Bauwerk

Almhütte Flattnitz
.tmp architekten - Kärnten - 2018
Almhütte Flattnitz, Foto: Paul Ott
Almhütte Flattnitz, Foto: Paul Ott
Erst in den 1950er Jahren entstanden, ist er in seiner Bauweise typisch, vielleicht sogar klassisch für die Region. Der Stall selbst als massiver Holzblockbau errichtet, das Vorhaus mit Brettverkleidung und darüber, unter dem Satteldach der Tennboden, mit Zufahrt von der Hangseite. Vor dem ansteigenden, lichten Hochwald gelegen, bilden der Stall und die wesentlich ältere Almhütte ein kleines Ensemble, freistehend am Rand eines weiten Almbodens. Der Länge nach von einem kleinen Bach durchzogen, bildet die Wiesenlandschaft hier einen ganz besonderen Ort, einen sehr weiten Almboden, fast ein Hochmoor.

Es sind drei Generationen, die das alte und kleinere Almhaus, aber auch das Stallgebäude bald nach seiner Errichtung umgebaut, während der Ferienzeiten nutzen. Für die Bauherrn sind nicht nur lange Aufenthalte auf der Flattnitz, sondern auch die Arbeit im angrenzenden Wald Teil einer jetzt mit der eigenen Familie weitergeführten Tradition. Nachdem sich die Eltern ins kleinere Almhaus zurückgezogen hatten, sollte die Ferienwohnung im Stallgebäude für die inzwischen sechsköpfige Familie und ihre Gäste ein zweites Mal umgebaut werden.

Ausgangspunkt und Grundintention der räumlichen Gliederung sind die Nutzung des Erdgeschosses für möglichst großzügige und gleichzeitig differenzierte Gemeinschaftsbereiche mit Wohn- und Essbereich um den Kachelofen, Küche, Bad und Sauna. Der Dachausbau im Obergeschoß bleibt privateren Rückzugs-, Spiel- und Schlafbereichen vorbehalten.
Wesentliches verbindendes Element als Vermittlerin dieser beiden Ebenen ist die zentral positionierte Treppe. In ihrem Sockel Stauraum und Sitzmöbelblock schwebt darüber die nach oben weiterführende gewendelte Holztreppe. Von oben über ein Dachflächenfenster belichtet, betont sie ihre besondere Lage im Haus – gleichzeitig Durchgang und Passage wie Aufenthaltsbereich nahe dem Ofen mit Einblick in angrenzende Wohnbereiche.

Während man den Wohnbereich mit Polsternische und Kachelofen und den Essbereich bis hin zur Küche als einen großen Raum verstehen kann, ändert sich die Raumstruktur im Obergeschoß ganz wesentlich. Der Schlafraum der Eltern und zwei kleine Gästezimmer überlassen den bei weitem größten Raumanteil dem Schlaf- und Spielraum der vier Buben. Von einem Juche ergänzt, das als Galerie durch ein Dachflächenfenster zusätzlich belichtet, einen Raum im Raum bildet, orientiert sich der Spielbereich, wie auch der Schlafraum der Eltern über eine Fenstertüre nach Süden, in Richtung der weiten Almwiesen am Bach.

Mit dem radikalen Abbruch aller Einbauten konnte die komplexe und gleichzeitig klare Grundstruktur des Gebäudes freigelegt und in ihrer Substanz genutzt werden.
Während das Blockhaus des Stalls mit seinen vier zentralen Holzstützen und der darüber liegende Dachraum ausgebaut werden, bleiben Vorhaus und Tenne unverändert erhalten und binden das gesamte Gebäude weiterhin an seine ursprüngliche landwirtschaftliche Nutzung. Das Vorhaus ist Einstell- und Lagerbereich sowie Werkstatt, die Tenne hat weiterhin Platz für einen Traktor, bietet jetzt aber auch im Obergeschoß einen Zugang ins Wohnhaus.
Dachhaut und -aufbau wie alle Fußböden und Wandverkleidungen nach innen sowie die Fenster mit ihren Läden wurden erneuert. Im Wesentlichen von zwei Firmen, der Zimmerei Franz Roth GmbH aus Liebenfels und der Tischlerei Gollob aus Großklein.

