Bauwerk

Krematorium Wien Simmering
projektCC - Wien (A) - 2022
Krematorium Wien Simmering, Foto: Paul Ott
Krematorium Wien Simmering, Foto: Paul Ott
11. Mai 2023 - newroom
Das bestehende Krematoriumsgebäude, das Clemens Holzmeister 1922 im Park des Schlosses Neugebäude in monumentalen Formen und mit Spitzbogenmotiven erstellte, zählt zu den bedeutendsten expressionistischen Bauten in Österreich.
Keine leichte Aufgabe, funktional und formal überzeugend anzudocken und somit dem gestiegenen Bedarf und erweiterten Anforderungen Rechnung zu tragen.
Die Architekten Harald Kloiber und Christian Tabernig nahmen dazu die charakteristische Achsialsymmetrie des Altbaus ebenauso auf wie dessen kubische Gliederung als raumbildendes Gestaltungsprinzip. Die stark differenzierten Vor- und Rücksprünge und die klare Höhenstaffelung beziehen sich direkt auf den Bestand und führen den Ausdruck des Holzmeister-Gebäudes in einer neuen Interpretation fort.
Zwischen den beiden Bauwerken ist ein intimer, geschützter Hof aufgespannt, der Raum lässt für verschiedenerlei Bedürfnisse wie Kommunikation, aber auch Distanzierung, für Zusammenkunft aber auch individuelle Trauer, für Durchatmen wie für Kontemplation. Die Mädchenkiefer in der Mitte der Kiesfläche bringt eine poetische Note ins Spiel, die auf Gegensätze, aber auch Zusammenhänge zwischen Beständigkeit und Vergänglichkeit, Artefakt und Naturgegebenheit verweist.
Den würdigen Rahmen für die Verabschiedungen selbst bietet der zentral gelegene, explizit dezent gestaltete Saal, der mit viel Tageslicht, Ausblicken in die umgebende Parklandschaft und einem effektvoll mit Licht inszenierten Faltwerk in der Dachkonstruktion gleichermaßen die Besonderheit des emotional zumeist herausfordernden Abschiednehmens spiegelt wie auch kontemplativ und beruhigend wirkt.
Als raumbildendes und atmosphärisch schützendes Element schwebt eine beleuchtete, in Zusammenarbeit mit dem Bühnenbildner Christof Cremer gestaltete, mit Blattgold belegte Scheibe über dem Sarg und verdeutlicht frei von konfessionellen Symbolen die Bedeutung des Orts und die Würde des Anlasses.
Das gesamte Gebäude ist in monolithischer Bauweise mit Dämmbeton errichtet und somit in seiner Erscheinung an den historischen Bestand angelehnt. Mit gebranntem Ton als Zuschlagsstoff ergibt sich aus der haptischen Wirkung des rohen Materials eine eigene, sinnliche Ästhetik. Der Baustoff vereint die vier Funktionen Tragwerk, Raumabschluss, Dämmung und Brandschutz. Wandstärken zwischen 50 und 60 cm sorgen für die entsprechende Dämmung und ein angenehmes Raumklima. Der zu 100% mineralische Baustoff mit dem natürlichen Zuschlagstoff Blähton ist wartungsfrei, langlebig und kann am Ende der Lebensdauer recht einfach wieder zu Beton verarbeitet werden.
Das Faltwerk des Dachs ist mit einer Spannweite von 21 m in Ortbeton konstruiert. Das Tonnengewölbe im Foyer wurde aus Halbschalen-Fertigteilen mit Ortbetonverguss ausgeführt; deren Oberflächen wie auch die der Innenwände im Verabschiedungsraum sind mit schallabsorbierendem Akustikputz belegt.
Dreifach-Isolierverglasungen werden von umlaufenden, hellgold eloxierten Alurahmen in sorgfältiger Detailausbildung (Falzausbildungen bei den Betonanschlüssen) gehalten. (Autor: Achim Geissinger, nach einem Text der Architekten)

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