Bauwerk
Freie Musikschule Wien
RAHM Architekten - Wien (A) - 2018
1. Juli 2018 - newroom
Das Haus der Freien Musikschule Wien befindet sich unweit des Zentrums von Mauer im 23. Wiener Gemeindebezirk in einer ruhigen Wohngegend. Ein gründerzeitliches Haus, ursprünglich als Verwaltungsgebäude herrschaftlicher Ländereien errichtet und später als Stadtvilla genutzt, wurde im Sinne der Vorbesitzer:innen zu einem Hort der Musik umgebaut und um einen neuen Erschließungskern erweitert.
Das Haus und deren Bewohner:innen waren eng mit der von Rudolf Steiner inspirierten Waldorfschule in Mauer verknüpft. Hier wurde Bio-Milch verkauft, lange bevor diese Einzug in die Supermarktregale hielt. Aber vor allem war das Haus immer schon mit Musik erfüllt. Es wurde gemeinsam musiziert und die Freude an der Musik weiter gegeben. Der Verkauf der Liegenschaft sollte diese Tradition nicht unterbrechen.
Wie gut hat es sich also getroffen, dass die Freie Musikschule Wien, als bereits etablierte Institution in enger Kooperation mit der nahe gelegenen Rudolf Steiner-Schule, eine ständige Bleibe suchte und einen uneigennützigen, kunstsinnigen Partner in der Aulos GmbH, dem nunmehrigen Besitzer der Liegenschaft, gefunden hat. Dieser hat die Liegenschaft und das dazugehörige Nachbargrundstück mit dem „Musikpavillion“ unter der Auflage gekauft, dass der Bestand weitestgehend erhalten bleibt und die zukünftige Nutzung des Gebäudes dem gemeinsamen Musizieren dient. Damit standen die notwendige Sanierung und der Umbau im Dienste der Musik.
Schon der Vorbesitzer hatte sich Gedanken über einen ungefährlichen Weg seiner meist jungen Schüler:innen der Rudolf Steiner-Schule zum privaten Musikunterricht gemacht und dafür ein schmales Fahnengrundstück zur Endresstraße gegen einen Teil seiner Liegenschaft eingetauscht. Dieser Verbindungsgang ermöglicht es auch heute wieder den Kindern von der Steiner Schule rasch in die Musikschule zu gelangen.
Am Anfang war die Wildnis
Jeder der die Liegenschaft vor der Sanierung kannte, schwärmte vom üppigen Grün, welches das Gebäude selbst einhüllte. Der Garten war über die Jahre ein nahezu undurchdringliches Dickicht geworden: ein Haus im Dornröschenschlaf. Nun sollte es durch das Engagement der neuen Eigentümer und der Freien Musikschule Wien wachgeküsst werden.
Die Aufgabenstellung für die Architekt:innen war klar: es sollten im Sinne der Nachhaltigkeit durch eine neue barrierefreie Erschließung drei nutzungsneutrale Geschoße erschlossen werden. Damit wurde die Funktion als Musikschule gewährleistet und eine Umnutzung in drei Wohnungen bei Bedarf zu einem späteren Zeitpunkt möglich. Darüberhinaus musste die Bausubstanz wertgewinnend saniert werden, allerdings sollten die Umbaumaßnahmen den ursprünglichen Charakter des Gebäudes wahren oder zeitgemäß interpretieren.
Um das dritte Geschoß zu ermöglichen, wurde das Dach unter Beibehaltung des bestehenden Umrisses zu einem Künstlerappartement und zwei weiteren Musikzimmern ausgebaut, die je nach Bedarf der Wohneinheit zuschaltbar sind. Der bestehende Dachstuhl wurde durch entsprechende Verstärkungsmaßnahmen ertüchtigt, ausgedämmt und mit Dachflächenfenstern bestückt. Eine kleine Terrasse an der Nord-West-Ecke wurde in das Dach eingeschnitten und ermöglicht so eine Belichtung des Wohnraums durch vertikale Fensterelemente und einen Blickbezug zum Garten.
Die innenliegende Stiege wurde auf Grund der ungünstigen Lage und mangels der Möglichkeit der Erweiterung um einen Aufzug abgebrochen, durch einen Zubau an der Ostfassade ersetzt und die Durchbrüche mit einer an der Untersicht sichtbaren Stahlbetondecke geschlossen. Alle weiteren Tramdecken wurden als Holz-Stahlbeton Verbunddecke verstärkt. Die Raumstruktur und –proportionen blieben weitgehend erhalten und nur dort, wo es die Funktion erforderte, wurden Innenwände abgebrochen und neue in Leichtbauweise errichtet. Die Sanitärräume wurden erneuert und um ein barrierefreies WC im Erdgeschoß erweitert.
