Bauwerk

Dombauhütte Passau
Arc Architekten Partnerschaft mbB - Passau (D) - 2021
Dombauhütte Passau, Foto: Christian Boehm
Dombauhütte Passau, Foto: Christian Boehm
16. November 2022 - newroom
Die Stellungnahme des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege bringt es im Grunde auf den Punkt:
“Mit dem vorliegenden Entwurf wird auf die Tradition von Dombauhütten anschaulich Bezug genommen: Dimensionierung, Geschossigkeit und Gestaltung sind stark zurückgenommen, die vereinfachte Optik und die im städtischen Zusammenhang eher ungewöhnliche Oberflächenmaterialität in Holz verweisen deutlich auf den Charakter eines „Provisoriums“. Die reduzierte Anlage schafft dabei einen anregenden, aber taktvollen Kontrast zum Denkmalbestand der Umgebung. Um die Choransicht des Doms möglichst wenig abzudecken, ist der Hauptbaukörper im Grundriss trapezförmig angelegt und ein Firstverlauf analog zur Topografie des westlichen Residenzplatzes gewählt.“

Auf den ersten Blick erscheint das kleine Holzgebäude zwischen spätgotischen und barocken Putzfassaden fremd und mobil. Mit einer schmalen Fuge abgesetzt scheint die Holzfassade über dem Boden zu schweben.
Als Interpretation des Archetypus „Hütte“ unterstreicht das Satteldachhaus den dienenden Charakter der Bauhütte und präsentiert sich an einer der historisch bedeutendsten Stellen der Passauer Altstadt extrem zurückhaltend.
Das Volumen und die Proportionen sind entlang historischer Sichtbeziehungen und Gebäudeachsen generiert – der zum Residenzplatz hin fallende First und der sich konisch verjüngende Grundriss reduzieren die Ansichtsfläche und lassen den Massivholzbau noch kleiner erscheinen.
Die über Blickachsen von außen und Lichtraumprofile von innen heraus entworfene skulpturale Form ergibt mit ihrer geschlossenen homogenen Holzhülle eine „Funktionsplastik“ im Platzraum und kommt mit ihren Schrägen im Innern dem Schallschutz zugute.
Lichteindruck und Lichtführung sind für die sieben Arbeitsplätze großzügig ausgelegt und wurden durch Lichtmessung mit und ohne künstliche Beleuchtung (LED-Technik, farbecht) bestätigt. Aus der reduzierten Materialwahl mit vielen unbehandelten Holzflächen resultiert eine ruhige und angenehme Arbeitsatmosphäre.

Zur Anpassung an den abfallenden Geländeverlauf wurde das Raum- und Funktionsprogram auf zwei Ebenen umgesetzt und der befahrbare Werkhof mit Außenlager und teilweise auch die Lagerflächen im Innern schräg ausgebildet.
Daraus ergibt sich in Teilen eine leichte Neigung der Stahlbeton-Flachgründung, die auf recyceltem Glasschaumschotter als Dämmschicht ohne Fundamente aufliegt, um möglichst wenig in den historischen Grund bzw. die Bodendenkmäler einzugreifen.

Um ein homogenes monolithisches Erscheinungsbild zu erzeugen, zeigt sich die gesamte Gebäudehülle inklusive der Dächer als offene vorgehängte Holz-Spalierfassade. Dies geht zurück auf den Nutzerwunsch, zum Residenzplatz hin fensterlos und somit frei von Störungen durch Schaulustige zu bleiben, aber auch auf die strenge Gestaltungssatzung der Stadt Passau für Fassaden und Dachflächen und die Vorgaben des Landesamts für Denkmalpflege. Zusammen mit dem leichten Holzkleid lässt sich die simpel erscheinende Kubatur als Manifestation des Bauhüttenwesens an sich lesen – ein immaterielles Kulturerbe der UNESCO.
Auch die vier Dachflächenfenster wurden unauffällig in das Dach als „fünfte Fassade“ integriert. Sie lassen sich motorisch kippen und bringen blendfreies Nordlicht von oben in die Werkstatt und erzeugen mit direkter und indirekter LED-Beleuchtung farbechtes Licht für die Steinmetzarbeiten im hohen Werkraum.
Die Restaurierungswerkstatt im Obergeschoss profitiert von einer Sichtverbindung durch die Werkstatt hinaus zum Werkhof. (Autor: Achim Geissinger, nach einem Text der Architekten)

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