Bauwerk

Bildungszentrum Pestalozzi
nonconform, Michael Zinner - Leoben (A) - 2016
Bildungszentrum Pestalozzi, Foto: Kurt Hörbst
Bildungszentrum Pestalozzi, Foto: Kurt Hörbst
16. Juni 2017 - newroom
Ziel des Projektes war die Zusammenlegung der Volksschule Donawitz, der Neuen Mittelschule Pestalozzi und des Polytechnikums Göss in der denkmalgeschützten Pestalozzi-Hauptschule aus den 1920er Jahren. Im Rahmen der „nonconform ideenwerkstatt“, einem partizipativen Planungsprozess wurden Schüler:innen, Pädagog:innen, Eltern, Bürger:innen, Verantwortliche der Stadtgemeinde, das Bundesdenkmalamt und das Haus- und Reinigungspersonal in das Projekt miteingebunden. Dabei wurden nachhaltige städtebauliche, bildungspolitische und ökonomische Aspekte berücksichtigt.

Bei der Gestaltung wurde neben funktionellen besonders auf atmosphärische und soziale Kriterien geachtet. Die ehemalige Hauptschule zeigte ein „dunkles Herz“, lange Gänge und triste Ecken und Enden ohne Durchblicke ins Freie. Durch horizontale und vertikale Öffnungen kommt nun Licht von allen Seiten in die Schulen. Die Beziehungen der Räume sind entlang einer Hierarchie von intimen Nachbarschaften über Subzentren bis zum großen gemeinsamen Zentrum im Hof neu geordnet. Dort, im Zubau finden Schulrestaurant, Bibliothek, Mehrzweck-Turnsaal, Atrium und Spielterrasse mit Gartentreppe für alle drei Schulen Platz. Dem Raumkonzept zufolge werden neben dem Zentrum auch Küchen und Werkräume gemeinsam benützt. Das erfordert die Ökonomie, wird aber zu einem sozialen Gewinn, weil die Schulen miteinander ins Gespräch kommen.

Vielfältige Blickbezüge, mehr Sonnenlicht und der Einsatz von Holz sorgen für eine angemessene Raumatmosphäre. Ziel war es, in der Kombination zeitgemäßer und bestehender Materialien eine nachvollziehbare Spannung zwischen Alt und Neu entstehen zu lassen. Spuren der Vergangenheit wie Eingangsportale, Terrazzo-Oberflächen und Wasserbrunnen wurden erhalten. Die neuen Fensterprofile unterstreichen mit dem bronzenen Ton der Original-Schriftzüge an der Fassade die Wertigkeit des denkmalgeschützten Gebäudes.

In den Klassenzimmern löst ein flexibles Schiebetafelsystem an drei Seiten das alte „Vorne“ und „Hinten“ auf. Möbel mit Rädern erleichtern das Umstellen und lassen verschiedene Unterrichtssettings in kürzester Zeit zu. Es sind je zwei Klassen durch je zwei Türen verbunden, wodurch ein klassen- oder jahrgangsübergreifendes Zusammenarbeiten möglich wird. In jedem Klassenraum geben zwei „Lernporen“, die als Sitzmöbel fungieren, Durchblicke in die ehemaligen „Gänge“ frei. Diese verwandelten sich in eine vielfältige Landschaft neuer Lern- und Pausensettings. „Strandkörbe“, „Lernporen“ und Subzentren bieten Schüler:innen Räume vor den Klassen, in denen sie unter Blickkontakt freier lernen können. Die Adsorption der langen Gänge in den pädagogischen Alltag erhöhte die nutzbaren Flächen in ihrem Anteil von zwei Drittel auf drei Viertel.

Die Arbeitsräume der Lehrer:innen wurden im Obergeschoss in einem Raum zusammengefasst. Dieser ist in unterschiedliche Atmosphären gegliedert und handlungsgeleitet statt dienstrangorientiert organisiert. Von persönlichen, alphabetische geordneten – um das zufällige Kennenlernen zu fördern – Standarbeitsplätzen aus können verschiedene „Situationen“ des Arbeitens aufgesucht werden. Darüber hinaus bietet eine „Sky-Lobby“ mit nach Westen ausgerichteter Dachterrasse den Erwachsenen einen „schülerInnenfreien“ Rückzugsort.

Alle architektonischen Maßnahmen dienten vor allem einer Idee: der Auflösung der „Anstalt“ Schule – wo früher in Unterrichtsräumen gepaukt wurde, wird heute lernend gewohnt. (Text: Architekt:innen)

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