Bauwerk
Stadtplatz Litschau
grünplan Landschaftsarchitekten - Litschau (A) - 2016
12. September 2018 - next.land
Platz des Miteinanders – barrierefreie Stadtplatzgestaltung Litschau
Die nördlichste Stadt Österreichs hat knapp 2.300 Einwohner:innen, kann aber auf eine Geschichte als Tourismusort zurückblicken, die mit der Eisenbahnanbindung an die Franz-Josephs-Bahn ab 1900 begann. Jedes Jahr besuchen Menschen die Kleinstadt um sich zu erholen, sich sportlich zu betätigen oder das Kulturangebot vor allem im Sommer zu nutzen. Der Stadtplatz der im nördlichen Waldviertel gelegenen Stadt Litschau hat sich entsprechend der verschiedenen Anforderungen in den letzten 700 Jahren stets verändert und weiterentwickelt.
Durch die Lage auf einem natürlichen Geländerücken werden stellenweise Neigungen von mehr als 10 Prozent erreicht. Die Abgrabung des Stadtplatzes 1890 brachte die Pfarrkirche in prominente Lage um zusätzliche 1,5 Meter erhöht. Sie bildet sowohl eine zentrale Stelle im Gefüge der Stadt als auch Aussichtpunkt über dieselbe – allerdings zulasten der barrierefreien Zugänglichkeit. Die Zunahme an Stellplätzen, Skulpturenensembles, Gedenktafeln und Denkmälern zerschnitt den übrigen Freiraum. So stand der linsenförmige Straßenplatz 2014 vor den Herausforderungen seiner Zeit.
Bei einer Länge von knapp 200 Meter und eine Breite von ca. 28 Meter galt es einen Höhenunterschiedes von mehr als 8,5 Metern barrierefrei zu überwinden. Die Stadtgemeinde hatte bereits einen Beteiligungsprozess gestartet, in den grünplan einstieg. Die Wünsche der BürgerInnenbefragung wurden aufgenommen und zusätzliche Herausforderungen wie der Baumbestand, die Funktionen als Verkehrsraum samt Abstellplätzen und Durchlässigkeiten für Fuß- und Radverkehr, temporäre Bespielungen wie Feste und Veranstaltungen, Spiel sowie ganzjährig nutzbare Aufenthaltsqualitäten gemeinschaftlich im Rahmen von Workshops herausgearbeitet.
Das Gestaltungskonzept sah als Lösung einerseits eine verbindende Spange für den gesamten Stadtplatz und andererseits die Nutzungsvielfalt in einer Raumsequenz von Teilräumen vor. Die Einbindung des Landschaftsraums und des Schlosses durch Blickbeziehungen war dabei wesentlich.
Von Osten kommend wurde der barrierefreie Zugang der Kirche durch eine Steganlage ermöglicht, die entlang der Böschung „schwebend“ die Teile des Stadtplatzes verbindet. Durch geschicktes Ausnutzen der bestehenden Gefällesituation ist es nun möglich die Kirche nahezu ohne Steigungen zu betreten oder bis zum neu geschaffenen „Balkon“ neben dem Haupteingang zu gelangen.
An der steilsten Stelle des Platzes wurden drei Ebenen gebildet, die durch zwei Sitzrampen-Anlagen verbunden sind. Diese besonderen Gestaltungselemente erlauben eine Überwindung der Höhenunterschiede, die den Anforderungen der Barrierefreiheit genügen und bieten attraktive Sitzgelegenheiten mit Sichtqualitäten, wie sie Tribünen bieten.
Die Ebenen selbst wurden hinsichtlich des Raumfunktionskonzepts mit jeweils passenden Grundausstattungen ausgeführt, es wurde jedoch darauf geachtet, dass sie vielfältige Nutzungen zulassen. Von der temporären Bespielung als Veranstaltungsort, über ständige Spiel- und Ruhegelegenheiten, bis hin zur spontanen Bühne stehen alle Möglichkeiten offen. Der bestehende Parkplatz wird durch wenige organisatorische Maßnahmen zum Festplatz und kann auf die im Boden vorbereiteten Infrastrukturanschlüsse zurückgreifen. Das erfolgreiche Veranstaltungsjahr 2016 zeugt bereits davon.
