Veranstaltung

Herbert Eichholzer Architekturförderungspreis 2015
Ausstellung
19. November 2015 bis 27. November 2015
HDA im Palais Thinnfeld
Mariahilferstraße 2
A-8020 Graz


Veranstalter:in: Haus der Architektur Graz, HDA
Eröffnung: Mittwoch, 18. November 2015, 19:00 Uhr
Rethink schoolbus _ Learning in the Truck
Österreich gehört zu einem der wohlhabendsten Staaten der Welt, ist bestens integriert in die Staatengemeinschaft der EU und dennoch regt sich Widerstand in der Bevölkerung angesichts steigender Zahlen von Flüchtlingen. Es sind dies Menschen, die auf eine bessere Zukunft im Kerneuropa hoffen. Sie kommen meist aus Afrika oder sind vor den Grauen des Krieges und der
IS-Miliz fliehende Syrerinnen und Syrer. Wenn diesen Menschen die Flucht gelang, so haben sie zwar ihr Leben gerettet, aber ihre vertraute Umgebung, ihre Kultur, ihr soziales Beziehungsnetz dafür aufgegeben.

Angekommen bei uns, bemerken sie bald, dass sie zwar nicht um ihr Leben bangen müssen, aber das Warten auf den Aufenthaltsstatus, die Ungewissheit über die Dauer und den Ausgang des Verfahrens stürzt viele in tiefe Verzweiflung und oft in schwere Depression. Die Wartezeit ist zudem damit verbunden, dass diese Menschen keiner Beschäftigung nachgehen können.
Es stellt sich daher die Frage, was man beisteuern könnte, um Flüchtlingen in der oft langen Wartezeit etwas zu bieten, das Ihnen das Gefühl gibt, willkommen zu sein und ihnen einen Lichtblick für die Zukunft ermöglicht.

Kinder und Jugendliche von Flüchtlingen sind in der ohnedies schon schwierigen Lebenssituation im besonderen Maße Leidtragende. Obschon nach unserer Gesetzgebung auch diese Kinder, sofern im schulpflichtigen Alter, bei uns zur Schule gehen müssen, ist jedenfalls am Anfang die Sprachbarriere groß. Zudem ist für Jugendliche nach dem erreichten schulpflichtigen Alter seitens des österreichischen Staates keine Bildungsmöglichkeit mehr vorgesehen. Um diesen Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit zu lernen zu geben bzw. diese beim Lernen zu unterstützen, hat beispielsweise die Caritas Lerncafés eingerichtet in die die Kinder kommen können.

Für Flüchtlinge und deren Kinder, die in ländlichen Gebieten untergebracht sind gibt es diese Lerncafés derzeit nicht. Um diesen jedoch ähnliche Voraussetzungen zu ermöglichen, könnte beispielsweise ein Schulbus in einem wöchentlichen Rhythmus diese Unterkünfte besuchen und geschultes Lehrpersonal mit den Kindern und Jugendlichen lernen.

Gegenstand des Wettbewerbs
Gegenstand des Wettbewerbs ist ein Lernraum, der Platz für 30–40 Personen bietet und auf einen Sattelschlepper transportiert werden kann. Um zu gewährleisten, dass dieser ohne Sondergenehmigung und auch ohne Begleitfahrzeuge unterwegs sein kann, darf dieser Raum im geschlossenen Zustand die maximalen Außenmaße von l x b x h 13,6 m x 2,6 m x 2,3 m (Standardabmessungen von LKW-Trucks) nicht überschreiten.
Die Vergrößerung des Kompaktraumes in einen Lernraum, muss einfach und schnell vonstatten gehen, sodass neben der Fahrzeit zum jeweiligen Ort Auf- und Abbauzeit von Laien einfach zu meistern ist und auch von der zur Verfügung stehenden gemeinsamen Zeit nicht allzuviel verbraucht wird. Der Raum soll die Lernatmosphäre positiv unterstützen und flexibel in der Nutzung sein. Es soll sowohl möglich sein Informationsveranstaltungen für größere Gruppen bis maximal 40 Personen zu veranstalten als auch in kleineren Gruppen konzentriert zu arbeiten ohne sich gegenseitig zu sehr zu stören.
Im Gegensatz zu temporär genutzten Gebäuden oder solchen, die für temporäre Zwecke errichtet werden, wie etwa Baucontainer, entspricht die Idee des Schulbusses der eines Wohnwagens. Ähnlich wie bei diesem ist daher darauf zu achten, dass mobile Teile, wie etwa Stühle und Tische aber auch Lehrbehelfe in Schränken, für den Transport fixiert bzw. entsprechend verstaut werden können.

