Bauwerk

Sammlungs- und Forschungszentrum der Tiroler Landesmuseen
Franz&Sue - Hall in Tirol (A) - 2017
Sammlungs- und Forschungszentrum der Tiroler Landesmuseen, Pressebild: Christian Flatscher
Sammlungs- und Forschungszentrum der Tiroler Landesmuseen, Pressebild: Andreas Buchberger
1. Oktober 2017 - newroom
Das Sammlungs- und Forschungszentrum in Hall ist die neue zentrale Einrichtung für die von den Tiroler Landesmuseen verwalteten Sammlungsbestände, die mit mehreren Millionen Kunst- und Kulturgegenständen zu den größten regionalen Beständen in Österreich zählen.

2013 schrieb das Land Tirol einen EU-weiten, offenen Wettbewerb aus, an dem sich 150 Architekturbüros aus ganz Europa beteiligten und aus dem Franz&Sue im Jahr 2014 als Gewinner hervorgingen. Die Sammlungsbestände der Tiroler Landesmuseen waren zuvor an verschiedenen Standorten in Innsbruck untergebracht.
Mit dem neuen Sammlungs- und Forschungszentrum (SFZ) erhält das Land ein kompaktes Gebäude, das Depots, Werkstätten, Arbeitsräume und Forschungslabors an einem Ort bündelt. Durch die Vereinigung dieser unterschiedlichen Nutzungen und die architektonische Lösung durch Franz&Sue nimmt das SFZ in der österreichischen Museumslandschaft eine beispielhafte Rolle ein.

Materialität und Gestaltung des Baukörpers
Das Gebäude gleicht einer Schatzkiste, die sich in annähernd quadratischer Form wie ein flacher Monolith in die Landschaft am Ortsrand von Hall fügt. In die Hanglage eingeschnitten, ragt nur ein Drittel des Gebäudes aus dem Erdreich hervor, sodass es an der Rückseite lediglich eine Höhe von zwei Metern erreicht. Die mit grauen, glasfaserverstärkten Betonplatten verkleidete Fassade gibt sich nach außen hin hermetisch. Unregelmäßig verteilte Ausbuchtungen wurden einem Faustkeil aus dem 7. – 8. Jahrtausend v. Chr. nachempfunden, dem ältesten von Menschen erzeugte Werkzeug in der Sammlung. Die Anordnung der Platten an der Fassade nimmt Bezug auf die Verteilung der Fundorte in Tirol. Durch die Verwendung des modernen Baumaterials (Fibre C) wird altes Handwerk mit zeitgenössischen technologischen Entwicklungen kombiniert. Das Exponat wird in der Fassade quasi konserviert.
Die Gebäudehülle verfügt nur über wenige reduzierte Perforierungen: Das Tor für die LKW-Schleuse, Lüftungsschlitze, die Fenster zur Tischlerei oder der Haupteingang durchbrechen die panzerartige Haut. Während der Arbeitstage ist das Tor geöffnet, dessen Innenseiten rot im schwarzen, solitären Baukörper leuchten.

Das räumliche Konzept: Zwiebelprinzip
Die vielfältigen Anforderungen an das räumliche Konzept setzten die Architekten mittels eines einfachen Prinzips um: Vergleichbar mit den Schichten einer Zwiebel wurden Räume mit ähnlichen Funktionen von außen nach innen angeordnet. Im äußersten Ring befinden sich die Depotflächen, danach folgt ein Gang- bzw. Erschließungsring und im Kern gruppieren sich Arbeits- und Atelierräume für die ca. 40 Mitarbeiter:innen des SFZ, die sich rund um ein introvertiertes begrüntes Atrium legen. Der Entwurf von Franz&Sue überzeugte, weil durch die „klare Konzeption sowie die aufgezeigte Einfachheit“ dargelegt wurde, „wie selbstverständlich die Entwurfsaufgabe lösbar sein kann“ – so die Jury. Durch seine unbehandelte Holzfassade sowie großzügige Fensterbänder bildet das Atrium außerdem einen Gegenpol zur harten Hülle der geschlossenen Außenhaut und bietet damit ein hochwertiges Arbeitsumfeld.

Zukunftsfähige technologische Lösungen
Eine der zentralen Aufgaben der Planer:innen war es, für das etwa 7.800m² große Depot ein konstantes Raumklima herzustellen und den Anteil konventioneller Technik möglichst gering zu halten. Zwei der drei Geschosse sind in der Erde versenkt und nützen die gleichbleibende Umgebungstemperatur. Ohne aufwendige Klimatechnik konnten für den klimatisch sensiblen Depotbereich somit optimale Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsverhältnisse geschaffen werden. Darüber hinaus verfügt das Gebäude über eine Photovoltaikanlage mit einem Ertrag im Ausmaß des Stromverbrauchs von 25 Haushalten. In der gesamten Projektabwicklung wurde ein besonderes Augenmerk auf Ressourcenschonung und den Einsatz bauökologischer Materialien gelegt.

Hohe Qualität am Arbeitsplatz, komfortable Logistik und kurze Wege
über den Erschließungsgang von den Büros, den Werkstätten, Pack-, Entlade- und Konservierungsräumen, dem Fotoatelier und der Tischlerei auf kurzem Weg erreichbar. Für die Restaurator:innen stellt dies eine optimale Arbeitssituation dar, da die Exponate nahe an den Forschungsräumen liegen und bei Bedarf rasch besichtigt werden können. Gang und Büros verschmelzen zu einer großen, hellen Arbeitswelt rund um das Atrium, das eine ruhige, grüne Oase mit hoher Aufenthaltsqualität bildet. Die Wissenschaftler:innen hatten sich einen „kontemplativen Denkkreis“ gewünscht, der mit der Anordnung der Räumlichkeiten ideal gelöst wurde. (Text: Architekten)

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