Bauwerk
Einsiedlerbad Wien - Generalsanierung
illiz architektur - Wien (A) - 2018
7. September 2021 - Az W
Wien-Margareten zählt zu den in der Gründerzeit besonders dicht bebauten Bezirken. Hier entstanden massenhaft Unterkünfte für neu zugezogene Arbeiterinnen und Arbeiter, ohne Rücksicht auf Wohn- und Lebensqualitäten. Im Roten Wien der 1920er-Jahre war es folgerichtig der den Bezirk begrenzende Margaretengürtel, an dem die ersten repräsentativen Gemeindebauten entstanden, der sich zu einer „Ringstraße des Proletariats“ entwickeln sollte, mit den ihn säumenden Wohnhöfen und seiner begrünten Mittelzone, wo in den 1920er-Jahren unter anderem ein Kinderfreibad Platz fand. Vor allem der Autoverkehr machte in der Folge jedoch die Idee des Gürtels als urbanen Boulevard zunichte.
Unweit dieser „Ringstraße des Proletariats“ weist der Bezirk ein Beispiel dafür auf, dass die Stadt bereits zwischen 1890 und 1914, in der Zeit ihrer Metropolwerdung, begann, mit kommunalen Sozialeinrichtungen auf die desaströsen Hygiene- und Lebensverhältnisse zu reagieren. Am Einsiedlerplatz entstand 1890 ein öffentliches Brausebad – als freistehender Bau an einem ebenfalls neu angelegten Park in dem an Grünflächen und Plätzen armen Quartier: eine Sozialeinrichtung als repräsentative, sorgfältig gestaltete Architektur mit Garten.
Als im späteren 20. Jahrhundert der Bedarf an öffentlichen Waschmöglichkeiten sank, wurde das Volksbad am Einsiedlerplatz umgebaut, Saunaräumlichkeiten ersetzten den Großteil der Brausekabinen.
Die meisten der ehemaligen Wiener Volksbäder haben heute gänzlich andere Funktionen (privater Wohnbau, Bibliothek) oder wurden abgerissen. Das gleichzeitig mit dem Margaretener Volksbad und ebenfalls als freistehender Bau in einer öffentlichen Gartenanlage nach demselben Typus errichtete Bad am Erlachplatz im 10. Bezirk wurde in den 1990er-Jahren demoliert.
Der ehemaligen Bezirksvorsteherin von Margareten, Susanne Schaefer-Wiery, ist es maßgeblich zu verdanken, dass das frühe, bedeutsame Beispiel einer kommunalen Wohlfahrtseinrichtung am Einsiedlerplatz in diesem Sinn erhalten blieb und weitergeführt wird – als Familienbad mit Bade- und Planschmöglichkeiten für Kleinkinder. Für Kinder ist der Eintritt gratis, erwachsene Begleitpersonen zahlen zwei Euro für eine Tageskarte.
Der Saunabetrieb und einige wenige öffentliche Duschen im ersten Obergeschoß blieben erhalten und waren ebenfalls Gegenstand der Sanierung.
Zugleich mit dem Umbau des ehemaligen Volksbades erfuhr auch der Einsiedlerpark eine partizipative Neugestaltung.
Das schweizerisch-österreichische Büro illiz architektur, erfahren im (Um)Bau von Hallenbädern in der Schweiz, hat nach einem gewonnenen Verhandlungsverfahren den ursprünglichen Bau aus den 1970er-Jahre-Zubauten herausgeschält und ihn gleichzeitig gestalterisch und konzeptionell im 21. Jahrhundert verankert. Das äußert sich vor allem in einem neuen Verhältnis zwischen Innen und Außen. Der Erdgeschoß-„Erker“ zum Park hin wurde wie eine Loggia geöffnet; es entstand ein Bereich für ein überdachtes Wasserbecken, der zwischen Innenraum und Außenraum changiert. Verglasungen anstelle der Außenwand verbinden die Innenräume mit dem Garten. Mit zwei weiteren Becken terrassiert sich der Bau ins Grüne hinein. Der Bodenbelag aus Kacheln setzt sich aus dem Inneren nahtlos in den Außenraum fort. Zwischen den Becken sprühen Wasserfontänen aus dem Boden.
Auch im ersten Obergeschoß findet das neue Verhältnis zwischen Innen und Außen seinen Ausdruck: Ein Patio im Saunabereich bietet nun einen Zugang ins Freie und Blick zum Himmel.
Den gründerzeitlichen kreuzförmigen Grundriss begriffen die Architekten als Möglichkeit für fließende, umlaufende Raumfolgen.
In der Arbeit von illiz architektur kann man die Bedeutung sorgfältiger Detaillösungen und subtiler Farbgebung studieren – trotz der Verwendung von durchwegs günstigen Materialien gelingt damit ein überaus hochwertiger Eindruck.
Die Sorgfalt und Feinheit der Detailgestaltung geht Hand in Hand mit „schweizerischer“ Reduktion und Schlichtheit.
Die Farbwahl fiel neben einem leuchtenden Weiß auf Reseda-Grün – das vermeintliche Otto-Wagner-Grün, in Wahrheit ein Farbanstrich aus den 1950er-Jahren, den unsere Sehgewohnheiten jedoch mit den Infrastrukturbauten der Metropole um 1900 verknüpfen.