Im Zuge der thermischen Sanierung wurden die alten, desolaten Fenster abgebrochen und mit neuen Holz-Alu-Fenstern in der vorhandenen Architekturlichte ersetzt. An der Außenfassade wurden 16cm Mineralschaumplatten aufgebracht und mit einem diffusionsoffenen Systemputz versehen. Die Kellerdecke und die erdberührten Gebäudeteile wurden ebenfalls gedämmt.
Das Treppenhaus
Das neue Stiegenhaus ist ein eigenständiger Baukörper im Osten an der Giebelfassade und ermöglicht eine funktional gute Erschließung der Innenräume. Der Aufzugsturm und die Dachkonstruktion sind aus Dämm-Leichtbeton errichtet, der Treppenlauf und die Podeste aus Stahlbeton. Die gesamte Ostfassade ist eine Nurglas-Konstruktion und das Dach sowie die Südfassade sind begrünt.
Den Zubau wurde als monolithischer, skulpturaler Baukörper konzipiert, der sich vollständig nach Osten hin öffnet. Eingefasst durch einen formgebenden Rahmen, ergibt sich zum Garten ein überwältigender Blick. Von Innen wird das Hinauf- und Hinunterschreiten im Treppenhaus als ein Weg durch die Bäume im Garten hinweg erlebt. Von Außen gesehen, hat man den Eindruck von einem „aufgeschnittenen“ Haus, ähnlich einem Puppenhaus, das von kleinen und großen Menschen durchstiegen wird und so die Lebendigkeit des Gebäudes sichtbar macht.
Die Reduktion der verwendeten Materialien (Beton - Glas - Stahl) war den Architekt:innen wichtig, sie unterstreicht die Funktionalität. Die „monotone Poesie“ des Betons kontrastiert mit der Vielfalt der Natur Außen. Nichts soll dem dazwischenstehen. Auf der Suche nach dem „reinen Material“, das ohne zusätzliche Dämm- und Schutzschichten den notwendigen Wärmeschutz bietet ist unsere Wahl auf Leichtbeton gefallen.
Die geometrische Komplexität des kleinen Baukörpers war für die Statik und die Ausführenden eine Herausforderung. Um gemeinsame Erfahrungen im Umgang mit monolithischem Leichtbeton zu ermöglichen, haben wir eine Musterwand im Vorfeld gegossen, die jetzt als fixes Bühnenelement am Platz vor dem „Musikpavillion“ Verwendung gefunden hat. (Text: Architekt:innen)
Das Haus und deren Bewohner:innen waren eng mit der von Rudolf Steiner inspirierten Waldorfschule in Mauer verknüpft. Hier wurde Bio-Milch verkauft, lange bevor diese Einzug in die Supermarktregale hielt. Aber vor allem war das Haus immer schon mit Musik erfüllt. Es wurde gemeinsam musiziert und die Freude an der Musik weiter gegeben. Der Verkauf der Liegenschaft sollte diese Tradition nicht unterbrechen.
Wie gut hat es sich also getroffen, dass die Freie Musikschule Wien, als bereits etablierte Institution in enger Kooperation mit der nahe gelegenen Rudolf Steiner-Schule, eine ständige Bleibe suchte und einen uneigennützigen, kunstsinnigen Partner in der Aulos GmbH, dem nunmehrigen Besitzer der Liegenschaft, gefunden hat. Dieser hat die Liegenschaft und das dazugehörige Nachbargrundstück mit dem „Musikpavillion“ unter der Auflage gekauft, dass der Bestand weitestgehend erhalten bleibt und die zukünftige Nutzung des Gebäudes dem gemeinsamen Musizieren dient. Damit standen die notwendige Sanierung und der Umbau im Dienste der Musik.
Schon der Vorbesitzer hatte sich Gedanken über einen ungefährlichen Weg seiner meist jungen Schüler:innen der Rudolf Steiner-Schule zum privaten Musikunterricht gemacht und dafür ein schmales Fahnengrundstück zur Endresstraße gegen einen Teil seiner Liegenschaft eingetauscht. Dieser Verbindungsgang ermöglicht es auch heute wieder den Kindern von der Steiner Schule rasch in die Musikschule zu gelangen.
Am Anfang war die Wildnis
Jeder der die Liegenschaft vor der Sanierung kannte, schwärmte vom üppigen Grün, welches das Gebäude selbst einhüllte. Der Garten war über die Jahre ein nahezu undurchdringliches Dickicht geworden: ein Haus im Dornröschenschlaf. Nun sollte es durch das Engagement der neuen Eigentümer und der Freien Musikschule Wien wachgeküsst werden.