grünplan setzte bei der Gestaltung auf Materialien, die zu der Lage und Geschichte der Stadt passen. Granit, Holz und Wasser prägen das Waldviertel. Die Dauerhaftigkeit des Natursteins konnte durch die Wiederverwendung von Steinen gezeigt werden, die bereits in der Monarchie in ihre Form gehauen worden waren. Die Gesteinsart findet sich auch in den Wegedecken wieder. Neben Kleinsteinpflaster wurde vor allem mit wassergebundenen Wegedecken mit PermaZyme gearbeitet. Gesäumt wird die Anlage von Lindenreihen. Dieses raumbildende Gestaltungselement wurde bereits mit der Niveauänderung 1890 eingeführt. Lücken wurden dabei durch Neupflanzungen ergänzt und eine blühende Stauden-Unterpflanzung eingebracht. Dieser Saum zieht sich als räumliche und historische Spange weiter über den Park-/ und Festplatz, der durch zukunftsweisende Funktionen wie einer E-Tankstelle erweitert wird bis zum Beserlpark am östlichen Rand des Projektgebiets.
Der Umgang mit dem historischen Erbe setzt auch die Auseinandersetzung mit dem Denkmalschutz voraus. Verschiedene Objekte (z.B. Pranger, Büste von Kaiser Franz Joseph,…) konnten durch eine Neupositionierung integriert werden und blieben somit als identitätsstiftende Elemente erhalten. Beispielsweise konnte die seit 50 Jahren bei Kindern beliebte Skulptur der Schrammelbrüder in Verbindung mit einem neuen Wasserspiel wieder zu einem Treffpunkt für Jung und Alt werden.
Der Stadtplatz wurde wieder zum generationenübergreifenden Ort der Begegnung, der Entschleunigung aber auch der Aktivität. Er räumt konsumfreie Aufenthaltsorte ein und bietet gleichzeitig eine Bühne für die lokale Wirtschaft. Mehr denn je wurde er dabei zum Lebens-, Bewegungs- und Begegnungsraum für Menschen mit besonderen Bedürfnissen im Zentrum der Stadt. (Text: grünplan)
Die nördlichste Stadt Österreichs hat knapp 2.300 Einwohner:innen, kann aber auf eine Geschichte als Tourismusort zurückblicken, die mit der Eisenbahnanbindung an die Franz-Josephs-Bahn ab 1900 begann. Jedes Jahr besuchen Menschen die Kleinstadt um sich zu erholen, sich sportlich zu betätigen oder das Kulturangebot vor allem im Sommer zu nutzen. Der Stadtplatz der im nördlichen Waldviertel gelegenen Stadt Litschau hat sich entsprechend der verschiedenen Anforderungen in den letzten 700 Jahren stets verändert und weiterentwickelt.
Durch die Lage auf einem natürlichen Geländerücken werden stellenweise Neigungen von mehr als 10 Prozent erreicht. Die Abgrabung des Stadtplatzes 1890 brachte die Pfarrkirche in prominente Lage um zusätzliche 1,5 Meter erhöht. Sie bildet sowohl eine zentrale Stelle im Gefüge der Stadt als auch Aussichtpunkt über dieselbe – allerdings zulasten der barrierefreien Zugänglichkeit. Die Zunahme an Stellplätzen, Skulpturenensembles, Gedenktafeln und Denkmälern zerschnitt den übrigen Freiraum. So stand der linsenförmige Straßenplatz 2014 vor den Herausforderungen seiner Zeit.
Bei einer Länge von knapp 200 Meter und eine Breite von ca. 28 Meter galt es einen Höhenunterschiedes von mehr als 8,5 Metern barrierefrei zu überwinden. Die Stadtgemeinde hatte bereits einen Beteiligungsprozess gestartet, in den grünplan einstieg. Die Wünsche der BürgerInnenbefragung wurden aufgenommen und zusätzliche Herausforderungen wie der Baumbestand, die Funktionen als Verkehrsraum samt Abstellplätzen und Durchlässigkeiten für Fuß- und Radverkehr, temporäre Bespielungen wie Feste und Veranstaltungen, Spiel sowie ganzjährig nutzbare Aufenthaltsqualitäten gemeinschaftlich im Rahmen von Workshops herausgearbeitet.