Ein Teil des Einsiedlerparks wird in den Sommermonaten, wenn das Familienbad geöffnet ist, als geschützter Liegebereich eingezäunt, die Badbesucherinnen können aber zwischen Liegewiese und Spielplatz im Park hin und her wechseln. In der übrigen Zeit des Jahres, so das Planungskonzept, soll der Zaun entfernt werden und die Liegewiese mit ihrem schönen alten Baumbestand wieder den Parkbesuchern zur Verfügung stehen. Das neue Einsiedlerbad in seinem Park ist eine Oase für das Quartier. (Text: Maria Welzig)
Unweit dieser „Ringstraße des Proletariats“ weist der Bezirk ein Beispiel dafür auf, dass die Stadt bereits zwischen 1890 und 1914, in der Zeit ihrer Metropolwerdung, begann, mit kommunalen Sozialeinrichtungen auf die desaströsen Hygiene- und Lebensverhältnisse zu reagieren. Am Einsiedlerplatz entstand 1890 ein öffentliches Brausebad – als freistehender Bau an einem ebenfalls neu angelegten Park in dem an Grünflächen und Plätzen armen Quartier: eine Sozialeinrichtung als repräsentative, sorgfältig gestaltete Architektur mit Garten.
Als im späteren 20. Jahrhundert der Bedarf an öffentlichen Waschmöglichkeiten sank, wurde das Volksbad am Einsiedlerplatz umgebaut, Saunaräumlichkeiten ersetzten den Großteil der Brausekabinen.
Die meisten der ehemaligen Wiener Volksbäder haben heute gänzlich andere Funktionen (privater Wohnbau, Bibliothek) oder wurden abgerissen. Das gleichzeitig mit dem Margaretener Volksbad und ebenfalls als freistehender Bau in einer öffentlichen Gartenanlage nach demselben Typus errichtete Bad am Erlachplatz im 10. Bezirk wurde in den 1990er-Jahren demoliert.
Der ehemaligen Bezirksvorsteherin von Margareten, Susanne Schaefer-Wiery, ist es maßgeblich zu verdanken, dass das frühe, bedeutsame Beispiel einer kommunalen Wohlfahrtseinrichtung am Einsiedlerplatz in diesem Sinn erhalten blieb und weitergeführt wird – als Familienbad mit Bade- und Planschmöglichkeiten für Kleinkinder. Für Kinder ist der Eintritt gratis, erwachsene Begleitpersonen zahlen zwei Euro für eine Tageskarte.
Der Saunabetrieb und einige wenige öffentliche Duschen im ersten Obergeschoß blieben erhalten und waren ebenfalls Gegenstand der Sanierung.
Zugleich mit dem Umbau des ehemaligen Volksbades erfuhr auch der Einsiedlerpark eine partizipative Neugestaltung.
Das schweizerisch-österreichische Büro illiz architektur, erfahren im (Um)Bau von Hallenbädern in der Schweiz, hat nach einem gewonnenen Verhandlungsverfahren den ursprünglichen Bau aus den 1970er-Jahre-Zubauten herausgeschält und ihn gleichzeitig gestalterisch und konzeptionell im 21. Jahrhundert verankert. Das äußert sich vor allem in einem neuen Verhältnis zwischen Innen und Außen. Der Erdgeschoß-„Erker“ zum Park hin wurde wie eine Loggia geöffnet; es entstand ein Bereich für ein überdachtes Wasserbecken, der zwischen Innenraum und Außenraum changiert. Verglasungen anstelle der Außenwand verbinden die Innenräume mit dem Garten. Mit zwei weiteren Becken terrassiert sich der Bau ins Grüne hinein. Der Bodenbelag aus Kacheln setzt sich aus dem Inneren nahtlos in den Außenraum fort. Zwischen den Becken sprühen Wasserfontänen aus dem Boden.
Auch im ersten Obergeschoß findet das neue Verhältnis zwischen Innen und Außen seinen Ausdruck: Ein Patio im Saunabereich bietet nun einen Zugang ins Freie und Blick zum Himmel.
Den gründerzeitlichen kreuzförmigen Grundriss begriffen die Architekten als Möglichkeit für fließende, umlaufende Raumfolgen.
In der Arbeit von illiz architektur kann man die Bedeutung sorgfältiger Detaillösungen und subtiler Farbgebung studieren – trotz der Verwendung von durchwegs günstigen Materialien gelingt damit ein überaus hochwertiger Eindruck.
Die Sorgfalt und Feinheit der Detailgestaltung geht Hand in Hand mit „schweizerischer“ Reduktion und Schlichtheit.
Die Farbwahl fiel neben einem leuchtenden Weiß auf Reseda-Grün – das vermeintliche Otto-Wagner-Grün, in Wahrheit ein Farbanstrich aus den 1950er-Jahren, den unsere Sehgewohnheiten jedoch mit den Infrastrukturbauten der Metropole um 1900 verknüpfen.
Ein Teil des Einsiedlerparks wird in den Sommermonaten, wenn das Familienbad geöffnet ist, als geschützter Liegebereich eingezäunt, die Badbesucherinnen können aber zwischen Liegewiese und Spielplatz im Park hin und her wechseln. In der übrigen Zeit des Jahres, so das Planungskonzept, soll der Zaun entfernt werden und die Liegewiese mit ihrem schönen alten Baumbestand wieder den Parkbesuchern zur Verfügung stehen. Das neue Einsiedlerbad in seinem Park ist eine Oase für das Quartier. (Text: Maria Welzig)
Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien
Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzig
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