Wenn man sich als Privatperson entscheidet, ein Kleinwasserkraftwerk im Glemmtal zu errichten, muss man ganz besondere Beweggründe haben. Wie so oft in der Architektur stellte sich heraus, dass sowohl biografische als auch baukünstlerische Motive den Bauherrn und die Planerinnen antrieben.

Wollte man durch die hohe handwerkliche Qualität in der Verarbeitung des Sichtbetons, des massiven Holzes und der Stahlkonstruktion ein architektonisches Statement im Industriebau setzen? Haben der Bauherr und seine Frau vielleicht eine Möglichkeit der Entfaltung gesehen, die auch die Chefin des Architekturbüros unterstützte und die alle gemeinsam mit viel Engagement entwickelten? Wagte man durch die Turbinenhalle – die die Planerinnen „Krafthaus“ nennen – und die Wasserfassung – die man als „Schützenhaus“ bezeichnet – eine neue Harmonie mit der Energie der Natur? Wollten die Architektinnen und ihr Bauherr, ein Kunstliebhaber, vielleicht ein Zeichen im Glemmtal setzen, um den Ort durch diese Land-Art-Aktion auf neue Weise erlebbar zu machen?

Oder hat man vielleicht sogar davon geträumt, einen neuen Pilgerweg für die wandernden und fahrenden Ausflügler zu schaffen, die durch das Verweilen am neuen Flussbett im Saalachtal und das Beobachten der Energieerzeugung in der Turbinenhalle beflügelt werden?

Um Antworten auf diese Fragen zu erhalten, muss man die Realität dieses neuen Ortes aus unterschiedlichen Distanzen erfassen. Die Wahrnehmung des Spiels zwischen Geschwindigkeit und Ruhe ändert sich gewaltig, wenn man sich dem Bau nähert. Während die Tektonik immer spannender wirkt, je näher man kommt, verlieren die Volumina nie ihre ruhige Ausstrahlung. Die Suche nach einer Kreation im Einklang mit dem Kosmos ist spürbar und extrem gelungen. (Text: Jurytext, Laura P. Spinadel)