Die Aufgabenstellung für die Architekt:innen war klar: es sollten im Sinne der Nachhaltigkeit durch eine neue barrierefreie Erschließung drei nutzungsneutrale Geschoße erschlossen werden. Damit wurde die Funktion als Musikschule gewährleistet und eine Umnutzung in drei Wohnungen bei Bedarf zu einem späteren Zeitpunkt möglich. Darüberhinaus musste die Bausubstanz wertgewinnend saniert werden, allerdings sollten die Umbaumaßnahmen den ursprünglichen Charakter des Gebäudes wahren oder zeitgemäß interpretieren.
Um das dritte Geschoß zu ermöglichen, wurde das Dach unter Beibehaltung des bestehenden Umrisses zu einem Künstlerappartement und zwei weiteren Musikzimmern ausgebaut, die je nach Bedarf der Wohneinheit zuschaltbar sind. Der bestehende Dachstuhl wurde durch entsprechende Verstärkungsmaßnahmen ertüchtigt, ausgedämmt und mit Dachflächenfenstern bestückt. Eine kleine Terrasse an der Nord-West-Ecke wurde in das Dach eingeschnitten und ermöglicht so eine Belichtung des Wohnraums durch vertikale Fensterelemente und einen Blickbezug zum Garten.
Die innenliegende Stiege wurde auf Grund der ungünstigen Lage und mangels der Möglichkeit der Erweiterung um einen Aufzug abgebrochen, durch einen Zubau an der Ostfassade ersetzt und die Durchbrüche mit einer an der Untersicht sichtbaren Stahlbetondecke geschlossen. Alle weiteren Tramdecken wurden als Holz-Stahlbeton Verbunddecke verstärkt. Die Raumstruktur und –proportionen blieben weitgehend erhalten und nur dort, wo es die Funktion erforderte, wurden Innenwände abgebrochen und neue in Leichtbauweise errichtet. Die Sanitärräume wurden erneuert und um ein barrierefreies WC im Erdgeschoß erweitert.
Im Zuge der thermischen Sanierung wurden die alten, desolaten Fenster abgebrochen und mit neuen Holz-Alu-Fenstern in der vorhandenen Architekturlichte ersetzt. An der Außenfassade wurden 16cm Mineralschaumplatten aufgebracht und mit einem diffusionsoffenen Systemputz versehen. Die Kellerdecke und die erdberührten Gebäudeteile wurden ebenfalls gedämmt.
Das Treppenhaus
Das neue Stiegenhaus ist ein eigenständiger Baukörper im Osten an der Giebelfassade und ermöglicht eine funktional gute Erschließung der Innenräume. Der Aufzugsturm und die Dachkonstruktion sind aus Dämm-Leichtbeton errichtet, der Treppenlauf und die Podeste aus Stahlbeton. Die gesamte Ostfassade ist eine Nurglas-Konstruktion und das Dach sowie die Südfassade sind begrünt.
Den Zubau wurde als monolithischer, skulpturaler Baukörper konzipiert, der sich vollständig nach Osten hin öffnet. Eingefasst durch einen formgebenden Rahmen, ergibt sich zum Garten ein überwältigender Blick. Von Innen wird das Hinauf- und Hinunterschreiten im Treppenhaus als ein Weg durch die Bäume im Garten hinweg erlebt. Von Außen gesehen, hat man den Eindruck von einem „aufgeschnittenen“ Haus, ähnlich einem Puppenhaus, das von kleinen und großen Menschen durchstiegen wird und so die Lebendigkeit des Gebäudes sichtbar macht.
Die Reduktion der verwendeten Materialien (Beton - Glas - Stahl) war den Architekt:innen wichtig, sie unterstreicht die Funktionalität. Die „monotone Poesie“ des Betons kontrastiert mit der Vielfalt der Natur Außen. Nichts soll dem dazwischenstehen. Auf der Suche nach dem „reinen Material“, das ohne zusätzliche Dämm- und Schutzschichten den notwendigen Wärmeschutz bietet ist unsere Wahl auf Leichtbeton gefallen.
Die geometrische Komplexität des kleinen Baukörpers war für die Statik und die Ausführenden eine Herausforderung. Um gemeinsame Erfahrungen im Umgang mit monolithischem Leichtbeton zu ermöglichen, haben wir eine Musterwand im Vorfeld gegossen, die jetzt als fixes Bühnenelement am Platz vor dem „Musikpavillion“ Verwendung gefunden hat. (Text: Architekt:innen)
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