferung, Montage und Sonderleistungen wie Dachterrassenbeläge und -geländer, Vordächer, Brandschutzschotts fürs Stapeln und Absturzsicherung für das 1. OG. Nicht in den Kosten enthalten sind die Fundamente und Treppen.
Durch die von Anfang an geplante Nachnutzung ließ sich ein höherer Wohnwert erzeugen als bei den meisten Flüchtlingsheimen der ersten Generation, die landauf landab aus Stahlcontainern entstanden sind. Was sofort angenehm auffällt, ist die aufgelockerte Anordnung der Baukörper. Das Verschieben der Boxen gegeneinander und der Wechsel von Ein- und Zweigeschossigkeit lassen ebenso wenig Monotonie aufkommen wie die relativ frei über die Fassaden verteilten Fenster. Der serielle Charakter der Module ist zwar unverkennbar, wird aber so variantenreich überspielt, dass sich der Eindruck einer Massenunterkunft nicht einstellt. Da die Bauten Höhe und Dachform mit den Häusern des benachbarten Wohngebiets aus den 60er Jahren gemein haben, fügen sie sich auch städtebaulich gut ein. Auf viele Betrachter wirken sie wegen des sympathischen Fassadenmaterials Holz sogar attraktiver als der umgebende Bestand. All dies mag dazu beigetragen haben, die Akzeptanz der Unterkunft bei den Anliegern zu steigern: Bedenken, die bei einer Bürgerversammlung im Vorfeld geäußert wurden, seien nach Baubeginn verstummt, berichtet aktivhaus-Geschäftsführerin Stephanie Fiederer.
Tageslicht und Privatsphäre
Jedes Modul beherbergt eine eigene abgeschlossene Wohngemeinschaft. Die kleineren Einheiten des OGs bieten auf 45 m² BGF Platz für bis zu vier (später dann zwei) Personen, die sich eine Küche, ein Bad, einen Wohn- und einen Schlafraum teilen. In den größeren Einheiten des EGs kommt ein zweiter Schlafraum hinzu, der die BGF auf 60 m² erhöht, sodass sich hier bis zu acht (später vier) Menschen unterbringen lassen. Trotz einer sehr einfachen Ausstattung wirken die Räume recht wohnlich. Das ist nicht nur der guten Proportion auf nahezu quadratischem Grundriss zu verdanken, die man im kostengünstigen Wohnungsbau selten findet, sondern auch der Wand- und Deckenbekleidung aus Fichte-Dreischichtplatten, die nach frischem Holz duften. Dennoch schwankt die Aufenthaltsqualität der Räume erheblich. Denn durch die gewählte Ausrichtung der Module auf dem Grundstück orientieren sich rund 40% der Wohn- und Schlafzimmer nach Norden. Die Nutzer der EG-Einheiten genießen zudem nur eine eingeschränkte Privatsphäre, da die Wege ohne jeglichen Puffer direkt an den Fassaden mit ihren bodentiefen Fenstern entlangführen. Beides ließe sich bei Folgeprojekten leicht vermeiden: Mit einer um 90 Grad gedrehten Anordnung der Boxen und ein paar anders platzierten Fenstern könnte der Anteil der Nordzimmer auf Null sinken. Und wenn der Außenraum mit einer günstigeren Wegeführung so zoniert würde, dass unterschiedliche Stufen der Privatheit entständen, sei es durch Terrassen, vorgelagerte Höfe oder Gärten, würde die Anlage bei gleichem Flächenbedarf gängigen Prinzipien des Wohn- und Siedlungsbaus gerecht. Schwieriger zu lösen ist da schon die Frage, wo man die Außentreppen sinnvoll platziert. In Winnenden stehen sie als leichte Stahlkonstruktion jeweils direkt vor einem Schlafraumfenster, was bei temporärem Flüchtlingswohnen verschmerzbar sein mag, bei dauerhaften Mietern jedoch kaum Akzeptanz finden wird.
Vor- und Nachteil zugleich
Eine besondere Stärke des Bausystems ist gleichzeitig seine besondere Schwäche: Beim back-to-back-Verbund zweier Module ergibt sich eine Gebäudetiefe von nur 8,6 m. Sie lässt zwar außergewöhnlich gut belichtete Innenräume entstehen, jedoch eignet sie sich nur bedingt für verdichtetes Wohnen, wie es in Ballungsräumen unumgänglich ist. Dort erfordern die extrem hohen Bodenpreise kompaktere Baukörper größerer Tiefe, die jeden Quadratmeter nutzen. Ein wirtschaftlicher Grundriss, der die Möglichkeiten eines Grundstücks optimal ausreizt, lässt sich mit dem weitmaschigen Raster der Module nur schwer verwirklichen. Dem kostengünstigen Bauen sind damit ausgerechnet dort Grenzen gesetzt, wo es am dringendsten gefragt ist. Hinzu kommt, dass mit steigender Gebäudehöhe zunehmende Brandschutzanforderungen die Module verteuern.
Ihre Stärken kann die Serie 700 viel eher bei aufgelockerter Bebauung auf preiswerteren Grundstücken ausspielen – dort bietet sie die Chance, schnell und mit überschaubarem finanziellen Aufwand Wohnraum zu schaffen, der ökologisch vorbildlich ist. Künftig werden weitere Qualitäten hinzukommen, denn nach den Erfahrungen aus dem Pilotprojekt in Winnenden überarbeitet aktivhaus die Module. Man gibt den Boxen eine schlankere Dachkante, was beim Stapeln zu filigraneren Fugen und einem eleganteren Erscheinungsbild führt; die Planer feilen noch ein wenig am Grundriss, um die Schlafräume zu vergrößern; und die Konstruktion wird so angepasst, dass bodengleiche Duschen barrierearmes Wohnen im EG ermöglichen. Ein Folgeprojekt in der Nachbargemeinde Kernen ist bereits in Planung. Nach seiner Fertigstellung gilt es dann, das System noch einmal neu zu bewerten.
Für den Beitrag verantwortlich: deutsche bauzeitung
Ansprechpartner:in für diese Seite: Ulrike Kunkel
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