Das Gestaltungskonzept sah als Lösung einerseits eine verbindende Spange für den gesamten Stadtplatz und andererseits die Nutzungsvielfalt in einer Raumsequenz von Teilräumen vor. Die Einbindung des Landschaftsraums und des Schlosses durch Blickbeziehungen war dabei wesentlich.
Von Osten kommend wurde der barrierefreie Zugang der Kirche durch eine Steganlage ermöglicht, die entlang der Böschung „schwebend“ die Teile des Stadtplatzes verbindet. Durch geschicktes Ausnutzen der bestehenden Gefällesituation ist es nun möglich die Kirche nahezu ohne Steigungen zu betreten oder bis zum neu geschaffenen „Balkon“ neben dem Haupteingang zu gelangen.
An der steilsten Stelle des Platzes wurden drei Ebenen gebildet, die durch zwei Sitzrampen-Anlagen verbunden sind. Diese besonderen Gestaltungselemente erlauben eine Überwindung der Höhenunterschiede, die den Anforderungen der Barrierefreiheit genügen und bieten attraktive Sitzgelegenheiten mit Sichtqualitäten, wie sie Tribünen bieten.
Die Ebenen selbst wurden hinsichtlich des Raumfunktionskonzepts mit jeweils passenden Grundausstattungen ausgeführt, es wurde jedoch darauf geachtet, dass sie vielfältige Nutzungen zulassen. Von der temporären Bespielung als Veranstaltungsort, über ständige Spiel- und Ruhegelegenheiten, bis hin zur spontanen Bühne stehen alle Möglichkeiten offen. Der bestehende Parkplatz wird durch wenige organisatorische Maßnahmen zum Festplatz und kann auf die im Boden vorbereiteten Infrastrukturanschlüsse zurückgreifen. Das erfolgreiche Veranstaltungsjahr 2016 zeugt bereits davon.
grünplan setzte bei der Gestaltung auf Materialien, die zu der Lage und Geschichte der Stadt passen. Granit, Holz und Wasser prägen das Waldviertel. Die Dauerhaftigkeit des Natursteins konnte durch die Wiederverwendung von Steinen gezeigt werden, die bereits in der Monarchie in ihre Form gehauen worden waren. Die Gesteinsart findet sich auch in den Wegedecken wieder. Neben Kleinsteinpflaster wurde vor allem mit wassergebundenen Wegedecken mit PermaZyme gearbeitet. Gesäumt wird die Anlage von Lindenreihen. Dieses raumbildende Gestaltungselement wurde bereits mit der Niveauänderung 1890 eingeführt. Lücken wurden dabei durch Neupflanzungen ergänzt und eine blühende Stauden-Unterpflanzung eingebracht. Dieser Saum zieht sich als räumliche und historische Spange weiter über den Park-/ und Festplatz, der durch zukunftsweisende Funktionen wie einer E-Tankstelle erweitert wird bis zum Beserlpark am östlichen Rand des Projektgebiets.
Der Umgang mit dem historischen Erbe setzt auch die Auseinandersetzung mit dem Denkmalschutz voraus. Verschiedene Objekte (z.B. Pranger, Büste von Kaiser Franz Joseph,…) konnten durch eine Neupositionierung integriert werden und blieben somit als identitätsstiftende Elemente erhalten. Beispielsweise konnte die seit 50 Jahren bei Kindern beliebte Skulptur der Schrammelbrüder in Verbindung mit einem neuen Wasserspiel wieder zu einem Treffpunkt für Jung und Alt werden.
Der Stadtplatz wurde wieder zum generationenübergreifenden Ort der Begegnung, der Entschleunigung aber auch der Aktivität. Er räumt konsumfreie Aufenthaltsorte ein und bietet gleichzeitig eine Bühne für die lokale Wirtschaft. Mehr denn je wurde er dabei zum Lebens-, Bewegungs- und Begegnungsraum für Menschen mit besonderen Bedürfnissen im Zentrum der Stadt. (Text: grünplan)
Für den Beitrag verantwortlich: next.land
Ansprechpartner:in für diese Seite: Sekretariat ÖGLA
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