Bauwerk

Schloss Haindorf
Erwin Krammer - Langenlois (A) - 2023
Schloss Haindorf, Foto: Andreas Buchberger
Schloss Haindorf, Foto: Andreas Buchberger
9. September 2024 - ORTE
Es ist schon eine bemerkenswerte Kombination an Nutzungen, die sich im und um das barocke Schloss Haindorf entwickelt haben. An den östlichen Ausläufern von Langenlois, zwischen Kamp und Loisbach gelegen, entstand die im 17. Jahrhundert errichtete Schlossanlage an der Stelle einer bis in das Mittelalter zurückverfolgbaren Mühle. Ursprünglich allein in der Landschaft der Kampauen stehend ist es heute eingebettet in die Peripherie der Kleinstadt, wo das Wohngebiet in eine Gewerbeagglomeration und die weitläufige Lehrgärtnerei der Gartenbauschule übergeht.
Im Jahr 1973 erwarb die niederösterreichische Landesinnung für das Baugewerbe die unter Denkmalschutz stehende Schlossanlage von der Gemeinde Langenlois. Zunächst als Erholungsort für Mitglieder und Ort der Weiterbildung für Führungspersonal gedacht entwickelte sich Schloss Haindorf schließlich zu einem Zentrum für die zwischenbetriebliche Lehrlingsausbildung.
Im Lauf der 1970er Jahre wurde das desolate Schloss von Grund auf saniert. Im Nordflügel entstand eine Lehrlingsunterkunft mit 56 Betten und am östlich anschließenden Grundstück in Folge der Lehrbauhof.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite der Krumpböck-Allee wurde Anfang der 2000er Jahre die Bau-Akademie errichtet, im Dachgeschoss des Südflügels entstanden weitere Zimmer und zur Erhöhung der Bequemlichkeit des Seminarpublikums wurden Schloss und Akademiegebäude mit einem verglasten Brückenbau verbunden.
Nachdem über Jahrzehnte wenig geschehen ist und sowohl inhaltlich wie auch baulich Überarbeitungsbedarf bestand, investierte die Landesinnung als Eigentümerin 12 Millionen Euro in eine gründliche Überarbeitung der gesamten Anlage unter der Federführung von Baumeister Erwin Krammer aus Krems. Diese erfolgte in enger Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt und reparierte einige „Sündenfälle“ der Vergangenheit, zum Beispiel, in dem die Brücke abgebaut wurde. Unmittelbar am Schloss führt die Kamp-Thaya-March-Radroute vorbei. Somit war es naheliegend, das Schloss auch als Destination für den (Fahrrad-)Tourismus auszubauen.
Im Zuge der denkmalgerechten Schlosssanierung wurde insbesondere Wert auf die Erhaltung der Authentizität von Ost- und Südtrakt gelegt. Im aus dem 20. Jahrhundert stammenden Nordtrakt wurden größere bauliche Eingriffe in den Bestand vorgenommen, darunter der Abbruch und Neubau eines Stiegenhauses samt Einbau eines Aufzuges zwecks barrierefreier Erschließung der Anlage. Im Erdgeschoss wurden ein Restaurant, Seminarräume und entsprechende Nebenräume eingerichtet. Die 27 Zimmer im Ober- und Dachgeschoss wurden von Grund auf erneuert, der prachtvolle Festsaal und die Seminarräume in den schönen alten Gewölben an moderne Anforderungen angepasst. Das Dach wurde mit Wiener Taschen einheitlich neu eingedeckt, die Kastenfenster erneuert und Decken- bzw. Fußbodendämmungen eingezogen. Als Glücksfall erwies sich das in den 1990er-Jahren eingebaute Hallenbad das nun eine neue Funktion als Technikraum hat und die Lüftungsanlage für das Restaurant aufnimmt.
Der Innenhof wurde vom Verkehr befreit und mit versickerungsfähigen splittgebundenen und begrünten Flächen neugestaltet.
Zusätzliche 18 Zimmer für – je nach Bedarf und Saison – Lehrlinge, Seminarpublikum oder Urlauber entstanden im Obergeschoss des zweigeschossigen Zubaus im Norden. Sie sind um ein Atrium angeordnet, das durch ein großzügiges Oberlicht viel Tageslicht erhält und das so auch ein attraktiver Ort des Aufenthalts und der Begegnung ist. Im Erdgeschoss befinden sich Aufenthaltsräume, ein Fitnessstudio und auch eine großzügige WC-Anlage. Sie ist nützlich bei Veranstaltungen im Schlosspark, wie zum Beispiel das jährlich im Sommer stattfindende Operettenfestival. Eine Verkleidung aus braunen Platten bindet den anstelle des ehemaligen Minigolfplatzes errichteten Kubus in das Grün des Parks ein.
Der eingeschossige verglaste Gang zwischen Schloss und Zubau ist mehr als nur ein Verbindungsbau, sondern auch Schnittstelle und Angelpunkt zwischen den verschiedenen Funktionen.
Im Foyer erinnert ein Plakat aus dem Jahr 1901 an das Große Volksfest in den Parkanlagen des Schlosses Haindorf. Unter den angekündigten Belustigungen werden nach dem Motto „Venedig in Langenlois“ Gondelfahrten auf dem Kamp angekündigt, ein abendliches Land- und Wasser-Brillantfeuerwerk und vieles mehr. Von einem „wahren Volksfest“ mit 5000 Besuchern berichtete im Anschluss der St. Pöltner Bote und von einer Acetylenbeleuchtung mit hunderten Lampions, gegen die selbst der Mond nichts ausrichten konnte. Mit Gas oder anderen fossilen Energien wird heute nichts mehr beleuchtet oder beheizt.
Man setzt auf Geothermie über 100 Meter tiefe Bohrungen im Parkplatzbereich mit der über die Fußbodenheizung geheizt und gekühlt wird sowie auf Stromerzeugung mittels Photovoltaik, die Platz auf dem Flachdach des Zubaus fand.
Auf Vordermann gebracht wurde nicht nur das Schloss mit seinen Angeboten für die urlaubenden oder sich weiterbildenden Gäste. Zuvor wurde auch der Lehrbauhof rundum erneuert, in dem die alten Hallen durch neue ersetzt wurden, ein neues Garderobengebäude errichtet wurde, das Verwaltungsgebäude saniert und die Außenanlagen neugestaltet wurden. Auch für die jungen Auszubildenden ist Schloss Haindorf ein attraktiver Ort geworden. Die Hoffnung, dass er auch dazu beiträgt, dem Bauhandwerk zu einer Renaissance zu verhelfen und künftige, dringend benötigte Fachkräfte anzuziehen, lebt. (Text: Franziska Leeb)

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Für den Beitrag verantwortlich: ORTE architekturnetzwerk niederösterreich

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