Bauwerk
Haus Windgasse
Architekturbüro Arkade - Haslach (A) - 2012
Der Ortskern muss nicht sterben
Haslach an der Mühl: Wo niemand wohnt und keiner arbeitet, ist bald Leblosigkeit und Verfall. Ganze Orte sind in Gefahr. Doch es gibt Gegenmittel.
16. September 2017 - Tobias Hagleitner
Gleich die erste der zwanzig „Baukulturellen Leitlinien des Bundes“, die im August vom Ministerrat beschlossen wurden, ist den Ortskernen gewidmet. Sie sollen unter dem Motto „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“ als lebenswerte Kulturlandschaft erhalten werden.
Es bleibt abzuwarten, wie ernst der Bund die Vorsätze nimmt und noch mehr, ob sich Länder und Gemeinden von dem Dokument, das mit breiter Beteiligung von Fachleuten erarbeitet wurde, begeistern lassen. Projekte, die schon „auf Linie“ sind und den Weg weisen könnten, gibt es jedenfalls. Ein Beispiel ist die prämierte Baukulturgemeinde Haslach.
Gestärkte Identität
Haslach hat etwas von dem Charme, der sonst italienischen Städten nachgesagt wird: vom Maßstab her wie ein Dorf, vom Gefühl her wie eine Stadt. Es gibt Vielfalt auf kleinstem Raum. Es gibt Arkadenhöfe, Gassen, Plätze. Es gibt Läden und Cafés, Museen, Handwerk, Industrie und sogar ein Kino. Dass sich Haslach so präsentiert, ist nicht selbstverständlich.
Das hat mit bewussten Entscheidungen und vorausschauender Planung zu tun. Mit Menschen, die in Vereinen, in der Wirtschaft oder Politik den Wert der Gemeinde erkennen und den Mut haben, in die Zukunft zu investieren – nicht nur Geld! Vor allem braucht es gute Ideen, Engagement und kontinuierliche Überzeugungsarbeit.
Eine Person, die daran großen Anteil hat, ist Architekt Josef Schütz. Wenn der gebürtige Haslacher sich und seine Arbeit vorstellt, beginnt er ganz von vorn, mit seinem Architekturdiplom im Jahr 1985: „Sterbender Ortskern mit trügerischer Identität“. Dass er den biografischen Bogen so weit aufspannt, ist keineswegs Nostalgie. Es ist der schlüssige Startpunkt einer unablässigen beruflichen Auseinandersetzung mit seiner Heimatgemeinde, mit der Baukultur vor Ort. Eine wichtige Etappe war etwa die Sanierung des Hauses am Marktplatz, wo Schütz seit Mitte der 1990er-Jahre sein Architekturbüro betreibt. Im Jahrzehnt darauf folgte die Revitalisierung des Vonwiller-Areals. Es wurde in einem nächsten Schritt um das „Textile Zentrum“ erweitert. So unterschiedlich diese und weitere Projekte im Ort bislang waren, verwandt sind sie in der Vielseitigkeit ihrer Nutzung.
Außerdem im Respekt für das historische Gefüge und dem Anspruch, Mehrwert für das öffentliche Leben zu schaffen.
Lebendiger Ortskern
Eines der jüngeren Projekte ist das Haus in der Windgasse in unmittelbarer Nachbarschaft zum „Alten Turm“. Anstelle eines Altbestands, der sich in die ortstypisch sehr schmale und lange Baulücke „geklemmt“ hatte, wurde ein Massivbau aus vorgefertigten Elementen hochgezogen. Von außen ist es simple, zeitgenössische Architektur, in ihrer inneren Logik aber knüpft sie an Bewährtes an.
Der lokalen Bautradition folgen etwa die Lage der Stiege, der Lichthof oder das sogenannte Durchhaus. Letzteres verbindet die Straße mit dem lauschigen Gartenhof, wo sich im rückwärtigen Bereich ein einfacher Holzbau als Infrastruktur für kleine Veranstaltungen an die Ringmauer schmiegt.
Vorbildlich im Sinn der Ortsentwicklung ist dieses Projekt, weil es sich nicht nur um die Wohnlichkeit im Inneren sorgt, sondern die Lebensqualität für die Gemeinde, ihre Bewohner und Gäste mit im Blick hat. Das Haus sucht die Öffentlichkeit. Objekt und Ort haben etwas miteinander zu tun. Gerade am Land ist außerdem wichtig, dass die Architektur gegenwärtige Lebensmodelle zulässt.
Offene, flexible Grundrisse mit intelligenter Erschließung bieten Wohnraum für Single bis Familie, erlauben die Nutzung als Atelier, Büro oder Werkstatt und deren Kombination. So kommen Wohnen und Arbeiten, Privates und Öffentliches in harmonisches Zusammenspiel. Der größte Vorteil der Nutzungsoffenheit: Was immer die künftigen Ansprüche sein werden, das Bauwerk wird sich leicht daran anpassen können. Das ist die Fitness, die „nachhaltige“ Dorfhäuser brauchen. Um sterbende Ortskerne am Leben zu halten, braucht es von solchen aber noch viel mehr.