Der Innenausbau mit sämtliche Boden-, Wand- und Deckenflächen erhält dabei besondere Bedeutung. Mit dem Einbau der Möbeltreppe, der unterschiedlichen Polsternischen, oder der Eckbank am Esstisch entsteht im alten Blockhaus ein neuer Innenmantel, der sich gleichzeitig über ein vorgelagertes Holzdeck zur Umgebung öffnet.

Seit seiner Kindheit mit dem Ort und den Gebäuden verbunden, arbeitet der Bauherr selbst im Bereich der Holzwirtschaft. Auch auf dieser Basis wurde das Projekt auf Grundlage gemeinsamen Vertrauens in Auseinandersetzung mit dem Bauherren und seiner Familie entwickelt, modifiziert, hinterfragt und weiter vorangetrieben.

Der alte Stall, vor rund 70 Jahren errichtet und seit 50 Jahren schon als Ferienhaus genutzt, sollte jetzt ein weiteres Mal umgebaut werden. Mit der Entfernung aller Einbauten wurden die Konstruktion und Tragstruktur des alten Stalls wieder sichtbar, das Blockhaus blieb gleichzeitig, vom Einbau größerer Fenster abgesehen, der unveränderte äußere Mantel des Gebäudes. Was im Inneren entstand war eine zweite Hülle, eine neue Haut aus Wandverkleidungen, Böden und einem neuen Dach, den Anforderungen von Bauphysik und Nachhaltigkeit folgend.

Die neue Figur des Innenraums, hebt die Trennung der einzelnen, mehr oder weniger, bis gar nicht beheizten Räume auf. Wesentliche Elemente oder Objekte im Haus sind jetzt der zentrale Kachelofen und neben ihm, die Treppe. Eine Treppe, die nicht nur Wohn- und Schlafebene verbindet, sondern gleichzeitig zum zentralen Möbel wird, hochgefaltet aus den neuen Boden- und Wandflächen.

Die zweite Hülle im Haus folgt durch Ein- und Ausstülpungen dem Motiv plastischer Gestaltung und bildet Polster- und Schlafnischen oder das Juche, als hochgelegte Ebene im Spielbereich der Kinder. Grundsätzliche Themen waren der Übergang von der plastischen Raumhülle zum Möbel und der Kontrast vom Altbestand der groben Balken des ehemaligen Stalls mit den feinen, aber ebenso naturbelassenen Holzoberflächen der Böden und Wandverkleidungen.

Private Bauherrn mit hohen Ansprüchen, bei großem Problembewusstsein der Aufgabenstellung gegenüber, sind ein Glücksfall. In diesem Fall bewohnt die Familie in ihrem Alltag ein altes, adaptiertes Steinhaus und verbringt die Ferienzeiten seit Generationen auf der Flattnitz. Es entstanden nicht nur eine besondere Beziehung zum Gebäude und dem Thema des Bauens im Bestand sondern auch eine starke Reflexion der eigenen Bedürfnisse und Ansprüche.

Was realisiert wurde, wurde benötigt, ob es das neue Dach war oder die Dämmung der Außenflächen, neue Fenster und Fußböden oder technische Infrastruktur. Wie etwas realisiert wurde, war immer auch eine Frage der Nachhaltigkeit und Angemessenheit der eingesetzten Mittel.

Als Beispiele dafür stehen Kachelofen und Eckbank. Der Kachelofen wird mit dem Holz aus dem Wald hinter dem Haus beheizt und ist so massiv gebaut, dass sein Volumen die Wärme garantiert für ein Haus auf fast 1400 Meter Seehöhe, an einem Ort, wo es im Juni noch schneien kann und die Eckbank bietet einfach Platz für alle, für die ganze Familie, für Gäste und Freunde. Schön und entwaffnend selbstverständlich, wenn Eckbank und Kachelofen dabei ganz unmittelbar „vom Leben auf dem Lande“ erzählen. (Text: Architekten, bearbeitet)

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Für den Beitrag verantwortlich: Architektur Haus Kärnten

Ansprechpartner:in für diese Seite: Nadine Thalerthaler[at]architektur-kaernten.at