Jury
Drin Elisabeth Juranek, Stadt Graz, Abteilung für Bildung und Integration
DI Johannes Hagendorfer, Caritas Steiermark
Arch. DI Gottfried Prasenc
Assoc.Prof. DI Dr.nat.techn Andreas Trummer, TU Graz, Institut für Tragwerksentwurf
Univ.-Profin Mag.a Milica Tomic, TU Graz, Institut für Zeitgenössische Kunst
Univ.-Profin Architektin Mag.arch. Mag.art Irmgard Frank, TU Graz, Institut für Raumgestaltung

Kommentar der Jury:
1. Preis_Projekt Nr.1 Martin Maurer
Das Projekt besticht durch die unprätentiöse Art mit der wesentliche Parameter gelöst werden. Es gewährleistet einen schnellen Auf- und Abbau vor Ort. Je nach Raumbedarf ist es auch möglich, nur eine Seite des Faltmechanismus auszuklappen. Das notwendige Mobiliar ist kompakt verstaubar und für den Transport zu sichern. Durch eine Stauraumzone entsteht eine Art Filter zwischen Hauptraum und einem kleineren Raum, der sich damit ausgezeichnet, einen Rückzugsraum für die Lehrenden aber auch für vertrauliche Gespräche anzubieten. Im geschlossenen Zustand vermittelt der Truck durch das verwendete Muster sowie durch die leichte Dachform einen positiv konnotierten Gesamteindruck. Im Gebrauch vor Ort bietet die semitransparente Hülle gleichermaßen ausreichend Licht und Schutz. Im Falle einer Realisierung wäre die Möglichkeit einer partiellen Durchsicht anzudenken.

2. Preis_Projekt Nr. 11 Wolfgang Windisch, Klemens Sailer, David Wernig
Das Projekt überzeugt durch einen ungewöhnlichen und dennoch vertrauten Vorgang der Raumvergrößerung. Die seitlichen Wände werden, ähnlich dem Vorgang des Türöffnens, aufgedreht. Dadurch entsteht eine dynamische Raumwirkung und es werden etwa durch minimale Höhenunterschiede differenzierte Raumzonen geschaffen. Durch die Verwendung von transluzenten Materialien und die markant in rot gehaltenen beidseitigen Eingangslösungen vermittelt der Truck auch im geschlossenen Zustand das Innere nicht verbergen zu wollen. Die Treppenlösung kann in der warmen Jahreszeit auch als Sitzstufe verwendet werden. Sowohl die äußere Erscheinung des Trucks als auch das Rauminnere wirken mondän und könnten auch für ein zeitgenössisches Wohnmobil oder mobiles Büro interpretiert werden.

Anerkennungspreis_Projekt Nr. 3 Gabriel Tschinkel , Alexander Gebetsroither, Thomas Hörmann
Das Projekt geht von einem anderen Ansatz, als dem in der Ausschreibung geforderten, aus. Der Truck soll Impulsgeber für Willkommenskultur und eine Plattform für die gegenseitige Annäherung zwischen den vor Ort Ansässigen und den Flüchtlingen sein. Es scheint eher als mehrtägiges Event angelegt zu sein, dass beispielsweise am Wochenende im Zusammenhang mit einem Bauernmarkt funktionieren könnte. Anders als die gestellte Aufgabe intendiert, soll durch Interaktion der Personen vor Ort die Möglichkeit geschaffen werden im Miteinander Notwendigkeiten des Alltags gemeinsam zu lösen. Für diese Intention bietet das Projekt plausible und brauchbare Lösungen an.

Sonderpreis_Projekt Nr. 14 Gerd Telesklav
Durch die Verwendung von nicht einsehbaren Lieferwägen, welche die Schlepper beim illegalen Transport von Flüchtlingen verwenden, kann die Nutzung eines Trucks in Verbindung mit Flüchtlingen als problematisch gesehen werden. Das Projekt gibt eine konsequente und in der Antwort radikale Lösung auf, die durch die Flüchtlingstragödie im Burgenland mögliche Assoziation mit einem Truck/ Lastwagen. Die Form der Präsentation – ein nur mit einem Statement versehenen, ansonsten jedoch leerem Plakat sowie das Modell aus Plexiglas mit eng aneinandergedrängten Leerstellen menschlicher Umrisse – zeugt von einer Gewissensfrage, die intensiv geführt wurde.

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Weiterführende Links:
Haus der Architektur Graz