Bauwerk

Opfergrabstätte Lungitz
Bernhard Denkinger - Katsdorf (A) - 2021
Opfergrabstätte Lungitz, Foto: Bernhard Denkinger
Opfergrabstätte Lungitz, Foto: Bernhard Denkinger
23. September 2021 - afo
Bei Bauarbeiten im Bahnhofsbereich Lungitz wurde Ende 2018 eine 120 Meter lange Ascheschicht unter den Gleisanlagen entdeckt, die sich deutlich von üblichen Gleisunterbauten unterschied. Aufgrund der Datierung der Beifunde (Zeitraum 1930er bis 1940er Jahre) sowie der Nähe des Fundorts zu den KZ-Lagern Gusen und Mauthausen, wurde der Fund als Leichenbrand klassifiziert. In der Folge wurde die Asche, die mit hoher Wahrscheinlichkeit aus dem Krematorium eines KZ-Lagers stammt, aus dem Unterbau der Gleisanlagen entfernt und in der Nähe des Bahnhofs Lungitz bestattet. Der Bereich, in den die Asche eingebracht wurde, ist etwa 43 Quadratmeter groß. Er wird auf einer Seite von einem Fahrweg begrenzt. In unmittelbarer Nähe befindet sich ein Gedenkstein, der an das KZ-Nebenlager Lungitz-Gusen III erinnert. Die Asche ist allseitig von einem weißen Vlies umhüllt und an ihrer Oberseite mit einer bis zu 50 Zentimeter dicken Erdschicht abgedeckt.

Das Projekt des Büros Bernhard Denkinger, das 2020 vom Bundesministerium für Inneres mit der Gestaltung der Grabstätte betraut wurde, markiert die Stelle und macht die Lage der Asche an der Oberfläche wieder sichtbar. Der Entwurf nimmt die Topografie des Geländes auf, das nach zwei Seiten geneigt ist. Es „fließt“ unter der Gedenkinstallation hindurch, bis zu einer Stützwand aus Beton, die entlang des Fahrwegs errichtet wurde. Die Stützwand trägt eine Stele, in die ein Textelement eingesetzt ist, das in visuellem Dialog mit dem bestehenden Gedenkstein steht. Die Lage der Aschengrube wird durch einen Belag aus dunkelgrauem Basaltbruch gekennzeichnet, eingefasst von einem Band aus Cortenstahl. Sein polygonaler Verlauf zeichnet die unregelmäßigen Ränder der Aschengrube nach.

Der Aschenbereich wird von einem balkenförmigen Element überbrückt, das sich auf Fundamente außerhalb des Grabbereichs stützt. Als symbolische, abstrahierte „Schiene“ verweist das Element auf den Auffindungsort und auf die Verwendung der Asche als Unterbau von Gleisanlagen. Das mit Cortenstahl verkleidete IPE-Profil ist wenige Zentimeter vom Boden abgehoben, um sichtbar zu machen, dass es den Grabbereich überbrückt. Auf der Oberseite des Balkens wurde ein kurzes Stück einer Eisenbahnschiene aufgebracht, ein Regelprofil der Deutschen Reichsbahn, wie es in den 1930er und 1940er Jahren verwendet wurde.

Entlang der südwestlichen Grundstücksgrenze wurde eine Hecke angepflanzt, die als visuelle Barriere zum Nachbargrundstück dient und ein unabsichtliches Überfahren der Opfergrabstätte durch landwirtschaftliche Fahrzeuge verhindern soll. Die Außenseite der Stützwand wurde mit einer Matrize aus sägerauen Brettern geschalt. Alle Betonkanten sind ohne Fasen ausgeführt. Für die Matrize wurden Bretter geringer Breite verwendet, wie sie bei den Sichtbetonwänden des Memorials Gusen in den 1960er Jahren eingesetzt wurden. (Text: Architekt, bearbeitet)

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