Es bleibt abzuwarten, wie ernst der Bund die Vorsätze nimmt und noch mehr, ob sich Länder und Gemeinden von dem Dokument, das mit breiter Beteiligung von Fachleuten erarbeitet wurde, begeistern lassen. Projekte, die schon „auf Linie“ sind und den Weg weisen könnten, gibt es jedenfalls. Ein Beispiel ist die prämierte Baukulturgemeinde Haslach.
Gestärkte Identität
Haslach hat etwas von dem Charme, der sonst italienischen Städten nachgesagt wird: vom Maßstab her wie ein Dorf, vom Gefühl her wie eine Stadt. Es gibt Vielfalt auf kleinstem Raum. Es gibt Arkadenhöfe, Gassen, Plätze. Es gibt Läden und Cafés, Museen, Handwerk, Industrie und sogar ein Kino. Dass sich Haslach so präsentiert, ist nicht selbstverständlich.
Das hat mit bewussten Entscheidungen und vorausschauender Planung zu tun. Mit Menschen, die in Vereinen, in der Wirtschaft oder Politik den Wert der Gemeinde erkennen und den Mut haben, in die Zukunft zu investieren – nicht nur Geld! Vor allem braucht es gute Ideen, Engagement und kontinuierliche Überzeugungsarbeit.
Eine Person, die daran großen Anteil hat, ist Architekt Josef Schütz. Wenn der gebürtige Haslacher sich und seine Arbeit vorstellt, beginnt er ganz von vorn, mit seinem Architekturdiplom im Jahr 1985: „Sterbender Ortskern mit trügerischer Identität“. Dass er den biografischen Bogen so weit aufspannt, ist keineswegs Nostalgie. Es ist der schlüssige Startpunkt einer unablässigen beruflichen Auseinandersetzung mit seiner Heimatgemeinde, mit der Baukultur vor Ort. Eine wichtige Etappe war etwa die Sanierung des Hauses am Marktplatz, wo Schütz seit Mitte der 1990er-Jahre sein Architekturbüro betreibt. Im Jahrzehnt darauf folgte die Revitalisierung des Vonwiller-Areals. Es wurde in einem nächsten Schritt um das „Textile Zentrum“ erweitert. So unterschiedlich diese und weitere Projekte im Ort bislang waren, verwandt sind sie in der Vielseitigkeit ihrer Nutzung.
Außerdem im Respekt für das historische Gefüge und dem Anspruch, Mehrwert für das öffentliche Leben zu schaffen.
Lebendiger Ortskern
Eines der jüngeren Projekte ist das Haus in der Windgasse in unmittelbarer Nachbarschaft zum „Alten Turm“. Anstelle eines Altbestands, der sich in die ortstypisch sehr schmale und lange Baulücke „geklemmt“ hatte, wurde ein Massivbau aus vorgefertigten Elementen hochgezogen. Von außen ist es simple, zeitgenössische Architektur, in ihrer inneren Logik aber knüpft sie an Bewährtes an.
Der lokalen Bautradition folgen etwa die Lage der Stiege, der Lichthof oder das sogenannte Durchhaus. Letzteres verbindet die Straße mit dem lauschigen Gartenhof, wo sich im rückwärtigen Bereich ein einfacher Holzbau als Infrastruktur für kleine Veranstaltungen an die Ringmauer schmiegt.
Vorbildlich im Sinn der Ortsentwicklung ist dieses Projekt, weil es sich nicht nur um die Wohnlichkeit im Inneren sorgt, sondern die Lebensqualität für die Gemeinde, ihre Bewohner und Gäste mit im Blick hat. Das Haus sucht die Öffentlichkeit. Objekt und Ort haben etwas miteinander zu tun. Gerade am Land ist außerdem wichtig, dass die Architektur gegenwärtige Lebensmodelle zulässt.
Offene, flexible Grundrisse mit intelligenter Erschließung bieten Wohnraum für Single bis Familie, erlauben die Nutzung als Atelier, Büro oder Werkstatt und deren Kombination. So kommen Wohnen und Arbeiten, Privates und Öffentliches in harmonisches Zusammenspiel. Der größte Vorteil der Nutzungsoffenheit: Was immer die künftigen Ansprüche sein werden, das Bauwerk wird sich leicht daran anpassen können. Das ist die Fitness, die „nachhaltige“ Dorfhäuser brauchen. Um sterbende Ortskerne am Leben zu halten, braucht es von solchen aber noch viel mehr.
Für den Beitrag verantwortlich: Oberösterreichische Nachrichten
Ansprechpartner:in für diese Seite: nextroom